Der Migrationsdruck, den Schwarzafrikaner von Italien ausgehend auf die österreichische Südgrenze in Tirol ausüben, soll hoch sein. Unser Beiträger Cajetan Sweth hat sich an der Brenner-Grenze umgesehen, konnte – abgesehen von zahlreichen Beamten – aber wenig Auffälliges entdecken. Ein Lokalaugenschein vom 2. August 2017.
Die Geschichte machte im Internet schnell die Runde: „37 Busse mit Schwarzafrikanern“ hätten in der Nacht klammheimlich die Grenze von Süd-Tirol kommend überquert. Den Tatsachen dürfte diese Geschichte nicht entsprechen. Doch sah sich sogar das Innenministerium genötigt, gegen diese Geschichte aka fake news vorzugehen (siehe hier).
Abgesehen von diesen offensichtlichen Übertreibungen gibt es zahlreiche Berichte und Fakten, die die Durchlässigkeit der Brennergrenze zu belegen scheinen:
- Von einzelnen Schwarzafrikanern, die auf dem Weg in den Norden und auf der Suche nach einem besseren Leben über den Brenner nach Österreich gelangen, teils die Bahn nutzend, teils die teureren Dienste von Schleppern in Anspruch nehmend, oft mithilfe von LKW, berichtete die Daily Mail vor wenigen Tagen in einer kurzen Reportage.
- Schon vergangenes Jahr hatten illegale Einwanderer zu Verzögerungen im Bahnverkehr im so genannten „Großen deutschen Eck“ (Salzburg-Kufstein) geführt, als die deutschen Behörden zwecks Kontrolle der Güterzüge immer wieder den Abschnitt Kiefersfelden-Rosenheim komplett sperrten. Der Autor dieser Zeilen saß damals selbst in einem Zug auf der Fahrt von Wien nach Innsbruck, der in Prien am Chiemsee außerplanmäßig eine gute Viertelstunde angehalten wurde, eben weil der oben genannte Streckenabschnitt nicht passierbar war. (Ein Artikel in der „Tiroler Tageszeitung“ hier.)
Weil die Debatte um etwaige Grenzkontrollen am Brenner angesichts des Wahlkampfes in Österreich und Deutschland sowie aufgrund der historischen Bedeutung der Brennergrenze sehr hitzig ist, soll ein zeitlich beschränkter Lokalaugenschein dabei helfen, den Gerüchten um die vermeintliche geheime Einschleusung von Illegalen nachzuspüren und einen Eindruck von der Durchlässigkeit der Grenze bei Nutzung der Eisenbahn zu gewinnen.
Die folgenden Zeilen geben diesen Eindruck in einigen wenigen konzentrierten Punkten wieder.
Persönliche Gespräche wurden nicht geführt. Eine Servierkraft im Bahnrestaurant am Brenner verstand meine Frage nicht. Die mangelnden Deutschkenntnisse können aber auch nur vorgeschützt gewesen sein.
Überhaupt ist das Flair auf dem Bahnhof sehr italienisch. Die vor Ort befindlichen italienischen Polizeikräfte unterhielten sich ausnahmslos auf italienisch.
Die Beobachtungen vom 2. August 2017 (15-19 Uhr) im Einzelnen:
- EC-Zug Innsbruck-Brenner (EC München-Verona): 30 Minuten verspätete Ankunft des Zuges aus München in Innsbruck wegen eines Polizeieinsatzes. Es gab keine näheren Angaben über den Grund des Polizeieinsatzes. Typische Gründe wären ein Selbstmord oder die eingangs erwähnte Sperrung der Bahnstrecke, um auf Güterzügen illegale Einwanderer aufzuspüren.
- Am Brenner: fünf desperate Schwarzafrikaner (ca. 30-45 Jahre) in neuer Markenkleidung lungern am Bahnhof herum, dazu noch zwei Schwarzafrikanerinnen. Eine Sozialarbeiterin ist im Gespräch mit einem aus der Gruppe. Diese fünf sind auch noch eine Stunde später vor Ort und machen keine Anstalten, einen der Züge nach Süden zu besteigen.
- Im Ort sind keine Schwarzafrikaner oder andere illegale Einwanderer zu sehen.
- Die am Brenner auf Weiterfahrt nach Norden wartenden Güterzüge scheinen nicht routinemäßig überprüft zu werden. Dies geschieht derzeit in Steinach am Brenner (ca. 13 km nördlich) sowie in Innsbruck. Der Ausbau des Bahnhofes Brennersee, der für den Personenverkehr nicht genutzt wird, zur Kontrollstelle wurde bereits beschlossen. (Artikel hier.)
- Auch sonst keine Auffälligkeiten wie herumliegende Schlafsäcke, Unterlagsmatten o. ä.
- Regionalzug Brenner-Innsbruck: Abfahrt vom nördlichen Stumpfgleis, drei italienische Polizisten und 3 Alpini kontrollieren die Ankommenden und die Abfahrenden. Eine gezielte Ausweiskontrolle wird bei einem Afrikaner und einem Inder (?) durchgeführt.
- Regionalzug Brenner-Meran: Keine Kontrollen vor der Abfahrt.
- EC-Zug Brenner-Innsbruck (EC Verona-München: Am Bahnsteig befinden sich bei der Einfahrt des Zuges 3 italienische Polizisten, 4 Carabinieri, 3 Alpini und 3 österreichische Polizisten.
- Beim fahrplanmäßig langen Aufenthalt (12 min) kontrollieren die 3 italienischen Polizisten den gesamten Zug.
- Während der Fahrt gehen die österreichischen Polizisten durch den Zug.
Allgemeiner Eindruck
Die italienischen Polizisten sind für ein “grenzenloses Europa” zwar zahlreich, wirken aber nicht wie Autoritäten. Es wird am Handy gespielt, an der E-Zigarette gezogen, geplaudert. Deutschkenntnisse scheinen sie keine zu haben.
Die 3 österreichischen Polizisten strahlen dagegen Souveränität und polizeiliche Durchsetzungskraft und Durchsetzungswillen aus.
Am Bahnhof in Innsbruck ist keine überdurchschnittliche Anzahl von offenkundigen Migranten zu sehen. Es gibt auch keine Berichte darüber. (Die Drogenszene am Innsbrucker Bahnhof wird schon seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten, von Marokkanern dominiert.)
Fazit
Dafür, daß es keinen größeren Migrationsdruck auf die Brenner geben soll und dafür, daß aus historischen Gründen diese Grenze sehr heikel ist, ist die Polizeipräsenz, allen voran die italienische, auffällig hoch. (Der Bahnhof befindet sich zum überwiegenden Teil auf italienischem Staatsgebiet.)
Andererseits waren keine Indizien für einen größeren Strom an Migranten, die illegal die Grenze passieren wollen, zu entdecken.
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