In Österreich, wo dieser Tage die Verhandlungen zur verhunzten Ampel zusammengebrochen sind und Kanzler und ÖVP-Obmann zurückgetreten ist, ist das hiesige Kommentariat einhellig der Meinung, dass sich die FPÖ in einer formidablen, die ÖVP dagegen in einer “Lose-lose-Situation” befinde. Das trifft höchstens auf einen ersten schnellen Blick zu. Genauer betrachtet befinden sich auch Kickls Freiheitliche in einer solchen mißlichen Lage – paradoxerweise weil sie derzeit so stark sind.
Mit einer allfälligen weiteren Neuwahl könnte sich die Lage der FPÖ weiter verbessern, mittelfristig also verschlechtern, sofern die FPÖ das Pech hat, dass es auch im zweiten Anlauf nichts mit einer Linkskoalition vulgo echte Ampel (“rot-gelb/rosa-grün”) wird.
In einem solchen Szenario würde die FPÖ wohl noch stärker werden und die ÖVP noch schwächer, was zu einer blau-schwarzen Koalition mit noch mehr Kanzler Kickl & Blaupolitikern führen wird (würde).
Auch wenn die F das öffentlich konträr bewerten, sollte man heute niemandem wünschen, in den nächsten Jahren regieren zu müssen, denn:
- die aktuelle budgetäre Lage sieht greulich und abscheulich aus. Der Andi sprach gestern von einem Defizit von 18 Mrd. Euro, was nach Einschätzung dieses Bloggers aber sowieso zu tief gegriffen ist – deutlich mehr als 20 Mrd. wären realistischer. Genaueres weiß wohl unser nach Brüssel echappierter ehemaliger Finanzminister (bitte dort fragen!). Weil die kleine östliche Alpenrepublik auch nicht z.B. Frankreich ist, wird – von wem auch immer - budgetkonsolidiert werden müssen. Wie man vor diesem Hintergrund nicht rasant an Popularität verliert, muss Herbertl dem Publikum erst einmal vorhupfen (das müssten insbesonders der Werner und der Andi auch, die werden wahrscheinlich aber sowieso in Opposition sein). Das alles ist zwar existenziell ungerecht, es kann m. W. aber nirgendwo dagegen geklagt werden.
- Damit nicht genug, wird’s in den kommenden Monaten in den hiesigen Wohnungen wohl ziemlich huschi und das einzige wärmende Element dürfte das damit verbundene blame game werden. Dieser Blogger kann das hier nicht in gebotener Breite ausführen, aber häufigere Leser können erahnen, in welche Richtung meine Argumentation geht. Im Zentrum der Überlegung steht dabei der Gedanke, dass es auch für die östliche Alpenrepublik kein frisches russisches Gas mehr gibt – was ja bereits Realität ist -, vermehrt um den Verdacht, dass es trotz gemieteter Transportkapazitäten kein West-Gas für das nicht der NATO angehörende Binnenland geben wird (um von den Russen gar nicht erst anzufangen, die sowieso nur mehr eingeschränkt lieferfähig sind. Man sieht derlei heute schon an Ungarn. Die Turkstream ist jedenfalls KEIN Beitrag zur Problemlösung).
Der Orban hat offenkundig viel bessere Beziehungen zu Moskau als der österreichische Herbertl, aber das nutzt Ersterem gasmäßig auch nix,
abgesehen davon, dass künftig noch mehr Rationalisierungen zur Verfügung stehen, warum nicht nach Baumgarten geliefert werden muss/kann
- beginnend bei “unfreundlichen Akten” Wiens über den Transitvertrag mit der Ukraine bis zur völligen Auslastung der ohnedies nicht besonders üppigen Kapazitäten der Turkstream.
Diesen Unwillen bzw. diese Unfähigkeit kann auch ein Kanzler Kickl nicht “reparieren”, der ja nur in der Fantasie seiner Gegner Sonderbeziehungen zum Kreml hat.
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.