2% – eine “bekömmliche Inflation”?

cover_brendan_brownBrendan Brown hat eine Studie über das Inflations-Targeting der ZBs vorgelegt und interpretiert dieses als weiteren zum Scheitern verurteilten Versuch, das monetäre Chaos des vergangenen Säkulums zu ordnen. Sein Inflationsbegriff umfasst viel mehr als steigende Preise von Milch oder Benzin. Dieser beinhaltet auch den von den Zentralbanken erzeugten Auftrieb der Assets Wohlhabender – von Wohnungen bis Aktien. Gewerkschaften, die sonst die aufklaffende Schere zwischen Arm und Reich bejammern, haben nichts gegen diese ungleiche “Teuerung”.

 “The over-riding likelihood is now that the fiat money experiment which we call ‘the global 2% inflation standard’ characterizing this fourth stage of fiat money disorder will go the same way as the previous three experiments above—into the dustbin of monetary history. The end will come with an asset price deflation crisis, a goods and services inflation shock, or some combination of the two (staged over time). It will not be pretty.”

Vorbemerkung: Dieser Blogger kann der Austrian Business Cycle Theorie weitgehend folgen, obwohl er mit deren Prämissen nicht ganz konform geht.

Speziell die energetischen Grundlagen der biophysischen “realkapitalistischen Produktionsweise” und deren Auswirkungen auf das Wachstum werden von von Mises & Co. vernachlässigt. Das beeinträchtigt freilich Stringenz und analytische Schärfe von deren Argumentation nicht allzu sehr.

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Die vierte Phase der säkulären Inflationierung, von der Brendan Brown spricht, erstreckt sich von den 1980ern bis in die Gegenwart.

Sie ist durch einen sozusagen ökonometrischen Standard gekennzeichnet, den die Zentralbanken zur Steuerung ihrer Geldpolitik verwenden.

Davor orientierte man sich an der Ausdehnung der Geldbasis und das erfolgte während des klassischen Goldstandards automatisch, durch das langsame Wachstum des als Basis verwendeten Golds (theoretisch).

Das ab den 1980ern nach und nach etablierte Zweiprozent-Ziel bezieht sich nicht mehr auf die Ausweitung des “innersten Geldaggregats”, sondern auf eine spezielle Verteuerung der Güter und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs, üblicherweise des Verbraucherpreisindex (HVPI).

Das ist eine Metrik, die

  • über einen längeren Zeitraum flexibel gehandhabt und von nicht transparenten Statistikbehörden “gemanagt” wird, die
  • bestimmte Formen des Preisauftriebs im Vorhinein ausblendet und
  • die nicht misst, was sie scheinbar misst. Sie unterschlägt z.B. technologisch bedingte Veränderungen in der Produktivität oder solche der internationalen Arbeitsteilung (“camouflaged inflation”). Sie dient, wie Brown klar macht, zur Begründung einer institutionalisierten, ständigen Ausweitung der Geldmenge, no matter what.

Bezahlt wird der faule Zauber von den Sparern/Gläubigern und profitieren tun die Staaten, die Kreditnehmer und z.B. die deutsche Exportindustrie (über die Wechselkurse)

- weswegen deutlich wird, dass z.B. in Germania traditionell nicht Big Business oder die CDU, sondern die “rechten Sozialdemokraten” die größten Fans des sound money sind.

Sound money schützt deren Klientel nämlich weitgehend davor ausgeplündert zu werden.

Die institutionalisierte (monetäre) Inflation führt aus der Sicht der Österreichischen Schule zu systematischen unternehmerischen Fehlentscheidungen, der “Misallokation von Ressourcen”, die zwingend in Krisen münden.

Diese sind grundsätzlich unvermeidbar, weil diejenigen, die über Investitionen entscheiden, Menschen sind, die gewissermaßen per definitionem irren.

Sie führen aber – sofern sie nicht durch “falsche Signale”/Politiken vernebelt werden – zu einer Marktbereinigung und einem Neuanfang.

Alte, “schlechte” Investitionen/Firmen scheiden aus und neue werden getätigt/entstehen – welche, die sich besser an die erwartete künftige Nachfrage anpassen.

Auch das ist wieder das Produkt von trial and error und mit keinerlei Erfolgsgarantie versehen.

Aber wenn die Informationen, auf denen diese Investitionsentscheidungen beruhen, nicht systematisch verzerrt werden, setzen sich mittelfristig diejenigen durch, die die richtig(er)en Entscheidungen treffen.

Wenn… – ja wenn die den Weichenstellungen zugrunde liegenden Informationen nicht vernebelt und verwirrt werden – was durch permanente Inflationierung ja passiert. Die Zentralbanken manipulieren laufend die Wichtigste dieser Informationen, den Zins ( = “Preis des Kapitals”).

Das mag hochherzige oder auch nur pragmatische Motive der Konfliktvermeidung haben, führt aber dazu, dass sich ein unhaltbarer und laufend schlimmer werdender Zustand einschleicht

(siehe z.B. die Zombieunternehmen des Markus Krall, Firmen, die ihre Kapitalkosten nicht verdienen können und die durch eine de facto-Subvention der Zentralbanken am Leben erhalten werden).

Krall spricht verallgemeinernd davon, dass ein solches System Lernen verhindert und dass dieses auf einen Crash hinausläuft, der umso größer ausfällt je krasser die Malinvestitionen sind und je weiter dieser auf die lange Bank geschoben wird.

Und diese “Bank” ist mittlerweile sehr lang geworden.

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Doch zurück zu Brendan Brown, dem Porträtisten der Inflation der vergangenen 100 Jahre.

Sein Thema reicht in seinen Anfängen bis zum Ersten Weltkrieg zurück, dreht sich in der Hauptsache aber um den letzten Abschnitt, der eben durch das Zweiprozentziel gekennzeichnet ist.

Für uns Heutige besonders relevant sind das (bisher) letzte Kapitel sowie das letzte Unterkapitel zu eben diesem.

Das letzte Kapitel beginnt mit der Inflationierung seit der großen Krise 2008 und das letzte Subkapitel mit jener der späten Yellen-Fed 2015/16, die in Abstimmung mit der EZB, der Bank of Japan und der People’s Bank of China erfolgte.

Ironischerweise kam dieser jüngste “Shot of Whiskey” dem pöhsen Donald zugute, der sich beeilte, sich den so erzeugten gefakten Boom an’s eigene Hütchen zu heften. Geplant war das nicht – zumindest nicht von Janet Yellen.     :mrgreen:

Nach 2008 kommt auch die konkrete berufliche Expertise des Autors zum Tragen, der im Alltagsleben Ober-Analyst eines japanischen Wertpapier-Hauses ist.

Da erfährt man beispielsweise, dass zentralbankliche Liquiditätsexzesse für die asset price inflation im Aktienmarkt nicht ausreichen, und dass es plausibler “spekulativer Narrative” bedarf um Investoren zum Kaufen zu bewegen

- z.B. Storys über künftige Monopolprofite bei Facebook, Amazon, Netflix und Google, die von den investor relations der besagten Unternehmen natürlich in keinster Weise befördert wurden.    :mrgreen:

Man bekommt auch Einblick in das Berufsleid österreichisch gepolter Vermögensverwalter, denen schmerzhaft bewusst ist, dass all das im bust endet und die deswegen die schönsten Investitionsgelegenheiten des späten Inflationierungszyklus versäumen (oft, nicht immer).

Das ist bitter – vor allem wenn jene Kollegen, die nicht von des Gedankens Blässe angekränkelt sind und die einen jeden Tag verspotten, dicke Gewinne einfahren, allgemein erfolgreicher sind, deswegen mehr Berufsssicherheit erlangen und sich womöglich einen neuen Lambo leisten.

Und wenn der österreichische money manager am Ende doch recht behält – nun, es gibt Situationen, die sind so schlimm, dass man lieber doch nicht recht behalten würde    :mrgreen:

Brendan Brown, The Case Against 2 Per Cent Inflation. From Negative Interest Rates to a 21st Century Gold Standard. 2018

Unabhängiger Journalist

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