Der Schieferöl-Ponzi und das Rätsel der konstanten US-Importe

shale_production_C
Quelle: Querschüsse
crude_Importe_B
Quelle: Querschüsse

Die “Schieferöl-Revolution” der USA – ein Ponzi scheme par excellence – hat “rätselhafterweise” zu einer massiven Steigerung der dortigen  Ölproduktion geführt, nicht aber zu einem Sinken der Ölimporte.  Die Einfuhren sind nur “kanadischer” und “bituminöser” geworden. Des Rätsels Lösung ist einfach: Die Staaten brauchen das gallertartige Zeug aus den Ölsanden um es mit dem (super)leichten LTO ihrer fracking revolution zu verschneiden, wobei Benzin und Diesel produziert wird. Das wird ihnen nicht lange nutzen.

Die sogenannte Schieferöl-Revolution in den USA ist in diesem Blog immer wieder einmal Thema, siehe z.B. hier und hier -

wobei dieser Blogger den claim, es handle sich um eine technologische Neuerung, die nur weltweit “ausgewalzt” werden müsse um das Ende des Ölzeitalters zu verzögern, nie für realistisch gehalten hat.

Shale oil ist – den aktuellen Produktionsrekorden zum Trotz – ein geologisch und finanztechnisch eng begrenztes Phänomen, das Art Berman als “retirement party” und Steve St. Angelo als “Ponzi scheme” bezeichnet, siehe dazu weiter unten.

Doch zunächst zur Frage, wie es kommt, dass die USA ihre Eigenproduktion seit 2013 um zwei Drittel gesteigert haben, aber praktisch dieselbe Menge Rohöl importieren wie zu Beginn der shale revolution – siehe dazu die beiden “Aufmachergrafiken”, die von den Querschüssen stammen, verziert durch eigenhändig “gemalte” Ellipsen.  :mrgreen:     

Die Lösung dieses scheinbaren Paradoxes hat im Wesentlichen mit der “Auslegung” der US-amerikanischen Raffinerien und der Herstellung von Benzin und Diesel zu tun.

Schwere Importe, leichte Exporte

Diese beiden Transporttreibstoffe lassen sich weder aus “zu schwerem Öl” produzieren wie es z.B. Venezuela hat oder Kanada in Alberta, noch aus zu “leichtem Öl” wie es die Fracker in Dakota oder Texas produzieren (zumindest müssten die US-Raffinerien dafür aufwendig umgerüstet werden – die sind auf das immer weniger werdende konventionelle Öl eingestellt).

Sehr wohl ist es aber möglich, Benzin und Diesel aus Ölsorten herzustellen, denen importiertes Öl mit niedrigen API-Graden ebenso beigemischt ist wie das im Inland geförderte light tight oil.

Die wachsenden kanadischen Schwerölimporte, die die venezolanischen und mexikanischen zunehmend ersetzen, sind damit sozusagen das Gegengewicht der neuen leichten shale oil-Fraktionen (die Spezifka sind bei den Raffinerien zu erfragen, die darüber genauso “bereitwillig Auskunft erteilen werden” wie Coca Cola über die Zusammensetzung seines braunen Kracherls oder Bierbrauer über ihren Gerstensaft.    :mrgreen:      )

Die Lösung ist also, schweres Öl vorzugsweise aus Kanda zu importieren – die Importe von dort sind in den vergangenen zehn Jahren von 2,5 auf 4 Mio. Barrel gewachsen – und leichtes Öl auszuführen, als Rohöl oder verarbeitetes Produkt.

Das freilich ist ein Thema sui generis für Feinschmecker und wird zum Beipiel hier von der EIA angeschnitten. (Das Wachstum des grünen Balkens im letzten Chart auf der Seite der Energy Information Administration spricht jedenfalls Bände).

Wie die EIA-Statistik zu “Products supplied” jedenfalls zeigt, ist die in den USA konsumierte Menge an Transporttreibstoffen in den vergangenen zehn Jahren übrigens um lediglich vier Prozent auf 19.9 Millionen Barrel pro Tag gesunken.

Und noch eine weitere kleine Nebenbemerkung, diesmal in Sachen Venezuela.

Die PDVSA hat die natürlichen Ressourcen des Landes offenbar ziemlich schlecht gemanagt und das Erste, was einem dazu einfällt, ist, dass Sozis und Staatsbetriebe halt schlecht wirtschaften und dass es am schlimmsten ist, wenn beides zusammentrifft.

Aber weder Venezuela noch der chavismo sind an peak oil schuld, gelle.

Ein Pyramidenspiel in Texas

Damit kehrt dieser Blogger zum Charakter der US-Schieferöl-Revolution zurück, wobei er – faul und ungeduldig wie er nun einmal ist - kurzen Prozess zu machen gedenkt.

Steve St.Angelo, der über die Jahre hier immer wieder zitiert wurde, hat einen neuen Eintrag geschrieben, in dem qusi zusammenfassend die “lausige Shale-Wirtschaft” erklärt und wie diese die US-Ökonomie zu Fall bringen wird.

Das gute Stück findet sich hier und sein Herz ist ein ca. 25-minütiges YT-Video, das einen angemessen ausführlichen Einblick in die aktuelle Sachlage gibt, wie ich finde.

Steve sagt darin nichts anderes als was er seit Jahren sagt, dass nämlich der Schieferöl-Boom auf einer geologisch schmalen Basis steht und dass er durch die in den USA vorherrschenden speziellen wirtschaftllichen und finanziellen Bedingungen am Laufen gehalten wird. Konkret über

  • die Aufnahme neuer Schulden,
  • die Begebung neuer Aktien sowie
  • sonstige “Finanzierungstricks”, die nicht beliebig oft wiederholbar sind (z.B. asset-Verkäufe).

Dabei müssen die Fracker in einem sich immer schneller drehenden Hamsterrad immer schneller laufen bzw. Löcher bohren um die steil abfallende Produktion von legacy wells (über) zu kompensieren, was überhaupt nur unter besonderen geologischen Bedingungen möglich ist.

Beispielsweise bei den Permian-Feldern in Texas und New Mexico, wo alte Quellen binnen zweier Jahre zwar 60 Prozent ihres outputs verlieren, wo aber mittels überdimensionalem CAPEX-Einsatz schnell große (zusätzliche) Mengen LTO mobilisiert werden können.

srsroccoreport.com bringt folgende Grafik des Permian, die eigentlich von Enno Peters/shaleprofile.com stammt und die eigentlich für sich selbst spricht.

Die unterschiedlichen Farben stehen für Quellen, die in einem bestimmten Jahr zu sprudeln begonnen haben.

Der Chart zeigt, wie steil der decline zunächst ist – aber auch, wie dieser in den folgenden Jahren abflacht. 

Die Zuwächse mögen noch ein paar Jahre weiter getrieben werden können, aber “Stehenbleiben” ist allein deswegen keine Option, weil die konventionelle Ölproduktion Jahr für Jahr unerbittlich zurückgeht und die Enhanced Oil Recovery zwar einiges bewirken, aber nicht beliebig stark enhanced werden kann.    :mrgreen:

Das ist ein Wettrennen zwischen Natur und Technologie, das die Technologie am Schluss nur verlieren kann – ungeachtet des Umstands, dass manche (USA) günstigere natürlich-geologische Bedingungen haben als andere (Europa).

Bild: querschuesse.de, mit freundlicher Genehmigung; 00008006648​ REF.FBAWI18050585915

Unabhängiger Journalist

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.