Ein Vergleich zwischen der Ölförderung und den dabei produzierten Qualitäten in Venezuela und den USA enthüllt ein frappierend ähnliches, aber “spiegelverkehrtes” Bild, speziell in den vergangenen fünf Jahren. Während in den Vereinigten Staaten auf Basis von horizontal drilling und hydraulischem Fracking, v.a. die Förderung des begehrten Light Sweet Crude explodierte, brach die VZ-Erzeugung ein & wurde “immer schwerer und saurer”. NB zum “Ausrollen der shale revolution“.
Die von diesem Blogger selbst gebauten Grafiken “über dem Falz” beruhen auf Daten der World Oil Review 2019 der ENI (Volume 1), die sich in den Tabellen der Seite 69 finden. Die Datenquelle der ENI wiederum ist die IEA.
Den ENI-Tabellen wurden jene beiden Erdölqualitäten entnommen, die in der jeweiligen Produktion die quantitativ bedeutendsten waren (sind), nämlich
“light & sweet” sowie “medium & (medium) sour” für die USA und “medium & (medium) sour” sowie “heavy & sour” für Venezuela.
Die Daten wurden in zweierlei Hinsicht geringfügig, aber nachvollziehbar umgeformt bzw. bearbeitet:
- Erstens wurden zwei Kategorien zusammengelegt, weil Venezuela “medium & medium sour” erst seit 2018 separat berichtet hat und
- zweitens ist der prozentuelle Anteil an der Gesamtproduktion für das Jahr 2010 “eigenhändig ausgerechnet worden”, weil dieser in den ENI-Tabellen nicht aufscheint.
Hier noch einmal in Tabellenform die absolute Produktion in 1.000 Barrel pro Tag, ebenfalls aus der ENI-Review (also von der IEA):
USA | Venezuela | |
2000 | 5822 | 2894 |
2010 | 5478 | 2535 |
2018 | 10963 | 1398 |
Die obigen Grafiken und die Tabelle können folgende Geschichten erzählen:
- Die Story der shale oil oil revolution in den USA, durch die sich die dortige Erdölproduktion verdoppelt hat, wobei der Anteil von Light Sweet Crude von 35,8 im Jahr 2000 auf 65,7 Prozent 18 Jahre später gestiegen ist.
- Spiegelverkehrt dazu erfolgte der Abstieg des “Landes mit den größten Ölreserven der Welt”. Venezuela scheint nie besonders viel Light Sweet Crude besessen zu haben, aber das vor 20 Jahren noch dominierende mittelschwere, saure Öl war durchaus zu gebrauchen. Man konnte es in maßgeschneiderten Raffinerien z.B. zu Diesel verarbeiten – und flüssig war es auch noch. Was sich bei heavy & sour mit API-Graden zwischen 10 und 26 nicht mehr unbedingt behaupten lässt. Eben diese Qualität machte 2018 aber bereits 61,3 Prozent der Produktion aus; in einem Jahr, als die US-Sanktionen gegen venezolanisches Öl noch gar nicht richtig eingesetzt hatten (seither hat sich die Förderung noch einmal halbiert).
So viel zu den Mythen der Maduro-Fans, die die USA hauptsächlich oder ausschließlich für den Niedergang Venezuelas verantwortlich machen, was geradezu grotesk uninformiert ist.
Märchen & Legenden schätzen aber auch marktwirtschaftlich orientierte Freunde des Erdöls, die glauben, dass dessen Produktion “nur eine Frage des Preises” oder allerhöchstens eine “politisch-bürokratischer Restriktionen” sei.
Das sind auch Ideologen, die allen Ernstes glauben, dass sich tote Felder wieder zum Leben erwecken lassen, wenn das Barrel nur wieder 150 Dollar kostet.
Buhuu!
Bild: ToyahAnette B [Public domain] mvia Wikimedia Commons
Nachbemerkung, 30.10.2019, 05.00 Uhr: Nein, die shale revolution der USA lässt sich “nicht über den ganzen Erdball ausrollen”, weil die geologischen Voraussetzungen dafür fehlen.
Diese Produktionsrevolution scheint sich nicht einmal über die USA ausrollen zu lassen, nicht über einen nennenswerten Zeitraum von mehreren Jahrzehnten.
Das ist zwar “wieder eine andere Geschichte” als die obige, aber dieser Blogger vertraut letztlich dem USGS, Steve St. Angelo, Anurodh Mohan Dayal sowie Sohrab Zendehboudi ausreichend um zu akzeptieren, dass sich der nordamerikanische Boom der vergangenen Jahre nicht so leicht wiederholen lässt.
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