Herr Karl und die Asylstrategie

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Afghanischer Schweißer, Quelle: Wikimedia Commons

Karl Aiginger, Chef des österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts WIFO, hält es für “durchaus möglich, 70.000 Einwanderer in die österreichische Wirtschaft und Gesellschaft zu integrieren” und legt zu diesem Zweck der hohen Politik etwas ans Herz, was diese sowieso gern tut: herumgipferln. Aigingers Wortmeldung ist gleich in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert.

Zunächst weil er ansatzlos aus dem Sprechmodus Asyl in den Modus Einwanderung rutscht (und umgekehrt). Zweitens, weil er  eine scheinbar große Zahl in den Raum stellt, die gerade einmal vier Prozent der Unselbstständigen ausmacht (und weniger als die 2015 zu erwartenden Asylwerber). Und drittens, weil er mit seiner Alpbacher Aussage nicht einmal behauptet, dass diese 70.000 Einwanderer in den privaten Arbeitsmarkt integriert werden könnten.

Aiginger sagt nur, dass sie in Wirtschaft und Gesellschaft integriert werden könnten und lässt so offen, ob diese dafür nicht z.B. forciert vom Staat angestellt werden müssten bzw. ob sie zwecks Integration überhaupt einer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen.

Für Europa, fährt der Professor fort,

würden die Zuwanderer wirtschaftlich ein große Chance darstellen, da es sich in Europa um alternde Gesellschaften handle.”

Letzteres ist korrekt: alternde Gesellschaften mit einer hohen und steigenden Altersarbeitslosigkeit.

Nur wär’ es halt nicht schlecht, wenn besagte Zuwanderer die Fähigkeit, die Pensionen und Krankenversicherungsbeiträge für die hiesige alternde Bevölkerung zu zahlen, irgendwie schon hätten und wenn sie auch motiviert und in der Lage dazu wären. Jung sein allein ist, pardon, ein bisschen wenig.

Solche Überlegung war auch der Ausgangspunkt für einen Konsens der österreichischen Sozialpartner im Jahr 2011, der unter dem Schlagwort Rot-Weiß-Rot-Card bekannt wurde. Einen Konsens in Sachen Immigration, den man vereinfacht so ausdrücken könnte: “Wenn wir uns schon nicht aussuchen können, wer neu ‘unseren’ Arbeitsmarkt betritt (wg. EWR) bzw. wer sonst (ohne Quote) zuziehen darf (bilaterale Verträge), wollen wir wenigstens bestimmen, wer aus Drittstaaten ohne Extrawurst zu uns kommen darf.”

Für diese, und nur für diese, wünschten sich z.B. die Arbeitgeberlobbys die oft zitierte Willkommenskultur. Also für die von den Konzernen entsandten Techniker und Manager sowie für die erwarteten vielen Naturwissenschafter und Spezialingenieure aus aller Herren Länder – allesamt gut bezahlt und selbst gut Steuern und Abgaben zahlend (wie gehofft wurde).

Das war ursprünglich so, im Jahr 2011. Mittlerweile hat sich die RWR-Card als Ladenhüter herausgestellt, dafür läuft die de facto-Einwanderung von Asylanten und Schutzberechtigten und deren Angehörigen prächtig (aber vielleicht haben die ja alle Mangelberufe – siehe Aufmacherfoto.)

Das war schon in normalen Zeiten so, als 17.000, 20.000 Asylanten kamen – und großteils blieben. Und das wird auch in Zukunft so sein, wenn pro Jahr 80.000 kommen und großteils bleiben werden.

This is a train crash waiting to happen und Aiginger weiß das. Er weiß, dass seine 70.000 erfolgreich integrierten Einwanderer – so hoch diese Zahl angesetzt ist – ein Furz im Wind sind. Immerhin hat er jetzt gebührend gewarnt. Wenn jetzt was passiert, kann ihm niemand was nachsagen – glaubt er.

Foto: Wikimedia Commons,  Shukrullah

Unabhängiger Journalist

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