Jim Krane, Fellow in einem texanischen Thinktank, hat ein Buch geschrieben, das im Jänner 2019 erscheint. Es geht um die Energie-Königreiche der Arabischen Halbinsel. Mit großer Sachkenntnis stellt der Autor alle möglichen Fragen und irrelevanten Zusammenhänge (her), während er nach dem Stand der depletion der saudischen Ölvorkommen erst gar nicht fragt.
Depletion kommt Experten wie ihm höchstens re Kuwait, Dubai, Bahrain oder dem Oman in den Sinn, nicht aber im Zusammenhang mit Saudiarabien (bzw. ein einziges Mal in einer Zwischenüberschrift).
Dabei schreit Ghawar, dieser Dorian Gray der Petro-Welt, der noch immer angeblich 5 Millionen Barrel liefert, geradezu nach derMutter aller skeptischen Fragen: “Sag einmal, wirst du nicht älter und schwächer, musst nicht auch Du sterben?”
Eine solche Problemstellung würde sich der Leser von einem “Experten” wie Krane erwarten – auch wenn dieser mit keiner definitiven Antwort aufwarten könnte.
Stattdessen begnügt sich der Autor mit einer wenig distanzierten Nacherzählung der Narrative von Saudi Aramco-Offiziellen (Fraktion Reformer; beispielsweise über die Diversifizierung in die Petrochemie);
sowie zweitens mit der Einbettung der story in die Evangelien der CO2-Warmisten – zwei Dinge, die wunderbar zusammengehen.
Darüber kann man schon einmal auf den nicht stattgefundenen Börsegang der ersten Jahreshälfte 2018 vergessen
sowie darauf, dass so ein IPO, das nach den New Yorker Regeln stattfinden hätte müssen, es erforderlich gemacht hätte, wirklich unabhängige Geologen über die Reservoire zu lassen.
Warum nur, Jim Krane, hat das nicht stattgefunden?
Etwa weil entdeckt worden wäre, dass dort noch Gazillionen Fass unter der Erde liegen und der Barrel-Preis daraufhin wie ein Stein runtergeplumpst wäre?
Oder doch etwa, weil die echten Öl- & Gas-Ressourcen Staatsgeheimnisse sind und die 267 Milliarden Barrel proven reserves ein aufgeblasener Mythos, der das Licht der Öffentlichkeit scheuen muss? Und/oder weil der Zustand der saudischen Ölfelder viel schlimmer ist als der Anschein, der offiziell vermittelt wird?
Statt das zu thematisieren, schreibt der Mann lieber über den mythischen peak demand (siehe unten) oder über die theoretische Frage, was passieren würde, wenn plötzlich alle – und nicht nur das europäische Polit-Gesindel – CO2-fromm würden und anfingen, fossile Energieträger auslaufen zu lassen - “freiwillig” und wegen des Klimas.
Und ja – es könnte sein, dass nicht nur die EU-28 PKW mit internen Verbrennungmotoren zu verbieten begännen
- was tatsächlich die Nachfrage nach Öl reduzieren würde (aber, mit Verlaub, das wäre nicht “freiwillig”, weil man der dichtesten und vielfältigst einsetzbaren Energiquelle der Menschheitsgeschichte überdrüssig wäre).
Die zweite Gefahr für das Hauptexportgut der Saudis sieht Krane im “technologischen Fortschritt” (die Elektroautos mit ihren zentnerschweren Batterien lassen grüßen).
Die Diktaturen der Halbinsel hätten beim Arabischen Frühling jedenfalls eine politische Nagelprobe bestanden und sich widerstandsfähiger als erwartet erwiesen, meint der Fellow aus Houston.
Sie hätten auch historisch beispiellose Reformen eingeleitet – was Anpassungsfähigkeit und Flexibilität zeige.
This bodes well for the next phase in their evolution (…) Flexibility will certainly be needed as these tribal autocracies and the enigmatic personalities who govern them prepare for another period of chaotic change: the postoil age.”
Gipfel der Nachfrage
Dass ein Nach-Ölzeitalter über kurz oder lang ansteht, sei unbestritten – aber nicht wegen peak demand, wie es im gleichnamigen Märchen westlichen Ursprungs heißt.
Dass die Leute “aufgrund besserer Einsicht und ohne staatlichen Zwang” fossile Transporttreibstoffe verschmähen und in Massen auf leistungsschwache Batteriemonster umsteigen, ist nach Ansicht dieses Bloggers extrem unwahrscheinlich.
Es gibt in der realen Welt auch keinen Anhaltspunkt für derlei Spinnereien grün angehauchter Akademiker.
Wenn sie glauben es sich leisten zu können (und z.B. der Ölpreis niedrig ist) kaufen Konsumenten SUVs bis zum Abwinken – siehe USA und China.
Aber auch in good old Europe verschätzen sich die “Experten” ständig beim Vorhersagen der Nachfrage.
Sie unterschätzen diese laufend – siehe dazu z.B. diese FT-Analyse.
Peak Demand mag es bisher also in abgeschwächter Form in Europa gegeben haben – nicht jedoch in den USA oder gar im Rest der Welt.
Sofern es überhaupt existiert, ist es weit von einem weltweiten, “robusten” Trend entfernt.
Folgend eine Tabelle über den Verbrauch von flüssigen Transporttreibstoffen in der Europäischen Union, den USA und der Volksrepublik China. Quelle ist die BP-Statistik des Jahres 2018.
Light distillates wurde mit Benzin und middle distillates mit Diesel übersetzt. Schiffsdiesel wurde – weil ein Spezialfall – ignoriert.
2008 | 2017 | Δ | % Weltkonsum 2017 | |
Nordamerika – Benzin | 10,86 | 11,26 | + 3,7% | |
Nordamerika – Diesel | 6,93 | 6,93 | +/-0 | |
Transporttreibstoffe – NA | 24,7% | |||
Europa – Benzin | 3,53 | 2,87 | - 18,7% | |
Europa – Diesel | 7,91 | 8,22 | + 3,9% | |
Transporttreibstoffe – E | 15,3% | |||
China – Benzin | 1,98 | 3,94 | + 98,9% | |
China – Diesel | 3,08 | 4,16 | + 35,1% | |
Transporttreibstoffe – C | 13,04% |
In Nordamerika ist seit der großen Krise der Konsum von Treibstoffen nicht gefallen – bei Benzin ist er sogar um knapp 4 Prozent gestiegen.
In Europa ging der Benzinverbrauch (inkl. Jet-Fuel) merklich zurück – was aber zum Teil auf die Veränderung des Fahrzeugbestands in Richtung Dieselmotoren zurückgeht.
Während der Benzinkonsum um 0,7 mbd sank, stieg der Dieselverbrauch um 0,31 mbd. Das mögen Ansätze zu peak demand sein, die Rückgänge lassen sich aber nicht linear fortschreiben (und waren “netto” bisher nicht besonders stark).
Speziell in den “Entwicklungsländern” geht der Konsum von Transporttreibstoffen sowieo stark nach oben.
Fazit: Substanzielle Nachfragerückgänge nach fossilen Transporttreibstoffen können (und werden) nur mit staatlichen Zwangsmaßnahmen (oder eben über steigende Preise) vonstatten gehen – und Europa spielt eine führende Rolle bei Ersterem, dank seines “demokratischen” Polit-Gesindels.
Jim Krane, Energy Kingdoms. Oil and the Political Survival in the Persian Gulf. 2019
Auch bei google books, siehe hier.
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.