Im New Eastern Outlook führt ein Phil Butler vor, wie einfach es ist, von richtigen Prämissen zu fragwürdigen Schlüssen und noch dubioseren Prophezeiungen zu kommen. Im Zentrum der Argumentation des Autors stehen die innen-/außenpolitische Situation Venezuelas sowie dessen Erdölvorräte, Peak Oil (PO) und die deswegen angeblich unmittelbar bevorstehende US-Intervention. Ein Versuch, Butlers Linsen in die für’s Töpfchen und die anderen für’s Kröpfchen zu trennen.
Butler hat mit Peak Oil recht, aber nicht, weil Matt Savinar vor 15 Jahren The Oil Age is over geschrieben hat oder Matt Simmons zwei Jahre später Twilight in the Desert.
Butler liegt hier richtig, weil das Konzept grundsätzlich stimmt, aber technische Möglichkeiten gefunden worden sind, um den Abschwung in der Ölproduktion zu verzögern (die oft erwartete Normalverteilung der Hubbard curve dürfte eher wie der Graph aussehen, den Ugo Bardi in seinem Seneca-Effekt beschreibt).
Aber Vorhersagen sind problematisch (vor allem wenn sie die Zukunft betreffen, wie es scherzhaft heißt);
und die Argumente für das Bevorstehen des Erdölfördermaximums sind seit 2008/09 nicht schlechter geworden. Sie lassen sich aber auch heute nicht besonders gut in einem Absatz zusammenfassen.
Also – kein Dissens an dieser Stelle; und auch Butlers Argumentation, dass in einer immer ölärmeren Welt die Macht Russlands steigen würde, ist plausibel (sowie dass diese Erwartung ein Motiv war/ist, die Russen forçiert zu attackieren).
Was bedeutet das aber im Hinblick auf Venezuela bzw. für die Americas und die USA ?
Butler meint, dass sich die USA wg. PO die riesigen Erdölvorräte des Landes “mit militärischen Mitteln unter den Nagel reißen” und damit schon in den nächsten Tagen beginnen würden – und hier ist der Punkt erreicht, wo dieser Blogger nicht mehr mit kann.
Dies aus zwei Gründen:
- Zum einen ist es nur mehr eine Frage von wenigen Wochen (oder nur Tagen) bis das Maduro-Regime die Weiße Fahne hissen muss. Venezuela bezieht mehr als 90 Prozent der staatlichen Einnahmen aus Erdöl und die USA haben über Sanktionen diesen Finanzierungsfluss abgeschnürt (der ohnedies bereits zum Rinnsal verkommen war). Unter diesen Gesichtspunkten ist es wenig ratsam, das Risiko einer Invasion einzugehen und sich damit offen und weltweit erkennbar ins Unrecht zu setzen.
- Das täten die USA aber, “wenn der Preis wirklich heiß wäre” – aber genau das ist fraglich. Soweit das öffentlich bekannt ist, ist a) die aktuelle Ölproduktion im steilen Sinkflug und die “riesigen Reserven” des Landes bestehen aus extraschwerem Erdöl, das auch extraschwer zu fördern, transportieren und verarbeiten ist. Der aktuell anscheinend bereits bestehende Engpass scheint leichtes und vor allem mittelschweres Zeug zu betreffen – leichtes Öl, wie es von der Shale-Industrie in Texas und Dakota gefördert wird. Schweres kann man in Raffinerien mit weniger schwerem Öl verschneiden – aber in der gegenwärtigen Phase scheint “alle Welt” auf viel zu viel heavy crude zu sitzen. Venezuela hat jedenfalls keinen leichten Saft mehr, zumindest ist nichts darüber bekannt.
Die USA werden Venezuela höchstens dann militärisch attackieren, wenn sie wissen, dass es irgendwo doch noch ergiebigere Vorkommen an mittelschwerem Zeug gibt, die durch private Konzerne effizienter auszuzbeuten sind als durch die PDVSA (ups, war das eine Prophezieung?)
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