Die vom Wiener Innenministerium veröffentlichten Zahlen zu “Asyl und gemanagter Migration” scheinen mathematischen Gesetzen zu widersprechen – stehen wenigstens aber im Gegensatz zu “Überlegungen des Hausverstands”. Hauptziel der selektiven Veröffentlichungspolitik der Behörde scheint die Beruhigung “asylkritischer Gemüter” zu sein. Um jeden Preis. Auch um den, Misstrauen zu schüren statt Vertrauen zu erzeugen. NB zu Konzentrations-Kickl. NB II zu den blauen Wundern der Asylstatistik.
In der “normalen Welt” müsste eine deutlich geringere Fallzahl von Basisdaten verbunden mit dem beschleunigten Abbau dieser Fälle zu einer massiv gesunkenen Zahl noch schwebender Verfahren führen.
Nicht so in der der statistischen Welt des österreichischen Innenministeriums bzw. des ihm zugeordneten Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA).
Dort zählt man um 43 Prozent verringerte Neuanträge auf Asyl.…
und um etwa 40 Prozent mehr Entscheidungen in der ersten Instanz (Q 1 – 3) …aber um nur 20 Prozent (Q1-3) bzw. 26 Prozent (11/2016 – 11/2017) weniger anhängige Verfahren.
Das ist, zugegeben, eine Mischung aus nicht ganz, sondern nur zu 95 Prozent zueinander passenden Daten – aber sie zeigt, wie bizarr die Welt der Statistiker von BMI/BFA ist.
Die beiden Gründe, warum die hier verglichenen Zahlen nicht zu 100 Prozent zueinander passen, sind:
- die öffentlichen Daten hinken, erstens, in unterschiedlichem Ausmaß hinterher. Aktuelle und völlig zueinander passende Zeiträume bzw. Daten sind nicht veröffentlichtes Herrschaftswissen der Behörden bzw. der sie kontrollierenden Ministerialbürokratie. Diese Akteure setzen offenbar alles dran, Außenstehenden die Durchschaubarkeit des Datenmaterials zu verunmöglichen; und
- zweitens, davon abgeleitet: die Zahlen werden aus wohl politischen Gründen selektiv veröffentlicht. Einige, die verwendet werden um die inländische Presse zu “füttern”, von der erwartungsgemäß beschwichtigende Berichte kommen, werden in Wien publiziert, etwa in der monatlich veröffentlichten “Vorläufigen Asylstatistik”, aus der eine massiv gesunkene Zahl von Neuanträgen hervorgeht. Anderes wird für den Inlandskonsum erst gar nicht publiziert. Diese Angaben werden z.T. aber von Eurostat verlangt und in dessen Datenbank auch veröffentlicht. Es steht jedenfalls außer Zweifel, dass die in Luxemburg veröffentlichten Zahlen aus demselben lokalen Datenbestand wie die “Vorläufige Asylstatistik” stammen.
Ähnliche Ungereimtheiten gibt es übrigens bei den Angaben zu im Bundesgebiet aufgegriffenen Personen ohne rechtskräftigen Aufenthaltstitel.
Wie es scheint, führt das österreichische Bundeskriminalamt in seinem jährlich erscheinenden Schlepperbericht nur die Hälfte der Fallzahlen an, die nach Luxemburg gemeldet werden.
Das Innenministerium wurde vor 24 Stunden von diesem Blogger um Aufklärung der mysteriösen Phänomene gebeten. Es hat sich bis jetzt nicht dazu geäußert.
Sollte das noch erfolgen, wird hier jedenfalls “nachberichtet”.
Der Umfang dieser Berichterstatttung wird sich an der Erklärungs-/Aussagekraft der ministeriellen Ausführungen orientieren.
Nachbemerkung, 12.1.2017, 5.30 Uhr: Labern was das Zeug hält, war am Donnerstag angesagt, als der neue Innenminister eine Pressekonferenz zum Thema Asyl abhielt.
Die Medien, die offenkundig nicht imstande sind, zwischen Anträgen, Verfahren und Entscheidungen zu unterscheiden, stießen sich an der Wortwahl des neuen Ministers, der “Flüchtlinge” mit laufendem Asylverfahren “konzentriert” unterbringen will.
Konzentriert wie in Konzentrationslager.
Davon abgesehen bleibt alles wie gehabt (und von der Vorgänger-Regierung in die Wege geleitet).
Die Einwanderung ins Sozialsystem via Asylgewährung geht munter weiter. Wo das Zaubertöpfchen des BFA steht, aus dem die vielen Verfahren dringen, die es gar nicht geben dürfte, wollte der Minister auch nicht sagen.
Konzentrations-Kickl ist schon zufrieden den wilden Mann spielen zu dürfen – auch wenn das schlecht für die Vermieter von nicht mehr konkurrenzfähigen Fremdenzimmern bzw. die Auslastung der hiesigen Tourismusbetriebe wäre.
Und unsere Schoßhündchen machen gerne dabei mit, hilft es doch ungemein Kickl ein Hitlerbärtchen aufzumalen.
Nachbemerkung II, 12.1.2018, 6.30 Uhr: Die Manipulierei mit der Asylstatistik geht ungebremst weiter und scheint nun auch das Eurostat erfasst zu haben.
Wie von Zauberhand scheinen die vorgestern an dieser Stelle per Faksimilie veröffentlichten Eurostat-Daten 2017 über die am Monatsende anhängigen Asylverfahren verschwunden – siehe folgenden Screenshot einer aktuell, am Freitagfrüh dazu durchgeführten Eurostat-Abfrage.
Dieses Bild ergibt die Datenbankabfrage aktuell:
Das errmöglicht es dem neuen Minister und seinem Behördenleiter auch zu behaupten, die Zahl der offenen Anträge sei von 64.000 auf 31.500 reduziert worden
Hier noch einmal der Screenshot der vor zwei Tagen durchgeführten selben Abfrage.
Die ministerielle Behauptung, die laufenden Verfahren hätten sich 2017 mehr als halbiert, könnte mit diesen Eurostat-Daten (ev. inkl. Ergänzung um die Dezember-Zahlen) nie und nimmer erhoben werden. Eurostat zeigt einen Rückgang um nur +/- 20 Prozent.
NB III, 12.1.2018, 07.30 Uhr: “Bin schon wieder da”, hätte der selige Jörg Haider gesagt.
Die Monatszahlen für die schwebenden Verfahren im Jahr 2017 sind bei Eurostat wieder aufgetaucht.
Wie, bitteschön, kann man vor diesem Hintergrund glaubwürdig behaupten, man habe die Zahl der offenen Verfahren um mehr als 50 Prozent gesenkt?
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