Geht es nach nach den angeblich freien Medien des angeblich freien Westens hat ein im Geheimen operierendes niederländisches Gremium jetzt endgültig und zweifelsfrei festgestellt, dass ein vor 15 Monaten über der Ostukraine verunglückter Flieger von ethnisch-russischen Separatisten abgeschossen wurde (was für die einfacher gestrickten Kunden gleich übersetzt wird. Putin hat Blut an den Händen.) Doch nicht Sherlock Holmes, sondern James Bond hat den auf einer selektierten Faktenbasis beruhenden Bericht verfasst. Aber was die Rosinenpicker im Dutch Safety Board (DSB) heute noch offen lassen müssen, wird von journalistischen Nachrichten-Fälschern in Eigeninitiative ergänzt.
Weil die große Mehrzahl der Opfer aus den Niederlanden stammte, haben die Niederlande die Koordinierung der Untersuchungen übernommen und am Dienstag – ungewöhnlich spät – den Endbericht vorgestellt. Die wesentlichen und unzweideutigen Schlussfolgerungen des Papiers sind:
- Der Airliner wurde von einer bestimmten, heute veralteten Buk-Rakete abgeschossen, die auf der linken Seite des Cockpits explodierte und zuerst die Crew tötete. Danach zerbrach das Flugzeug in der Luft, was zum Tod der Passagiere führte.
- Die (teilweise) von den Russen favorisierte Theorie einer Luft-Luft-Rakete ist unzutreffend und
- der Abschuss der Buk muss aus einem geographisch fest umrissenen Gebiet in Größe von 320 Quadratkilometern erfolgt sein.
Anderes (medial) Berichtetes, wie z.B. dass das Abschuss aus einem von Rebellen kontrollierten Gebiet erfolgt sei, stehen nicht im Report, sondern wurde von den Journalisten dazufabuliert (wahrscheinlich auf Einflüsterung interessierter Geheimdienstkreise.) Das bedeutet freilich keineswegs, dass die vom DSB etablierten Fakten über jeden Zweifel erhaben sind.
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Der DSB-Bericht ist geradezu ein Paradebeispiel einer Wahrheitsfindung durch einen von Regierungsinteressen gesteuerten kognitiven Prozess. Die so ermittelte Wahrheit über den untersuchten Gegenstand muss bestimmten Erfordernissen genügen. Sie muss bis zu einem gewissen Grad unangreifbar sein, oder etwas genauer: sie darf durch Fakten von außen nicht widerlegbar sein, jedenfalls nicht auf eine Art, die für ein großes Publikum nachvollziehbar ist. Andererseits muss sie wenigstens zu Schlussfolgerungen anregen, politisch genehmen Schlussfolgerungen, die nicht bewiesen werden mussen, die aber als plausibel durchgehen können.
Um das zu erreichen, wird meist die der Untersuchung zugrundeliegende Faktenbasis manipuliert, etwa durch Eliminierung eines Teils von Fakten und Fragestellungen. Zu diesem Zweck werden (oft “nicht-technische”-)Mitglieder der Untersuchungs- bzw. Aufsichtskommission verwendet, speziell der Vorsitzende des Gremiums.
Das ist eine alte Geschichte über Macht und Machtmissbrauch, die speziell in den Vereinigten Staaten gut dokumentiert ist. Sie reicht von der Bestellung von Joe Kennedy als Chairman der neu gegründeten SEC im Jahr 1933 über die Betrauung Earl Warrens mit der Untersuchung des Todes von John F. Kenedy bis hin zur lupenrein politisch besetzten 9/11 Commission, die auch entsprechend agierte.
Die einzigen, die scheinbar noch nichts von der Problematik amtlicher Wahrheitskommissionen gehört haben, scheinen die NATO-Schoßhhhündchen-Reporter von Washington bis Hamburg zu sein.Würde es sich bei diesen nicht nur um Journalistendarsteller handeln, hätten sie z.B. dem DSB-Vorsitzenden Tjibbe Joustra ein paar Zeilen gewidmet – einer Figur, die von der Regierung des NATO-Landes ernannt worden ist.
Joustra, der ab 2004 niederländischer Antiterror-Koordinator war, ist offenbar ein hochrangiger Insider der westlichen Geheimdienst-Szene. Seit 2011 sitzt er dem DSB (“Onderzoeksraad voor Veiligheid”) vor und er ist auf dem Posten eine klare politische Besetzung.
Die Untersuchung der Absturzursachen von MH 17 unterliegt einem im August 2014 geschlossenen zwischenstaatlichen Geheimhaltungsabkommen zwischen den Niederlanden, der Ukraine, Belgien und Australien und wird wohl nie an die Öffentlichkeit dringen – außer in der jetzt veröffentlichten Form, als politisch abgestimmtes Dokument. Es gehört wenig Fantasie dazu sich vorzustellen, dass jeder der Signatarstaaten ein Vetorecht gegen die DSB-Untersuchung hat.
Interessanterweise haben es diese bei der Untersuchung tonnangebenden Staaten, die allesamt zu Verbündeten gehören, nicht geschafft, die USA zur Herausgabe des für den Unfall relevanten Materials zu überreden, obwohl die USA behauptet haben, die Raketenbahn zu kennen und sogar ein Foto vom Abschuss der Buk zu haben.
Und schließlich widersprechen sich die Darstellung des DSB und des russischen Rakatenherstellers Almaz-Antey in einem wesentlichen Punkt. Während beide der Ansicht zu sein scheinen, dass der Vogel durch eine SAM abgeschossen wurde, gibt es zwei Versionen darüber, welche Munition verwendet wurde und woher der Schuss kam.
Der Hersteller sagte, dass das Muster der Einschläge charakteristische Schmetterlingsformen aufweise, was auf eine Modifikation des Systems hinweise, die in Russland nicht mehr, in der Ukraine aber sehr wohl noch in Gebauch sei (nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums verfügt die Ukraine über insgesamt mehr als 100 Startvorrichtungen). Wenn die Rakete von links gekommen sei, sei sie überdies aus ukrainisch kontrolliertem Gebiet abgefeuert worden, behauptete der CEO von Almaz-Antey. Die Untersuchungsergebnisse von Almaz flossen nur sehr selektiv in den DSB-Bericht ein. Die Kommission scheint sich nicht einmal die Mühe gemacht zu haben, die Produzenten selbst direkt zu befragen.
Wichtig ist wohl hier möglicherweise die Frage, woher die vom Westen und der Ukraine beschuldigten neurussischen Rebellen zur fraglichen Buk-Batterie gekommen sind. Während man einerseits der der Miliz nachsagt, sie habe diese bei einem Überfall auf ein ukrainisches Arsenal erbeutet, streitet die Ukraine diese Version ab. Sie behauptet, Kiew habe nicht wissen können, dass die Russen eine so moderne Rakete in die Ukraine geschmuggelt hätten.
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