Sehr geehrte Damen und Herren von der EZB, liebe Diebe,
Ich schreibe Ihnen, weil die Leute in einem meiner Lieblingsblogs gerade dabei sind, darüber zu rätseln, wer derzeit eigentlich noch US-Dollar kauft. Unsereins tut sich schwer mit der Behauptung der Dollar-Fetischisten, dass die Zahlungsversprechen der US-Regierung noch immer und immer wieder weggehen wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln. Dieser Bäcker, vermutet unsrereins, schönt die Zahlen über den Absatz seiner Semmeln (“Brötchen”) ganz gewaltig und kann dabei auf die Hilfe seiner Freunde und Geschäftspartner zählen.
Nun gibt es Leute, die glauben, dass sich unter den Abnehmern der US-Staatsanleihen auch die hinter einem falschen Bart verborgene EZB befindet – umso mehr als die EZB seit 2008 unlimitierten Zugang zu Dollars hat, sofern sie bereit ist, eine entsprechende Menge ihres eigenen ungedeckten Zahlungsmittels dafür herzugeben. Diese Spekulationen wurden durch den Umstand genährt, dass sich das kleine Land Belgien binnen kurzer Zeit zum drittgrößten Halter von US-Staatsanleihen hochgearbeitet und in den letzten 13 Monaten Schuldpapiere in Höhe von 154 Milliarden Dollar gekauft hat.
Das ist eine ganze Menge, vier Mal mehr als Russland im gleichen Zeitraum abgestoßen hat. Sicher, es gibt unter den Belgiern ein paar besser situierte Leute mit einem gewissen Anlagebedarf, aber diese Erklärung reicht wohl nicht aus.
Auf der Suche nach einer Erklärung habe ich natürlich sofort den offiziellen Weg eingeschlagen und mir das aktuelleste ihrer wöchentlich veröffentlichten Financial Statements angeschaut. Dort steht, dass das Euro-System nur 163 Mrd. Euro Devisenforderungen gegen nicht im Euroraum ansässige Schuldner hat. Das wären – wenn der Betrag zur Gänze in Dollar und in Treasuries wäre – 226 Mrd. Dollar – so wie seit Jahr und Tag. Auch die belgische Nationalbank selbst verfügt offiziell nur über 5,9 Mrd. Euro, d.h. gut 8 Mrd. Dollar an Nicht-Euro-Aktiva (blöde Idee auch, dort nachzuschauen).
Hmmmm, das hilft nicht wirklich weiter.
Könnte es sein, dass Sie irgendwo noch ein paar Konten herumliegen haben, die sie übersehen haben und die deshalb nicht in ihrer Bilanz aufscheinen !? Ist ja keine Schande, macht heutzutage ja fast ein jeder!
Oder ist es eher so, dass das ganze eine psychologische Operation ist, um zu suggerieren, dass die EZB den Dollar stützt, wie das ein Forumsteilnehmer meint, der gewohnt ist, zusätzlich um zwei Ecken zu denken ? In diesem Fall entschuldige ich mich ausdrücklich für meine Verdächtigung.
Ich bin zuversichtlich, dass Sie mir bald antworten werden und freue mich schon darauf. Freundliche Grüße nach Frankfurt, Andreas van de Kamp
PS: Wenn sie mir einen laienhaften Tipp gestatten, sozusagen einen Anlagetipp vom Schuhputzjungen: Gold ist gerade wieder einmal ganz toll billig. Könnten sie nicht schnell einmal ein paar Milliarden investieren? Die Kollegen von den anderen Zentralbanken kaufen doch auch!
Sie wissen sicher genau, was die Goldbarren am freien Markt kosten und müssen zugeben, dass 940 Euro pro Unze nicht die Welt sind. Da darf man ruhig einmal schwach werden.
Und wenn sich das hinziehen und der Marktpreis doch noch einmal sinken sollte – auch kein Malheur. Wozu haben sie den schönen Posten 11 auf der Passiv-Seite ? Da haben sie noch immer 289 Milliarden gut! Also was soll’s !
Was hindert Sie eigentlich daran, zu handeln? Warten Sie auf bessere Zeiten? Für wen arbeiten Sie eigentlich?
Foto: M. Minderhoud, Wikimedia Commons
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