USA: Das Tauziehen um die (Imperiale) Präsidentschaft

Die Phantasmen von blue und red sweeps am 3. November haben sich erledigt und die Realität der Wahlen zeigt ein extrem knappes Ergebnis. Ein paar Zehntausend Stimmen aus dem Rostgürtel werden wohl entscheiden, wer ins Weiße Haus einzieht. Der Endpunkt bleibt der nämliche.

1973, knapp vor dem Ende der Nixon-Präsidentschaft, hat der den Demokraten nahe stehende US-amerikanische Historiker Arthur Schlesinger über die Imperiale US-Präsidentschaft seit den Tagen George Washingtons publiziert.

Im Wesentlichen geht es dabei um die Ansammlung präsidentieller Rechte besonders in Kriegszeiten, die in einem Spannungsverhältnis – um nicht zu sagen: im Widerspruch zu den Kompetenzen stehen, die die US-Verfassung dem Weißen Haus einräumt.

Der Vorgang ist 220 Jahre alt – allerdings wurden arrogierte Rechte und Zusatzbefugnisse in den dem Krieg folgenden Jahren üblicherweise wieder zurückgenommen

- bis vor 50 Jahren, als Nixon, am Kongress vorbei, den Krieg in Vietnam/Südostasien eskalierte

(bezeichnenderweise war dies auch der Zeitpunkt, als das “originale Bretton Woods” beendet und der Petrodollar geboren wurde;

es gibt freilich auch Stimmen, wonach der eigentliche Sündenfall bereits mit Franklin D. Roosevelt begonnen und sich über Truman, Eisenhower, Kennedy & Lyndon B. Johnson bis zu Nixon hingezogen habe -  übrigens vier Demokraten und ein Republikaner).

Seither gehört es auf der Linken, bei den US-”Demokraten” und in europäischen Vasallenstaaten zum guten Ton, den amerikanischen Imperialismus allein mit “der Rechten” zu identifizieren – speziell mit Ronald Reagan und George “Baby” Bush.

Imperialismus-Proporz

Das ist natürlich parteiischer Unsinn – Bill Clinton und Barack Obama lassen grüßen (hier ein jüngeres Buch zur IP Obamas).

Der US-amerikanische Imperialismus ist bipartisan  – wenn er nicht überhaupt eine “linke” Schlagseite hat (über den “welfare/warfare-Konnex”)

um das, was Schlesinger “messianischen Globalismus” nennt, gar nicht zu erwähnen.

Der außen-/militärpolitische Messianismus ist nicht allein eine Spezialität der “rechten” Neocons, sondern vor allem eine der “linken” demokratischen Imperialisten.

Das traditionelle Zweiparteien-Ping Pong dauerte bis Donald Trump an, der auch diesbezügich ein “großer Disruptor” zu sein scheint.

Dem Gelaber von kontrollierter Journaille und schicker Linker zum Trotz und im Gegensatz zur permanenten üblen Nachrede hat

  • Trump bisher keinen einzigen neuen Krieg begonnen und sich einer Eskalation brisanter Situationen zu einem heißen Konflikt selbst dann versperrt, wenn ihm eine Kriegsgelegenheit sozusagen am Silbertablett präsentiert wurde.
  • Man kann ihm auch nicht nachsagen, dass er “fortgesetzt rechtswidrig” gehandelt hätte – an Kongress und Gerichten vorbei und unter Missachtung jener Rolle, die diesen laut gültiger Verfassung zukommt. Trump will die Konstitution auch nicht ändern – seine Feinde wollen das hingegen sehr wohl.
  • Vielleicht ist der Immobilienkaufmann auch korrupt und möglicherweise kommen in Zukunft Fakten ans Tageslicht, die eine Vermischung von Amt und privaten Geschäften beweisen. Bis dato sind das aber – wohl politisch motivierte – Unterstellungen. Die vorhandenen Hinweise auf die Vermengung von Amt und privaten kommerziellen Interessen sind auf Seiten der Trump-Kritiker viel dichter.

Der Mann ist zweifellos weder “Friedenspolitiker” noch “Souveränitäts-Respektierer”

- schon gar nicht in der Hemisphäre, die die USA seit der Monroe-Doktrin von 1823 für sich reklamieren.

Aber es ist offensichtlich, dass der heutige POTUS es leid ist, den “Weltgendarmen” zu spielen und dass er bereit scheint, die globale Hegemonie mit Russen und Chinesen zu teilen (“multipolare Weltordnung”).

Er kann das freilich nicht offen und offiziell tun, denn das wird seit den 1930ern Isolationismus genannt – was etwas ganz Böses ist.

Trump kann aus innenpolitischen Gründen auch nicht auf die Neocons und deren ideologisches und administratives Know How verzichten, die alles, nur nicht “isolationistisch” sind.

Vielleicht verliert der Donald den internen Machtkampf mit den Ex-Trotzkisten (oder es ist schon längst passiert)

- ein wirklich klares Anzeichen dafür gibt es freilich noch nicht (auch nicht die Aufkündigung des Atom-Deals mit dem Iran).

Klar ist nur, dass Biden, würde er Präsident, das Ruder sofort in Richtung traditionelle Imperiale Präsidentschaft herumreißen würde.

Brandon Smith meint – aus Gründen, die dieser Blogger nicht unbedingt teilt – dass ein Biden-Sieg das Ende des US-Systems beschleunigen würde.

Dass dem so sein wird, ist freilich durchaus nachzuvollziehen (Corona, “exponentielle Reflation”, vor allem aber Energie bzw. “fracking ban”)

– ebenso wie der Umstand, dass der Kollaps unter Trump später (aber ebenso sicher) kommt.

Edit, 7.11.2020, 05.30 Uhr: Ergänzung im Klammerausdruck des letzen Satzes: “vor allem aber Energie bzw. ‘fracking ban’”.

Unabhängiger Journalist

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