USA: Der Eiertanz um den FISA-Antrag gegen d. Trump-Kampagne

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FISA-Application f. Carter Page

In den USA tobt seit Wochen ein Informationskrieg um eine (vordergründig) bürokratische Prozedur für eine “rechtsstaatlich einwandfreie” Bespitzelung der Trump-Kampagne im Sommer 2016. Es ist ein erbitterter Grabenkampf, in dem die politischen und medialen Verbündeten der “demokratischen” Trump-Feinde gegen die Transparenz kämpfen, während konservative Trump-Alliierte ihre traditionelle Rolle als “Sicherheitsfetischisten” abgelegt haben. Ein kurzer Überblick.

Die europäischen Medien scheinen die Details für zu verwirrend zu erachten, darüber hinaus sind ihnen anscheinend wesentliche Orientierungsmarken abhanden gekommen, nach denen sie bisher (angeblich) ausgewählt haben, was nachrichtenwürdig ist (und was nicht).

In dieser Einzel-Story innerhalb des großen Russiagate-Narrativs hat sich eine Situation hergestellt, in der “liberale Journalisten” angeblich aus Gründen der nationalen Sicherheit gegen die Veröffentlichung von Dokumenten auftreten, während die Parteifreunde eines angeblichen Demokratiegefährders möglichst alles veröffentlichen möchten – aber Angst davor haben, einen sicherheitspolitischen Schwarzen Peter zugeschoben zu bekommen.

Der Begriff “verkehrte Welt” ist ein Hilfsausdruck für diese Situation.

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Konkret geht es um einen FISA warrant gegen den Trump-Mitarbeiter Carter Page, einen US-Bürger.

Den hörte das mit der Spionageabwehr beauftragte FBI 2016 ab, wozu es – formal gesehen – das Plazet eines geheimen Gerichts benötigte (eines FISC – eines Foreign Intelligence Surveillance Courts).

Für Nicht-US-Bürger wird ein solcher Aufwand erst gar nicht betrieben.

Ein FISA-Antrag bedarf aber der Unterschriften des (stellvertretenden bzw. amtierenden) Justizministers bzw. des diesem unterstellten FBI-Direktors (und wird im Regelfall nie bekannt).

Die application muss jedoch Gründe für das geplante drastische Vorgehen enthalten.

Die Cointel-Leute des FBI beriefen sich damals auf das mittlerweile berühmt-berüchtigte Anti-Trump-Dossier eines früheren britischen Geheimagenten (“Steele-Dossier”), verschwiegen dem Gericht aber, dass sie wussten, dass dieses Papier mit 160.000 Dollar von der Clinton-Kampagne finanziert worden war.

Auch dem Geheimdienstausschuss des Kongresses wurde die FBI-Abhöraktion regelwidrig verschwiegen.

Wie immer deutlicher wird, hat eine Gruppe von hohen Beamten des FBI und des Justizministeriums die Untersuchungen stark forçiert um – wie es einer ausdrückte – eine “Versicherungspolizze” für den unwahrscheinlichen Fall zu haben, dass Trump im November 2016 doch gewählt würde.

Zu dieser Gruppe scheint auch Rod Rosenstein gehört zu haben, der derzeit amtierende stellvertretende Justizminister (dessen inzwischen von Trump eingesetzter Chef hat sich wegen Befangenheit entschlagen).

Während unstreitig ist, dass die FBI-Spitze und die Spitzen des Obama-Justizministeriums von der Operation wussten, ist die Spur zu Obama selbst nicht so eindeutig.

Es liegt zwar auf der Hand, dass Präsident Obama diese selbst ins Rollen gebracht hat (im FBI ging man jedenfalls davon aus), aber ein gerichtsfester Beweis liegt bis jetzt nicht vor. DNI-Direktor Clapper sagt immerhin, dass es die Untersuchungen ohne Obama nicht gegeben hätte.

Trumps via Twitter vorgebrachte Beschuldigung seines Vorgängers  – siehe z.B. hier – ist im strengen Sinn daher bis heute noch nicht bewiesen.

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Klar ist die “Papierform” bisher nur bei James Comey, Andrew McCabe, Sally Yates, Dana Boente und Rod Rosenstein. 

Wobei “klar” hier lediglich “relativ klar bedeutet, weil der FISA-Antrag bisher nur “heavily redacted” – also mit zahlreichen schwarzen Balken versehen – veröffentlicht wurde.

Das FBI wehrt sich verständlicherweise gegen die Veröffentlichung des Schriftstücks, das alles andere als ein Ruhmesblatt für die Organisation darstellt – und erhält dabei Schützenhilfe von den Demokraten.

Natürlich werden dabei Sicherheitsbedenken vorgeschoben – man müsse geheimdienstliche “Quellen und Methoden” schützen.

Der republikanische Vorsitzende des Intelligence Committee, Devin Nunes, will nicht für eine solche “Radikal-Veröffentlichung” verantwortlich gemacht werden und zeigt seinerseits mehr oder minder deutlich auf den Präsidenten, der von Amts wegen eine solche “Deklassifizierung” verfügen könnte.

Trump hat bis jetzt gezögert, scheint nun aber entschlossen, veröffentlichen zu lassen – ein wenig nach Wilhelm Buschs Sager: “Ist der Ruf erst mal runiert, lebt sich’s gänzlich ungeniert”   :mrgreen:

Damit wäre endgültig und für alle aktenkundig, dass Trump und seine Leute 2016 im Kreuzfeuer politisch motivierter Geheimdienstler gestanden sind.

Bleibt nur zu hoffen, dass Trump und die Republikaner auch so reagieren, sollten von ihnen kontrollierte Schlapphüte ählich gegen oppositionelle Kandidaten vorgehen…

Bild: Raymond J. Dearie [Public domain], via Wikimedia Commons

Unabhängiger Journalist

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