Kraftwerkstechniker Frank Hennig, Autor der Dunkelflaute, hat das Generalthema seines ersten Buchs vertieft und erweitert. In der neu erschienen Klimadämmerung erläutert er systematischer, warum die viel gehypte Energiewende nicht jene Versprechungen erfüllen kann, die der Chor ihrer Proponenten in den Raum stellt. Deutschland, sagt Hennig, beschreite mit seiner Energiewende erneut einen Sonderweg (der es schon einmal in den Nationalsozialismus geführt hat) – eine Analogie, die fragwürdig ist. Seine Hauptthese, dass ein Zuviel an Wind- und Sonnenstrom das Netz destabilisiert, ist jedoch plausibel.
Das verhalte sich letztlich so, weil das Land in der Mitte Europas eine doppelte Abschaltepolitik verfolge – einen sich zeitlich überlappenden, übereilten Ausstieg aus Atom- und Kohlestrom.
Die als Regelenergie gut einsetzbare, sozusagen verlässliche konventionelle Energie würde zunehmend durch unberechenbaren & volatilen Wind- und Solarstrom ersetzt,
der förderungsbedingt & in der Durchschnittsbetrachtung zwar enorm zulege, der die Versorgungssicherheit aber unterhöhle.
Neben Deutschland gebe es kein anderes Land, das seinen Energie-(Strom-)Mix verenge statt diesen zu verbreitern
(der systematische Ausbau der “neuen Erneuerbaren” findet freilich auf der ganzen Welt statt).
Natürlich, erläutert Hennig, sei die Energiewende deutschen Zuschnitts zunächst eine Umverteilung mit grünem Mascherl – und zwar zulasten des ohnedies einkommensschwachen EEG-Umlagenzahlers, sodass
die Geringverdiener und Hartz-4-Empfänger in Duisburg oder dem Marzahner Plattenbau dem bayerischen Oberstudiendirektor die sechs- oder mehrprozentige Rendite auf dem Dach bezahlen”.
Das freilich ist nicht der “Hauptpunkt” des Autors.
Dieser besteht darin, dass das unterbrechungsfreie Stromnetz, die Ikone der zeitgenössischen Moderne,
mit Windmühlen und PV-Paneelen, längerfristig nicht gehalten werden kann (Solar nimmt Hennig angesichts der mageren Einstrahlung in Deutschland - “wie in Süd-Kanada” – ohnedies nicht ernst).
Der Niedergang des Stromnetzes, legt der Autor freilich nahe, werde nicht so schnell gehen, sodass wohl erst die Millenials, also die um die Jahrtausendwende Geborenen so richtig in den Genuss eines weitgehend elektrizitätsbefreiten Lebens kommen werden.
Unter anderem deswegen, weil die heutigen Energiewende-Ideologen eine Menge Joker im Ärmel hätten, die es ihnen erlaubten, die selbst verschuldete Realität zu bemänteln, zum Beispiel
- durch die Ersetzung des deutschen Atom- und Kohlestroms durch importierten Atom- und Kohlestrom von Temelín bis Mochovce und von Beznau bis Tihange und Doel;
- durch das “Management des Mangels” wie Abschaltungen und rollierende Blackouts auch für Haushalte. Das werde freilich nicht so plump vonstatten gehen wie beispielsweise in der verblichenen DDR, meint der in Ostdeutschland aufgewachsene Autor; sondern versetzt mit Prisen aus Orwells 1984 und quasi-objektivem Hightech, begleitet vom Orchester der wendefreundlichen Journaille oder durch “optisch anspruchsvolle Apps für die Smartphones mit der Mitteilung stromloser Zeiten”.
- Und schließlich gibt es Gaskraftwerke, gegen die Henning argumentativ nicht allzuviel in die Wagschale werfen kann, zumindest nicht aus seiner angestammten Perspektive des Klima- und Technik-Realisten (was ihn nicht daran hindert, sozusagen opportunistisch drauf hinzuweisen, dass Erdgas inklusive dessen “Vorkette” kaum weniger emissionsintensiv sei als Kohle).
Eine Einheitsfront aus Pseudo-Wissenschaftlern, Politicos und vormals kritischen Medien (“vom Sturmgeschütz zur Konfetti-Kanone”) propagiere den energiepolitisch illusionären Kurs
und werde damit wohl ihren Willen bekommen – zumal mit dem durchaus funktionalen Schreckgespenst einer CO2-warmistischen Klima-Katastrophe “argumentiert” werde,
(was in Deutschland bzw. Europa besonders widersinnig ist: alles, was hier an Kohlendioxid “eingespart” wird, wird “anderswo auf dem Planeten” zusätzlich freigesetzt – und zwar mehrfach).
Elefantöse Blindheit
Nun kann Hennig (aus Sicht dieses Rezensenten) in vielen energie- und klimapolitischen Streitfragen punkten
- von seiner “agnostischen Skepsis” gegenüber dem CO2-warmistischen Modell des Klimawandels über diverse Energiewende-Betrügereien bis hin zur Feststellung, dass ohne Backup durch konventionelle Kraftwerke “kein Netz zu machen ist”.
Leider weigert er sich gleichzeitig, den Elefanten im Wohnzimmer auch nur ansatzweise zu diskutieren
- die absehbare Verknappung von dichtem Brennstoff.
Während er beispielsweise zugibt, dass sich
- “die Braunkohlevorräte im böhmischen Becken dem Ende zuneigen”
- und die Gasvorkommen in der Nordsee und vor der niederländischen Küste weitgehend erschöpft sind,
glaubt er z.B. weiter an das soeben verlöschende Strohfeuer des US-amerikanischen Fracking-Booms und div. Verheißungen neuer Fördertechnologien
Das ist – schon heute absehbar - technomanes Wunschdenken und die ins Haus stehende politische Realität ist jene des “Managements des Mangels”
- wenngleich nicht aus Klimagründen.
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