Hypo Alpe Adria: Wer aller Kärntner-Butter am Kopf hat

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Butterziegel, unmittelbar vor Applizierung auf Politiker-Scheitel

Nach dem Bericht der Griss-Kommission ist es Zeit zusammenzuschreiben, welche Akteure sich besonders mit Ruhm bekleckert haben. Angefangen haben, richtig, Jörg & seine karantanischen Bankster Boys. Aber ohne VP-Minister und deren SP-Habschis – Schieder, Nowotny -  hätte das Ganze nie eine solche Dimension annehmen können. Was an Wurschtigkeit und Ahnungslosigkeit noch fehlte, lieferte die Beamtenschaft zu.

Haider, der 1999 zum Landesherren mutierte Oppositionspolitiker, hat die größenwahnsinnigen Manager “seiner” Landesbank schalten und walten lassen und sich von Kulterer & Co. dafür Petitessen im einstelligen Millionenbereich finanzieren lassen (sofern das wirklich alles war).

Das war, was seine Kollegen in den anderen Bundesländern auch taten – nur um eine Zehnerpotenz drüber. Der Name hat halt verpflichtet. Die Roten und Schwarzen in Klagenfurt gingen ihm auch gern zur Hand. Wie bekannt, verabschiedete der Klagenfurter Landtag das Haftungsgesetz einstimmig. Auch der heutige Landeshäuptling Kaiser hob sein Händchen.

Das ist sozusagen die Ursuppe der Malaise. Angesichts der verantwortungslosen Rolle, die das Land bei den wirklich wichtigen Angelegenheiten spielte, war es also gar keine so schlechte Idee, die Bank zu verkaufen. Immerhin, hätte man damals argumentieren können,würden die Profis aus München der bessere Eigentümer sein.    :-P

Das eigentliche Verkaufsmotiv war dann zwar, dass Haider dringend Geld brauchte und sich 2005 schon einmal eine Anzahlung gönnte – aber egal. Trotz aller Einschränkungen muss man rückblickend zugeben: Haider verkaufte zu einem günstigen Zeitpunkt und auch um einem ziemlich guten Preis. Die BayernLB wollte die Hypo damals auch ganz dringend haben – so wie sie sie zwei Jahre später ganz dringend wieder loshaben wollte.

Bis zu diesem Zeitpunkt muss die Sache aus einer amoralisch-Kärntner-österreichischen Sicht eigentlich als Erfolgsgeschichte bewertet werden. Wahrscheinlich hat Haider vor seinem Tod noch mitbekommen, in welchen Schwierigkeiten sich die Bank befand und sich selbst zum rechtzeitigen Verkauf gratuliert. Vielleicht hatte er zuvor auch aktiv mitgeholfen, in den bayerischen Managern das Begehren nach der Hypo anzufachen – wer weiß. Der Gewährleistungsverzicht durch den Käufer war jedenfalls ebenso unüblich wie vielsagend.

Die Hypo war danach jedenfalls “nicht mehr das Business Haiders”. Eigentlich. Im folgenden Jahr sollte sich heraussstellen, dass die Hypo zwar den Bayern gehörte, aber primär das Problem der Österreicher war.

2009 lief die Geschichte endgültig aus dem Ruder und die geballte Unfähigkeit des Wiener Politik- und Beamtenapparats stellte sicher, dass die Sache maximal verbockt wurde. Sportlich gesprochen gelang es den Bayern, die Scharte von 2007 auszuwetzen und die Bank wieder ins österreichische Feld zu schieben (zu einem Kostenpunkt von 3 bis 4 Milliarden).

Leader in der Kategorie angewandte Dummheit war das österreichische Finanzministerium, dem aus unerfindlichen Gründen bis heute das Image besonderer Kompetenz anhaftet. An seiner Spitze stand zuerst Josef Pröll und ab 2011 Maria Fekter, beide von der ÖVP.

Pröll ließ sich den kaputten Laden mit Stumpf und Stiel unterjubeln, worauf die Bayern selbst in ihren kühnsten Träumen nicht gehofft hatten. Und seine Amtsnachfolgerin gab dem Begriff “dilatorische Behandlung” eine ganz neue Dimension. Sie nahm den eigenhändig bestellten Management-Traumtänzern ab, dass es nun darum gehen müsse, die “Braut herauszuputzen” und um Milliarden zu verkaufen. (Vorher durfte man freilich nicht knickrig sein und musste noch ein paar Milliarden in die Hand nehmen.) Als schließlich der Wecker klingelte, hatte die Fekter schon auf Kurs auf Abflug genommen.

Weil nach der österreichischen Realverfassung die Butter-auf-dem-Kopf-Haber aber im Proporz zu agieren haben, musste auch der Koalitionspartner beigezogen werden, zuerst in der Person Andreas Schieders. Der war seit Ende 2008 Staatssekretär im Finanzministerium und als politischer Aufpasser für Pröll in jede wichtige Sache involviert. Schieder war auch Teil des österreichischen Verhandlungsteams für die “Notverstaatlichung ohne Not” und noch vor dem Kanzler und dem OeNB-Chef der faktisch entscheidende rote Finanzpolitiker.

Kein Wunder, dass Klubobmann Schieder – kaum dass der Griss-Bericht heraußen war – schon wusste, dass dieser eine einzige Anklage gegen die FPÖ war  :roll:

Komischerweise äußerte auch Schieders parlamentarisches Pendant, Reinhold Lopatka, die gleiche Meinung und wie das Leben so spielt war der kleine Schwarze zum fraglichen Zeitpunkt, im Dezember 2009,  auch Staatssekretär im Finanzministerium. Na sowas !

Schieder und Lopatka scheinen bis zum heutigen Tag jedenfalls nicht zur Kenntnis genommen zu haben, dass die Kärntner Haftungen Ausfallsgarantien waren und dass sie erst schlagend geworden wären, nachdem die Haftungen der BayernLB und des Hypo-Haftungsverbunds (=Raiffeisen) sowie des Freistaats Bayern ausgefallen wären – sicherlich möglich, aber nicht unbedingt wahrscheinlich.

Der Griss-Report wendet jedenfalls viel Tinte dafür auf, um zu beschreiben, wie das Wiener Finanzministerium und seine Insaßen ein Jahr lang auf ihren Ohren gesessen sind und keinen Gedanken an die Entwicklung einer Strategie verschwendet haben.

Spätestens mit dem Antrag auf Partizipationskapital musste klar sein, dass die Bayern nicht den Willen hatten/in der Lage waren, die Suppe allein auszulöffeln und dass ein Überrumplungsangriff wie er im Dezember 2009 stattfand, nicht auszuschließen war.

Die Untersuchungskommission sagt, dass man sich zumindest ausrechnen hätte können, was für die BayernLB auf dem Spiel stand und dass man dann vielleicht zum Schluss gekommen wäre, dass die Hürde, die Hypo in Konkurs zu schicken, tatsächlich sehr, sehr hoch war. Dann hätte man sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen lassen.

Um ein solches fact finding hätte sich Pröll kümmern müssen – Schieder aber ebenso. In der offiziellen Hackordnung war er Pröll nachgereiht, in Chefsachen, die das Einvernehmen mit dem Bundeskanzler erforderten, war er aber gleich gut informiert und politisch faktisch ebenbürtig.

Der zweite Rote, der eine wichtige Rolle spielte war Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny, der sein Scherflein beitrug, den anfangs widerstrebenden Bundeskanzler an Bord der HMS Notverstaatlichung zu holen. Er agierte dabei als Einflussagent seiner Kollegen/Chefs bei der EZB, die unter allen Umständen die sofortige Verstaatlichung wollten – egal wie glaubwürdig die Drohungen der Bayern waren. Angeblich hat Jean-Claude Trichet Faymann eigenhändig angerufen und das funktionierte ziemlich gut. Faymann stand stramm.

2010 bis 2013 folgte dann das dunkelste Kapitel, weil man es verabsäumte, aktiv Schadensbegrenzung zu betreiben. Wieder ist die politische Spitze dafür hauptverantwortlich: Pröll, Fekter, Schieder. Aber auch die Beamten waren hier hilfreich (Finanzministerium, Finanzprokuratur). Glaubt man der Darstellung der Griss-Kommission, war sich Wien bis zu einem Brief des damaligen Wettbewerbskommissars Mitte 2012 nicht bewusst, dass “Wiederaufbauen, Herausputzen und lukrativ verkaufen” keine Option, sondern eine Schimäre war.

Nun, die Sache ist noch lange nicht genügend ausgeleuchtet und ein Untersuchungsausschuss wird hoffentlich jetzt doch noch diese Vorgänge analysieren. Klar ist zum heutigen Zeitpunkt jedenfalls, warum sich SPÖ und ÖVP vor einem Jahr mit Händen und Füßen gegen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss gewehrt haben. Hinweis: Es waren keine rein wahlttaktischen Überlegungen.

Foto: Garitzko; Wikimedia Commons

 

Unabhängiger Journalist

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