Im ORF-Fernsehen hat am Sonntag eine mehr oder weniger hochkarätig besetzte Runde die Nähe der hiesigen Journaille zu den Mächtigen diskutiert und sich aus gegebenem Anlass zur Ansicht durchgerungen, dass die Unabhängigkeit der Medien hauptsächlich von der FPÖ bedroht ist, die 67 der vergangenen 77 Jahre der 2. Republik nicht an der Regierung war. Aber auch die ÖVP kriegte ihr Fett ab – und an dieser Stelle wurde es in unserem staatsfernseherischen Sykophanten-Zentrum schon ein wenig wärmer. Interessanterweise kam die SPÖ – bis auf einen vorbeihuschenden Faymann – kaum vor, obwohl die doch in 62 von 77 Jahren in Wien an der Macht war.
Natürlich debattierte alles über die Affäre Schrom im ORF sowie Rainer Nowaks Abgang aus der Presse (ein diesbezüglicher Abgangmacher aus dem Verlag kam auch zu Wort), weil die sichtbaren Vorgänge gewissermaßen aktenkundig sind.
Nun möge man mich bitte nicht missverstehen:
Seit einiger Zeit drängt sich bei diesem Blogger im Zusammenhang mit Schrom ständig der Begriff Einflussagent auf
und der junge hätte vom alten Nowak wohl noch als Großjähriger ein paar Watschen gekriegt, sofern der alte noch aus dem Rollstuhl gekommen wäre.
Also: Schrom und Nowak jr. müssen einem nicht leid tun.
Was Schrom betrifft, hat der u.a. missachtet, was der Vater des Gedankens von der journalistischen Unabhängigkeit des ORF vor ca. 50 Jahren formuliert hat, als eine Art Handlungsanweisung an Redakteure seines Hauses, die beuflich mit Politicos zu tun hatten:
Nicht füttern, nicht streicheln, nicht ins Gehege gehen!”
Besagter Generalintendant präsidierte in seinen ersten Amtszeiten über einen tatsächlich relativ “unabhängigen ORF”
- das eher zufällig, weil Bruno Kreisky 1970 und 1971 die Wahlen gewann, aber drei Jahre lang keinen geeigneten Hebel fand um den Staatssender kirre zu machen;
also, lang ist’s her, noch vor dem Inkrafttreten des (ursprünglichen) BVG-Rundfunk.
Der Mythos von der Unabhängigkeit der Medien, ORF inklusive, ist freilich bis heute geblieben, was gestern auch den Treibstoff für unsere Heuchel-Diskussion lieferte.
Naturgemäß war hier das linksliberale ORF-Gsieberl vorn dabei, aber auch die eigentlich gar nicht öffentlich-rechtliche Styria ließ sich nicht lumpen.
Alle taten so, als wär’s bis heute die vornehmste Aufgabe der Journaille, Politicos und Regierung auf die Finger zu schauen
und als wären Schrom und Nowak nur bedauerliche Betriebsunfälle und nicht etwa die standard operating procedure in jeder politischen Richtung.
Auch die Pressesprecherin der Grünen tat mit, obwohl deren Partei bisher erst drei von 77 Jahren an der Regierung war
- und obwohl sie besser als ihre Mitdiskutanten und -innen wissen müsste, dass die Zustände im ORF nicht auf “Strache und Steger” zurückgehen.
Aber vielleicht hat ihr der aktuelle unabhängige Stiftungsratsvorsitzende ja zugeflüstert, dass das doch der Fall ist. Inwiefern Lothars Gremienreform die Unabhängigkeit der ORF-Journos stärken könnte, kam jedenfalls nicht so gut rüber.
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