Es scheint partout nicht in manche Schädel zu wollen, dass die Niederschlagung der Aufstände gegen prosowjetische Regime in Ungarn und der Tschechoslowakei sowie die nachfolgende Aufnahme politisch Verfolgter in Österreich absolut nicht mit der momentanen Migrationswelle vergleichbar sind. Das stört, erstens, die Vergleicheansteller nicht, weil es ihrer politischen Mythologie zupass kommt. Die zuhörenden Journos sind, zweitens, sowieso nur an Geschichte in Abziehbildern interessiert – so lange diese zu ihrer Kampagnisiererei passt.
Der Letzte, der – ohnedies halbherzig und offenkundig auf Aufforderung – diesen Vergleich angestellt hat, war der frühere sozialdemokratische Finanzminister und spätere Industrielle Hannes Androsch. Der angeblich oberhalb der Baumgrenze lebende Doyen der österreichischen Innenpolitik äußerte sich bei der Vorstellung seiner Biografie kritisch über die hiesige Asylpolitik und kommentierte, 1956 und 1968 hätten die Österreicher ja auch Tausende Flüchtlinge aufgenommen. Aber seither seien die Leute bequem, hartherzig und ängstlich geworden, was “populistisch unterfüttert” werde.
Die geladenen Medien-Pudel freute das, weil es erstens dazu beitrug ihre extrem einseitige aktuelle Berichterstattung zu rechtfertigen und weil es zweitens einen Aufhänger für etwas lieferte, was eigentlich gar keine Geschichte für sie war.
Nun ist Androsch jemand, der Meinungen zu einer Menge von Themen hat, über die man im Einzelfall diskutieren muss. Darunter befindet sich naturgemäß viel Schas, pardon. Androsch ist auch viel weniger weise als er nahe legt und als viele vermuten.
Trotzdem kennt er ohne Zweifel die Unterschiede zwischen damals und heute – Unterschiede, die so fundamental sind, dass ein solcher Vergleich praktisch keinen Erkenntniswert hat.
Androsch stellte diesen dennoch an.
Diese Analogie ist – um mir einen Ausdruck auszuborgen – populistisch unterfüttert. Androsch redete dem populus nach dem Mund – nur dass dieser hier aus PR-Fuzzis und Medien-Schoßhündchen bestand. Ist immer noch besser als die kommen gar nicht und schreiben überhaupt nix, wird sich Androsch gedacht haben.
Auch Peter Pelinka & Genossen wissen, was von diesem Gerede zu halten ist. Sie dulden es trotzdem und fördern es sogar.
Wahrscheinlich hat sich jemand schon die Mühe gemacht, das Gutmenschen-Mem mit einem gewissen Aufwand (Literaturrecherche) auf seine Anwendbarkeit abzuklopfen. Mir ist so ein Versuch nicht bekannt.
Ich unternehme ihn hier nicht, weil ich dafür keine Zeit verschwenden will. Die Sachlage ist selbst für minimal Informierte offensichtlich.
Dazu nur drei Punkte, die mir spontan einfallen:
- 1956 und 1968 waren klassische Fälle für die Genfer Flüchtlingskonvention (hier: Schutz vor politischer Verfolgung). Ob das auf die Mehrzahl der heutigen Asylwerber zutrifft, ist fraglich.
- In beiden Fällen wurden die Flüchtlinge nicht flächendeckend über das Land verteilt. Oft wurden sie einfach ins Ausland durchgereicht – eine der wenigen akzeptablen Parallelen zu den jüngsten österreichischen Schleuseraktionen zwischen Ungarn und Deutschland. Jedoch: Die allein 2015 bereits 37.000 Antragsteller werden zu einem hohen Prozentsatz in Österreich bleiben und hier Sozialleistungen in Anspruch nehmen.
- Die heutigen Asylwerber sind kulturell viel weiter von der Mehrheitsbevölkerung entfernt als Ungarn und Tschechen das waren (“Wiener Telefonbuch”). Die Familien, die damals hier blieben, haben sich rasch zurechtgefunden und integriert, auch in den Arbeitsmarkt. Wegen ihrer kulturellen Nähe (und mit quasistaatlicher und parteipolitischer Unterstützung) fanden sie in etlichen Fällen Zugang in hervorgehobene Positionen in Medien und öffentlicher Funktion. Dass sich das bei schlecht ausgebildeten, arabischen Sunnis wiederholen wird, scheint wenig wahrscheinlich.
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