In einer soeben veröffentlichten Studie wird analysiert, wie viel Geld die G-20 jedes Jahr in die Erkundung von Öl, Gas und Kohle fließen lässt. Festgestellt wird, dass die Exploration großteils staatlich finanziert wird – was in einer Branche, die von Staatsfirmen dominiert wird, nicht unbedingt überraschend ist. Nichts Ungewöhnliches auch, dass die Studie dazu verwendet wird, neben ein paar haltbaren Fakten viel unhaltbaren Spin auftischen.
“The Fossil Fuel Bailout” von ODI und Oilchange International, zweier NGOs, ist hier zu finden. Das Papier wirkt auf den ersten Blick seriös. Studiert werden die G-20, die sich am kommenden Wochenende in Brisbane treffen.
Problematisch ist nicht die Hauptaussage, dass diese Staaten die Öl- und Gasindustrie mit (viel zu) vielen Milliarden fördern, sondern dass unhaltbare Schlussfolgerungen daraus gezogen/nahegelegt werden. Und dass nicht einmal versucht wird, einen Vergleich mit anderen Energiesubventionen zu finden.
Das schlägt sich in der Berichterstattung nieder. Das, was bei orf.at aus der Studie gemacht wird, ist beispielsweise ziemlich verbesserungswürdig.
Es beginnt schon beim Titel, in dem suggeriert wird, dass jene Staaten, die so viel Geld für die Erforschung fossiler Energiequellen ausgeben, damit ihre eigene Klimapolitik konterkarieren. In Wirklichkeit gibt es aber dort, wo das meiste Geld fließt, keine nennenswerten Klimaziele (Mitttlerer Osten, Russland, USA).
Weiters wird der irrige Eindruck hervorgerufen, dass rund 30 Milliarden Euro eigenen Exploarationsausgaben von Exxon, Shell & Co. 73 Milliarden Staatsförderung gegenüberstehen.
Derlei ist natürlich Quatsch und das wird in der Studie auch nicht direkt behauptet. Es wird aber nahegelegt. Die Analyse fordert zur Addition von Äpfeln, Birnen und Zwetschken geradezu auf.
Der Chart, den orf.at dazu hat, sieht folgendermaßen aus. Er findet sich hier.
Der linke Kreis zeigt die Explorationsausgaben der westlichen privaten Öl-/Gas-Majors, der rechte Kreis zeigt die fremd- und eigenfinanzierten Explorationsausgaben der staatlichen Ölkonzerne in den G-20 (wenigstens 70 Prozent davon). Das sind keine Subventionen, auch die Kredite dieser Firmen nicht.
Der Hintergrund ist, dass Konzerne, die zusammen zwei Drittel der weltweiten Ölförderung erbringen, irgendwann im Lauf des 20. Jahrhunderts nationalisiert worden sind. Das ist eine Frage der Organisation der Wirtschaft. Hätte z.B. Saudiarabien 1972 nicht vier westliche Ölkonzerne zur Saudi Aramco zusammengefasst, würden gleich 14 Milliarden an angeblichen Förderungen wegfallen.
Wenn hier ein Vergleich einen Sinn machen würde, dann wäre es der zwischen dem linken Kreis (private Investitionen) und dem zweitgrößten Tortenstück des rechten Kreises (Förderungen und Steuererleichterungen dafür). Eventuell, unter bestimmten Voraussetzungen.
Schließlich fehlt der Studie ein “großer Vergleich”, ohne den ihr Erkenntniswert ziemlich eingeschränkt ist. Was sind schon 18,5 Milliarden (echte Staatsunterstützungen) oder 73 Milliarden (staatliche Finanzierungen von Öl-/Gasexploration G-20) oder gar 438 Milliarden (Förderungen Öl & Gas, weltweit, laut orf.at) ?
Man könnte beispielsweise versuchen, die Exploratonsfinanzierungen für Öl und Gas mit den Finanzierungen/Förderungen für Erneuerbare Energien zu vergleichen - in Bezug auf den Energieinhalt, der dadurch neu entsteht.
Im Fall von Anlagen zur Erzeugung Erneuerbarer Energie müsste man diesen auf die Laufzeit der finanzierten/geförderten Anlagen beziehen, im Fall von Ölquellen auf den Energieinhalt der gefundenen Quellen, und zwar “auf Lebenszeit”.
Die Rechnung wäre, zugegeben, ziemlich langwierig, aber vielleicht würde dabei der Ansatz eines sinnvollen Ergebnisses herauskommen.
Wenn man dies wollte. Wenn das Ziel nicht nur darin bestünde, eine internationale Konferenz mit einer Hausnummer zu beeindrucken.
Was sind schon 73 Milliarden Euro ? Das Doppelte des weltweiten Umsatzes von Coca Cola vielleicht ? Das Dreifache der Summe, die 2013 für Kinobesuche ausgegeben wurde ?
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