Migration: Selbsteinschätzungen und erwünschte Antworten

Eine soeben in Österreich publizierte Umfrage soll zeigen, dass die Asylwerber des Jahres 2015 “ähnlich religiös sind wie die Österreicher”, was angeblich ein “robustes Ergebnis” darstellt. Das ist es nicht einmal, wenn man annimmt, dass die Befragten ehrlich und nicht taktisch geantwortet haben.

Erhoben wurde vom “Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital” und befragt wurden 500 Personen, wie sie sich auf einer Skala von eins (“gar nicht religiös”) bis zehn (“sehr religiös”) einschätzten.

Das Ergebnis war, dass sich zwei Drittel der männlichen sogenannten Flüchtlinge und 78 Prozent der weiblichen als “moderat religiös” einstuften – was cum grano salis den Selbsteinschätzungen der Österreicher entspricht (nur die “Flüchtlingsfrauen” schätzen sich als religiöser ein als die Österreicherinnen).

Die Meldung geht auf eine APA-Geschichte zurück (APA134/23.5.2018), im öffentlichen Raum lässt sie sich z.B. in der “Presse” nachlesen.

“Moderat Religiöse” hüben und drüben

Diese “Studie” soll die verbreitete Meinung widerlegen, dass “viele der Flüchtlinge ein sehr traditionelles Verständnis des Islam mitbringen”.

Abgesehen davon, dass es für die Befragten ziemlich klar erkennbar sein musste, was die Befrager hören wollten und wofür die Umfrage verwendet werden würde, stellt man sich die Frage, was eine solche Fragestellung angesichts ziemlich unterschiedlicher Kulturen und Lebenswelten eigentlich soll – und warum nicht z.B. gefragt wurde:

  • “Wie oft gehen sie in die Moschee/Kirche?” oder
  • “Halten sie sich an den Ramadan bzw. die Speisevorschriften ihrer Konfession?”

Dann würde das Bild wohl etwas anders aussehen (vorausgesetzt, die Befragten hätten mehrheitlich nicht taktisch geantwortet).

Die “moderat religiösen Moslems”, die ich kenne, gehen jedenfalls einmal in der Woche in die Moschee und die moderat religiösen Christen gehen zwei bis viermal im Jahr in die Kirche: zu Weihnachten und Ostern, zu Pfingsten und ggf. zu Allerheiligen.

Herzlichen Dank an den Hinweisgeber !

Unabhängiger Journalist

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