Ein auf Energie spezialisierter australischer Techniker, der seltene, aber exzellente Postings in einem Blog verfasst, hat sich vor fast zwei Wochen dem saudischen Super-Giant Ghawar gewidmet, den man ohne zu übertreiben als “Nabel der Energiewelt” oder “eines der größten Mysterien der Gegenwart” bezeichnen kann. Das mag eine Weile her sein – die hier vorgenommene Thematisierung ist aber vertretbar, weil a) nur wenige wissen, wer oder was Ghawar ist und b) der Rest womöglich das Zaubertöpfchen aus dem Grimm-Märchen vom Süßen Brei assoziiert. Beiden Gruppen kann auch mit 14-tägiger Verspätung geholfen werden. NB zu den Exporten Saudiarabiens.
Matt Mushalik ist ein Peak Oiler, der die eine oder andere falsche Erwartung geweckt haben mag (oder auch nicht) – aber er ist weder ein Narr noch ist er inkompenent.
Der Mann weiß, wovon er spricht
- siehe zum Beispiel seine exzellente Analyse zum “bumpy plateau” der globalen Erdölförderung über die vergangenen 13 Jahre (hartnäckige Nur-Deutsch-Leser, die sich mit Gröberem zufrieden geben, können sich bei mir bedienen – zum Beispiel hier oder hier).
Was Ghawar betrifft, hat dieser Blogger von Mushalik beispielsweise gelernt, dass
- die Verarbeitungsanlagen, die vor vier Wochen von “Houthi-Drohnen” beschädigt wurden, funktionell eng mit Ghawar verbunden sind und dass
- ohne die Vorbehandlung, die dieses Öl in Abqaiq erfährt, weder raffiniert noch “in den Weltmarkt verkauft werden kann”.
Mushalik erklärt das in seinem Blog-Beitrag mit einem Verständnis, das nur ein Techniker aufbringen kann, der auch praktisch mit diesen Dingen zu tun hat(te).
Was die Urheber des Anschlags betrifft, neigt Mushalik zur Ansicht, dass Täter “militärische Strukturen im Iran” gewesen seien, die sich allerdings verkalkuliert und Folgen von ungeahnter und ungewollter Tragweite herauf beschworen hätten.
Sobald er über Hubbert-Linearisierungen Jean Laherrères etc. zu berichten beginnt, erreicht Mushalik wieder alt bekanntes Terrain und der Laie nimmt zur Kenntnis, dass Ghawar zwischen 63 und 73 Prozent erschöpft (“depleted”) ist – was bei einem Feld dieses Alters kein Wunder ist.
Vielleicht ist derlei für (semi)professionelle Ghawar-Watcher nichts Neues – dieser Blogger, der kein solcher ist, war sich dessen jedenfalls nicht bewusst.
Er nimmt aber zur Kenntnis, dass
- das Ablauf-Datum dieses enormen Ölfelds in Sicht ist und
- rechnet damit, dass dieses lange vor einer echten Lösung der technischen Probleme der Renewable-Revolution liegt (wenn diese überhaupt lösbar sind).
Den wahren Zustand von und die ungeschönten Prognosen zu den Reservoiren in Saudiarabien kennen weder Mushalik noch er, denn das ist Staatsgeheimnis des arabischen Landes, das angeblich noch immer gut ein Drittel seiner Ölproduktion in Ghawar macht.
Bild: Anastrophe [CC BY-SA 4.0] via Wikimedia Commons
Nachbemerkung, 13.10.2019, 06.45 Uhr: Die EU ist relativ wenig auf saudisches Öl bzw. Ghawar angewiesen (sie hat 2017 nur mehr 6,6 Prozent ihres Ölverbrauchs aus diesem nahöstlichen Königreich importiert) – dafür ist ihre Abhängigkeit von Russland (& Kasachstan) umso höher, fast 40 Prozent.
Laut von der Wapo recherchierten Zahlen ging saudisches Öl 2018 zu einem überwältigenden Prozentsatz nach Asien - mit beinahe 40 Prozent ist Japan von Saudiarabien extrem abhängig.
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