Österreichische Mainstream-Medien berichten in großer Aufmachung, dass nach einer anonymen Anzeige Hausdurchsuchungen bei FPÖ-Politikern stattgefunden haben, angeblich um Beweise für deren korruptes Verhalten zu sichern.Weder von der Faktizität noch von den Standesregeln gibt es dagegen etwas einzuwenden. Dennoch ist der Vorgang ein Paradebeispiel für eine rechtsstaatlich verbrämte, aber auf totalitäre Verhältnisse hinauslaufende Politik. Es bedürfte nur weniger anderer Akteure um auch andere demokratische Parteien zu kriminalisieren. NB: Ablenkung mit einer vier Wochen alten Geschichte?
Vorbemerkung: Dieser Blogger hält die Story, die dem Untersuchungsbefehl und dessen medialer Bearbeitung zugrunde liegt, für realistisch und wenigstens gut erfunden. Das “Geflecht der Glücksspielpolitik”, das Spiel zwischen Unternehmern, Regulatoren, Rechtsanwälten, Politikern und Journos funktioniert so oder ähnlich.
Dieses Spiel hat meines Wissens freilich schon lange vor der Regierungsbeteiligung der FPÖ so funktioniert und es wäre nicht verwunderlich, wenn sich freiheitliche Politiker diese Regeln auch zu eigen gemacht hätten (natürlich gilt für alle Betroffenen und sich betroffen Fühlenden die Unschuldsvermutung!).
Nur: Ein unbewiesener Verdacht ist kein Kriterium in einem Rechtsstaat und war bisher nur in Ausnahmefällen eins für Medienberichterstattung.
Die Journaille glaubt aber entscheiden zu können, über welche Verdächtigung berichtet wird und über welche nicht.
Sollte im vorliegenden Fall nicht wirklich eine “Unprofessionalität” (= keine Beweisvernichtung) stattgefunden haben (oder gefälscht worden sein), wird da nix rauskommen. Schaden tut’s der FPÖ bei den anstehenden Wahlen aber auf jeden Fall.
Festzuhalten ist also:
- Es handelt sich in diesem Fall um kein Urteil (schon gar nicht um ein rechtskräftiges), sondern um einen richterlichen Beschluss, dessen Beantragung von einer (weisungsgebundenen) Staatsanwaltschaft formuliert wurde.
- Beides ist eigentlich eine 08/15-Angelegenheit und erbringt im Regelfall auch nicht das erhoffte Belastungsmaterial. Beide Akteure “müssen” aber so handeln (bzw. können das vorschützen), weil a) Staatsanwälte jeder ihnen plausibel erscheinenden Anzeige nachgehen müssen und b) Richter nicht der “Strafvereitelung im Amt” (§ 258 StGB) beschuldigt werden wollen. Letztere tendieren daher dazu derlei zu genehmigen, nach dem Motto: “Nutzt’s nix, so schadt’s nix.”
- Die Medien berichten über die Justizmaßnahmen meistens nicht – es sei denn der Betroffene ist prominent oder politisch unliebsam (er ist z.B. ein Identitärer) oder die Journos wollen sich “wg. Exklusivgeschichte” auf die Brust trommeln.
- Politisch unliebsam sind im vorliegenden Fall die FPÖ bzw. deren Politiker. Für die trifft die untersuchungsrichterliche “Nutzt’s nix – schadt’s nix-Überlegung” auch nicht zu, denn die Freiheitlichen sind eine wahlwerbende Partei. Der ihnen aus Hausdurchsuchung & selektiver Berichterstattung erwachsende Schaden ist ein politischer und das ist letztlich der ganze Sinn & Zweck. Der Schaden fällt am Wahltag an und kann z.B. durch eine Einstellung des Verfahrens auch nicht kompensiert werden.
Möglicherweise geht es im vorliegenden Fall um ein Zusammenwirken des von politischen FPÖ-Konkurrenten dominierten Staatssenders sowie von Feinden der Freiheitlichen im Justizapparat.
Das lässt sich nicht beweisen und das mag per se auch nicht anrüchig sein – es ist allerdings “demokratiepolitisch höchst bedenklich”.
Das muss sogar jenen Gegnern der FPÖ einleuchten, für die es “höhere Rechtsgüter” als die Ausschaltung einer Konkurrenzpartei gibt.
Denn umgekehrt kann das Spiel auch gespielt werden.
Ein einigermaßen sachkundiger anonymer Anzeigerstatter findet sich immer, Staatsanwälte und Richter tun, was sie glauben tun zu müssen (und vielleicht auch gern tun) – und medial trommeln lässt sich auch, wenn bei einem Sozi oder einem Schwarzen (Türkisen) hausdurchsucht wird.
Nachbemerkung, 15. 8.2019: Leser G. hält die eigentlich ein Monat alte Durchsuchungsgeschichte für eine “klassische mediale Ablenkung“ davon, dass vor ein paar Tagen ein Brandanschlag auf die niederösterreichische Landeszentrale der FPÖ verübt wurde.
Tatsächlich wurde der Hausdurchsuchungsbefehl gerichtlich am 19. Juli ausgestellt. Jetzt, zwei Tage nach dem Attentat auf das FPÖ-Lokal, sind plötzlch alle Zeitungen mit der anonymen Anzeige und den Haussuchungen bei Strache & Co. voll.
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.