Nach den ersten elf Tagen im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Hypo Alpe Adria lässt sich folgendes Resümee ziehen: Der Kärntner Landeshäupling hat seine Bankmanager weitgehend unbeaufsichtigt herumfuhrwerken lassen und gegen unbequeme Aufseher außerhalb der Landesgrenzen beim “lieben Karl-Heinz” interveniert. Im Klagenfurter Landtag haben alle, auch der regionale Koalitionspartner SPÖ für die Landeshaftungen gestimmt. Und auch die Bundes-Schwarzen haben die karantanischen bankster boys gewähren lassen – obwohl man offenkundig über deren halsbrecherischen Kurs informiert war. Der noch kostspieligere zweite Teil der Saga – die Zeit nach der “Notverstaatlichung” – ist bis jetzt noch nicht thematisiert worden.
Für Buchhaltungsnerds und Aktenfexe dürften die Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss des Parlaments nichts wirklich Neues gebracht haben, aber ich gestehe, ich gehöre nicht dazu. Weder habe ich den Griss-Bericht auswendig gelernt noch jede Ausschuss-Sitzung im Hohen Haus verfolgt.
Auf einer solchen Nicht-Experten-Basis erlaube ich mir die Aussage, dass es keinen Grund gibt, von meinem ursprünglichen Urteil abzurücken, das ungefähr so lautete: Die Malaise der Hypo Kärnten war ein extremer Unterfall zu einer allgemein-österreichischen Aufsichtsmalaise. Dass dieser Unterfall ausgerechnet beim vielleicht schärfsten Kritiker der grassierenden politischen Unkultur aufgetreten ist, ist ein Treppenwitz der Geschichte.
Ground Zero der Zockerei in und mit der Landesbank war Klagenfurt und die politsche Erstverantwortung für diesen Teil der Geschichte tragen der verstorbene Landeshauptmann und die damalige Haider-FPÖ. Das Aufsichtsversagen in Kärnten ist spätestens seit der Swap-Affäre 2006 und der Reaktion darauf offensichtlich und zweitens ist es erstaunlich gut dokumentiert. Das geht auf das einschlägige Interesse der beiden sogenannten Volksparteien zurück, den Skandal möglichst zur Gänze beim toten Haider bzw. der heutigen, allzu lebendigen FPÖ endzulagern.
Das ist aber nicht sachgerecht, nicht einmal für die Zeit vor dem Verkauf an die “Investorengruppe” bzw. die BayernLB. In diesem Zeitabschnitt hat sich Haider wie ein x-beliebiger Landeshäuptling verhalten, der seine Bank vor nationalen Aufsehern und EU-Wettbewerbskommissaren in Schutz nimmt. Der Unterschied ist nur, dass es a) die Kärntner so übertrieben haben, dass sie einen großen, unmöglich zu vertuschenden Knall produziert haben und dass es dazu b.) Dokumente und eidesstattliche Aussagen gibt.
Ich schreibe nichts über diesen Part, weil das sowieso im Zentrum der meisten Medienberichte steht, was auch der Gesamtstrategie der beiden Volksparteien entspricht: “Wirf ein grelles Schlaglicht auf den Fall Kärnten und spiegle vor, dass das die ganze Geschichte ist.” Die im Dunkeln sieht man nicht, wie es so schön in der Moritat von Mackie Messer heißt.
Nun hat der bisherige Ausschussverlauf der Öffentlichkeit nicht nur die blutigen Zähne des toten Haifischs vor Augen geführt, sondern auch ein paar Hinweise auf die im Dunkeln gegeben. Zu diesen Spukgestalten zählen u.a.
- der liebe Karl-Heinz, bei dem sich Haider brieflich über die FMA beschwerte. KHG war zum Zeitpunkt der Schreibens eigentlich gar nicht mehr sooo lieb und freiheitlich. Er war schon so volkspartei, dass er beinahe Nachfolger von VP-Obmann Schüssel geworden wäre.
- der damalige Finanzmarkt-Aufseher Heinrich Traumüller, der offenbar noch heute Angst um sein Image als weisungsungebundenes Ex-Organ hat. Er erklärte dem Ausschuss, dass sich der frühere Nationalbankgouverneur für Haiders höchsten Hypo-Bankster eingesetzt habe: die FMA solle “nicht so grauslich” zur Hypo sein (“Ein Ex-Raiffeisen-Banker hackt dem anderen Ex-Raiffeisen-Banker kein Auge aus.”) Auch Kanzler Schüssel sei von ihm und seinem FMA-Kollegen umfassend über die problematische Situation der Bank informiert worden.
- Zum Gruseln schön sind auch die Aussagen zweier früherer Abgeordneter des Kärntner Landtags, einer von der SPÖ und einer von den Grünen. Die Herren, von denen keiner zu den speziellen Haider-Freunden zählte, haben 2004 beide für ein Gesetz gestimmt, über das die Landeshaftungen massiv ausgeweitet wurden – ohne sich Gedanken zu machen, was das für Folgen haben könnte. Es ging ja um einen guten Zweck – die günstige Refinanzierung der “eigenen” Landesbank.
- Bemerkenswert ist auch die Erkenntnis, dass sieben von neun Landeshauptleuten, die von der EU verordnete Abschaffung der Landeshaftungen wenigstens verzögern wollten und Jörg Haider einer von diesen war.
Mit einem Wort: Haider war nicht der Amok laufende, einzelgängerische Ochse ohne Brandzeichen, als den ihn die Volksparteien darstellen wollen- noch war die Substanz seines bankpolitischen Handelns besonders populistisch. Er/die Bank agierten im Rahmen sowie mit Wissen und Erlaubnis jenes Gesamtsystems, das Haider üblicherweise kritisierte. Haiders Fehler bestand darin, die Übertreibungen der Hypo bankster boys zu dulden und das auch noch zum falschestmöglichen Zeitpunkt.
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