Griechenland ist seit langem faktisch zahlungsunfähig und jeder Politiker wusste es, als er neue Überweisungen genehmigte. Es ging nur darum, die Stunde der Wahrheit noch ein wenig hinauszuzögern - egal, was dies das eigene Steuervieh kosten würde. Wiens Anteil an den Griechenlandkrediten beläuft sich heute auf gut 6 Mrd €.
Das lustigste Bild geben momentan unsere Medien ab, die an dem üblen Spiel über Jahre hinweg teilgenommen haben (mehrheitlich, es gab gar nicht so wenige “Spielverderber”).
Die Zeitungen sprechen jetzt naiv von Geldgebern, als handle es sich um irgendwelche Fonds; von Geldgebern, mit denen die neue Athener Regierung Verhandlungen über einen Schuldenschnitt führen wird. Dabei wissen sie natürlich, dass die Sponsoren zu 70 Prozent du & ich sind, die europäischen Steuerzahler (und Transferempfänger).
Um es klar auszusprechen: Bankrott heißt bankrott und einem Nackten kann man nicht in die Tasche greifen. Das Geld ist futsch. Das von uns gewählte staatliche “Management” hat es überwiesen. Damit sollten “wir, die Geldgeber”, uns abfinden, weil es die Realität ist und weil kein reicher Onkel auftauchen und die Summe übernehmen wird.
Rein theoretisch könnten künftige griechische Steuerzahler das Unmögliche versuchen, den Schuldenberg, 176 Prozent ihres BIP, zurückzuzahlen – auch jene Schulden, die ihnen die eigene korrupte politische Elite und die Euro-Politiker während der vergangenen fünf Jahre eingebrockt haben (etwa die Hälfte der Gesamtenschulden).
Tsipras vertritt griechische Interessen, Merkel keine deutschen
Aber die Griechen gehen schon heute am Bettelstab und es ist extrem unwahrscheinlich, dass die noch dort verbliebenen jungen Leute ein Motiv haben, für lang vergangene “Sünden ihrer Eltern” zu zahlen.
Man sollte der neuen Regierung Tsipras auch nicht böse sein, wenn sie das ausspricht – genauer: es andeutet. (Sie muss vorsichtig sein, schließlich kann sie sich noch Hoffnung auf die eine oder andere Hilfsmilliarde machen.)
Alexis Tsipras und seine Regierung vertreten die Interessen der griechischen Staatsbürger, der korrupten und der nicht-korrupten, der Steuerhinterzieher und der Austeritätsopfer.
Das unterscheidet Tsipras von unseren Politikern, die das nicht tun. Unsere Politiker vertreten weder die Interessen ihrer Wähler noch jene der Steuerzahler, wie ihr Agieren in der griechischen Schuldenkrise das dokumentiert (was gar nicht mehr notwendig wäre).
Die Rede ist von Merkel & Faymann, Schäuble, Pröll und Fekter – aber nicht nur von denen. Gemeint sind z.B. auch jene Parlamentarier, die für die Novellierung des Finanzstabilisierungsgesetzes, für den EFSF und den ESM gestimmt haben. Also rot, schwarz, grün (und gelb in Deutschland).
Wie es aussieht, wird es auch jetzt wieder nicht dazu kommen, “dass reiner Tisch gemacht wird”. Auch jetzt wird versucht werden, die Komödie weiter zu spielen. Vorerst wird es nur um scheinbar kosmetische Dinge wie z.B. Fristerstreckungen gehen, die nominell kein echter Schuldenschnitt sind, aber faktisch.
In zwei Jahren kann dann der nächste Akt der Farce gespielt werden – glauben Eurokraten und Politiker. Die geradlinie, “ehrliche” Lösung wäre es, schon jetzt offiziell die Rückzahlungen einzustellen. Eine offene Staatspleite will sich aber – sofern vermeidbar – auch keine griechische Regierung antun.
Die Rechnung aus österreichischer Sicht
Die Wiener Politiker haben der Republik ein Griechenland-Risiko eingebrockt, das keiner so genau zu beziffern vermag, das potenziell aber mehr als 6 Milliarden Euro beträgt.
Ich muss gestehen, dass im Verlauf der Jahre auch bei mir der Überblick verloren gegangen ist. Daher muss ich zu einer Überschlagsrechnung greifen. Die Angaben für diese stammen aus dem exzellenten Blog Querschüsse. Man muss mit den “Querschießern” politisch nicht unbedingt übereinstimmen – beim Buchführen und Interpretieren von Statistikzahlen sind sie Spitze.
Die Rechnung sieht etwa so aus:
Die griechische Staatssschuld beläuft sich per Ende September 2014 auf 322 Mrd. Euro und zu 70 Prozent sind diverse “öffentliche Hände” der Europäischen Union die Gläubiger.
70 Prozent von 322 Milliarden macht 225 Milliarden Euro. (Das dürfte freilich noch nicht das Ende der Fahnenstange – aber lassen wir’s dabei bewenden.)
Österreichs Schlüsselwert für die Eurozone beträgt in fast allen europäisch-supranationalen Institutionen/Projekten – z.B.bei der EZB – 2,9 Prozent.
2,9 Prozent von 225 Milliarden Euro machen nach Adam Riese 6,5 Milliarden Euro. Das ist der Anteil an den gesamten Griechenland-Krediten, für den Österreich direkt und über diverse Rettungsvehikel geradesteht (davon allein im EFSF für mehr als 4 Milliarden) . Bei Deutschland ist es (größenordnungsmäßig) etwa das Zehnfache.
Diese 6,5 Milliarden Euro Risiko waren 2010 noch nicht da und sie sind von den seit Frühjahr dieses Jahres amtierenden Regierungen und ihren parlamentarischen Hilfstruppen zu verantworten.
Foto: Mehlauge, Wikimedia Commons
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