Wenn stimmt, was der Innenminister zu den Wahlbehörden in der 2. Runde der österreichischen Präsidentenwahl gesagt hat, haben die beiden ehemaligen Großparteien den Laden im Alleingang geschupft (und freie Hand zur Beeinflussung der Ergebnisse gehabt). Die FPÖ war für die mangelnde Kontrolle hauptverantwortlich. Das Sobotka-Zitat im Wortlaut. NB zur Wahrheit in der Übertreibung.
Die PK ist in der Tvthek des ORF noch abrufbar. Der neue Innenminister sagte bei seiner Pressekonferenz am Montag folgendes:
“Ich hätte mir gewünscht, dass von allen Parlamentsparteien die nötigen Beisitzer und Wahlzeugen in den Kommissionen anwesend gewesen wären, und zwar durchgängig. Im Wesentlichen haben nur die SPÖ und die ÖVP diese Kommissionen gestellt. Würden alle Parteien das ihnen zustehende Recht (wahrnehmen) und Wahlzeugen nicht nur nominieren, sondern sie auch ermuntern da zu sein, dann gäb’s überhaupt keine Diskussion dazu.”
Die Aussage fiel in der 25. Minute der Pressekonferenz und war ein A propos des Ministers zu einer Aussage seines obersten Wahlleiters Robert Stein.
In dem Statement, das eigentlich eine massive Unmutsäußerung war, schwingt viel von dem Frust mit, den alle Politiker der “Altparteien” fühlen. Es ist das subjektive Gefühl, vom Wähler ungerecht behandelt und unverschuldet zurückgesetzt zu werden. Der oberösterreichische Landeshauptmann hat dieser Emotion einmal so Audsruck verliehen:
Die FPÖ sitzt in der Asyldebatte fußfrei in der Komfortzone, schaut sich das Spiel an, trägt nichts zur Lösung bei und legt Stimmen zu.“
Den Frustrierten mag bewusst sein, dass sie sich schon vor langer Zeit parasitär in den Strukturen dieses Staats eingenistet haben, sie machen jedoch geltend: Wir haben auch die Arbeit damit gehabt.
Die FPÖ, so der unausgesprochene Vorwurf, kann nicht einmal genügend Leute mobilisieren, die bereit sind, sich an einem schönen Frühsommertag in ein miefiges Wahllokal zu setzen. Man hört geradezu: Wie will diese Mischpoke einen Staat regieren?
Sobotka gibt damit aber auch zu, dass jene Parteien, die in diesem Blog das Kartell genannt werden, reichlich Gelegenheit zum Wahlschwindel gehabt haben. Um es wie ein Fernsehkommissar auszudrücken: Das Kartell hatte Tatwaffe, Motiv und Gelegenheit, um Volkes Willen zu verfälschen.
NB, 31.5.2016, 7.40 Uhr: Jemand hat mich gefragt, ob ich Sobotkas Aussage für wahr halte.
Mein Gefühl ist, dass der Mann übertreibt um der Konkurrenz eins auszuwischen, dass er im Grund aber richtig liegt – und dass das ein Riesenproblem für die FPÖ ist, vielleicht größer als der angebliche Mangel an ministrablen Personen.
Wenn eine demokratische Partei, der die Wähler in Scharen zulaufen, nicht sicherstellen kann, dass dieser Andrang demokratisch-korrekt auf ihr Konto verbucht wird, verdient sie es nicht ans Ruder zu kommen – wegen nachweislicher Unfähigkeit.
Bild: ORF
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