Ungefähr alle zehn Jahre geht ein Gespenst um in Europa (und nicht nur dort): das Wasserstoffauto. Nachdem ein paar große Autokonzerne wieder mal angekündigt haben, ein paar Milliarden in die Brennstoffzelle zu stecken, haben sich die professionellen Schreiberlinge des Themas angenommen, vermeinend, dass GM, Mercedes & Toyota jetzt endgültig auf den Trend aufspringen (in Österreich gibt’s schon 13 Brennstoffzellen-Fahrzeuge). Enthusiasmiert vergisst man zu fragen, woher der Wasserstoff kommen soll. NB zum Begriff “Geschäftsmodell”.
Freilich gibt es auch Journos, die sich deutlich erinnern können, das Gespenst vor Jahren schon einmal gesehen zu haben – die schreiben dann so abträglich wie dieser Mann vom Handelsblatt:
Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos kündigen 13 Weltkonzerne eine Allianz für den Wasserstoff an. Dabei geht es allerdings nicht nur um Umweltschutz, sondern vor allem um die Rettung des eigenen Geschäftsmodells.”
Der Wasserstoff-Rat (nämlich die Autokonzerne) würde jedenfalls gern dabei helfen, die Ziele der Pariser Klimakonferenz 2015 zu erfüllen.
Blöderweise sagt er nicht, wie er an den als fuel benötigten Wasserstoff kommen möchte.
Durch Cracken von Methan vielleicht? Oder etwa aus dem Nuklearreaktor?
Natürlich nicht, sondern über die umweltfreundliche Elektrolyse von Wasser, wie heute bereits vier Prozent des weltweit hergestellten Wasserstoffs produziert werden (Godula-Jopek, Hydrogen production, p.25).
Zu diesem Behuf braucht man viel Energie, um die Wasser- und Sauerstoffatome, die sich in einem Wassermolekül eng umschlungen halten, auseinanderzureißen. So viel, dass das Ganze zu einem energetischen Verlustgeschäft wird.
Macht aber nix, weil man einen Teil der intermittenten erneuerbaren Energie – also Wind- und Sonnenstrom -, sowieso billigst im Ausland verklopfen müsste bzw. gar nicht ins Netz leiten dürfte, wenn man sie produzieren würde.
Diese Abfallenergie kann zweifellos verwendet werden, um in einem aufwendigen Prozess flüssigen (gasförmigen) Transport-Treibstoff herzustellen.
Ist besser als gar nix.
Ja, das wird’s sein, was den Journos und ihren Stichwortgebern in der Autoindustrie vorschwebt.
Literatur:
Agata Godula-Jopek, Hyrogen Production by electrolysis. 2015
Nachbemerkung, 12.2.2017, 10.15 Uhr: Man hat die zustimmende Übernahme des Begriffs “Geschäftsmodell” in meinem Text kritisiert.
Das muss ich auf mir sitzen lassen (ändere es im Text aber nicht).
Das Wasserstoffauto ist kein Geschäftsmodell, wie etwa die historische Quacksalberei oder die heutige kosmetische Chirurgie. Die basier(t)en wenigstens auf einer genuinen Nachfrage
Die kann im vorliegenden Fall aber erst einsetzen, wenn die Technologie mit massivem Einsatz von Steuermitteln gefördert wird. Dann ist sie ein Geschäftsmodell.
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