Wirtschaft: Prognostiker bleiben auch 2016 auf dem Holzweg

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Prognosen 2012 – 2015, Quelle: Wifo

Bei staatsnahen österreichischen Instituten machen wirtschaftliche Fehlprognosen nichts aus. Heuer ist die Abweichung bereits nach einem Quartal beträchtlich. Speziell Schellings Steuerreform hat sich bisher als Schuss in den konjunkturellen Ofen entpuppt.

Die Prophezeiungen der vergangenen Jahre finden sich in diesem Eintrag nur in grafischer Form (das IHS würde wohl vergleichbar abschneiden). Ich habe bereits früher darüber geschrieben, hier und hier. Die Voraussagen des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) haben die tatsächliche Konjunkturentwicklung jedenfalls durch die Bank überschätzt.

Um einen für die Realwirtschaft relevanten Maßstab zu wählen, wird hier die Herbstprognose des vorangegangenen Jahres verwendet. Diese wird von etlichen Unternehmen zur Erstellung des nächstjährigen Budgets verwendet (auch von der Regierung  ;-) ).

Natürlich hätte man auch die Winterprognose des jeweils zu Ende gehenden Jahres hernehmen können. Die hätte den Vorteil, die genaueste zu sein. Freilich hätte das nimmer viel mit einer Prognose zu tun (obwohl man die sich nachträglich ergebenden Möglichkeiten aufzubessern nicht gering achten sollte – frei nach Monaco-Franze: Ein Zehntel geht immer)

Nun hat das Wifo im vergangenen Herbst für heuer eine ohnedies vorsichtige Prognose abgegeben und ein (reales) BIP-Wachstum von 1,4 Prozent vorhergesagt (es gab sich im Dezember mit + 1,7 Prozent deutlich wagemutiger). Die Medien machten damals aus + 1,4 Prozent – mathematisch korrekt – eine Verdoppelung, siehe hier:

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Quelle: orf.at

Grund für den Optimismus war die im Jänner wirksam werdende Steuerreform, die – wie man im Arsenal zuletzt halluzinierte - durchschnittlich 1,8 Prozent höhere private Ausgaben bringen würde, siehe hier:

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Quelle Wifo-Prognose, 17.3.2016

Mittlerweile liegen die endgültigen Zahlen des ersten Quartals vor, die angeblich eine “Konjunkturbeschleunigung” und einen “dynamischen Konsum” zeigen.

Nach diesen Angaben sind die privaten Konsumausgaben gegenüber Vorquartal um satte 0,3 Prozent gestiegen.Das macht im Jahresabstand in etwa + 0,6 Prozent aus – also ein Drittel dessen, was für das Gesamtjahr veranschlagt wird.

Die ganze Volkswirtschaft ist – “bereinigt um Kalendereffekte” (29. Februar, Ostern etc.) – im ersten Quartal glatt um 1,1 Prozent gewachsen, annualisiert versteht sich. Dem soll, so die Wifo-Rechner, ein unbereinigtes BIP-Wachstum von 1,6 Prozent entsprechen.

Ein Wahnsinn, was zwei, drei Arbeitstage auf oder ab für einen Unterschied machen können – 0,5 Prozentpunkte Wachstum, wer hätte das gedacht!

Na, unsere Politiker sind jedenfalls froh, ständig wissenschaftlich untermauert zu werden und bestätigt zu bekommen, dass alles rund läuft. In den Worten von Vizekanzler Mitterlehner nach dem letzten Ministerrat, siehe hier:

Mitterlehner verwies auf die jüngste Wirtschaftsprognose sowie das IMD-Ranking. Ein Wirtschaftswachstum von 1,6 oder 1,5 Prozent sei eine realistische Prognose. Die Steuerreform habe den privaten Konsum gesteigert und Österreich habe die Chance, wieder über den europäischen Schnitt zu kommen.”

Und nun stelle man sich vor, es gebe keine Steuerreform, keine Flüchtlinge, kein billiges Öl, keine Nullzinsen und keine Regierung ! In diesem Fall hätten wir ziemlich sicher ein Minuswachstum !

Alles wäre ganz anders als heute, bei brummendem Konjunkturmotor, nur eins wäre sicher: Das Wifo würde mit seiner Prognose weiterhin weit daneben liegen…

Edit, 1.6.2016, 12:50 Uhr: Im 5. Absatz von unten das Wort Wachstum ergänzt.

Unabhängiger Journalist

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