Präsi-Wahl: Brachten 96 Prozent für Van der Bellen die Entscheidung?

Montag, 23. Mai, Nachmittag: Kurz bevor den Journalisten der Internet-Link gekappt wurde, der sie mit der Zentrale der Stimmenauszähler im Innenministerium verband, lag der ehemalige Chef der Grünen knapp 90.000 Stimmen vor seinem Gegner (nur Briefwahl), wie eine diesem Blogger vorliegende Datei zeigt. Als eineinhalb Stunden später die Lichter wieder angingen, war der Abstand auf 174.000 Stimmen gewachsen und Van der Bellen hatte gesiegt. Das heißt, dass in der Zwischenzeit 96 Prozent der gültigen Stimmen auf VdB entfallen sein müssen. 

“Wißt ihr, Genossen, was ich über diese Frage denke? Ich meine, daß es völlig unwichtig ist, wer und wie man in der Partei abstimmen wird; überaus wichtig ist nur das eine, nämlich wer und wie man die Stimmen zählt.” Josef Stalin

Hier ist das erwähnte File (das ich zur Verdeutlichung der Fakten nachträglich bearbeitet habe). Es ist ein Screenshot des Auszählungsstands um etwa 15 Uhr Ortszeit.

Screenshot_BPWahl_bearbeitet_2Die Herkunft des Screenshots kann und will ich nicht bekanntgeben. Es handelt sich um eine mir von früher bekannte Person, einen ehemaligen collega, den/die ich heute nicht mehr konsultieren kann.

Ich habe der Wahlbehörde das File am Freitagfrüh übermittelt und gefragt, ob sie a.) Anhaltspunkte dafür sieht, dass irgendwie manipuliert wurde und b) wenn nein – wann genau die Aufnahme gemacht wurde (das weiß ich leider nicht, weil das originale File nicht überlebt hat). Schließlich wollte ich wissen, welche die beiden noch nicht ausgezählten Gebiete waren.

Ich habe keine Antwort erhalten und das kann eine Reihe von Gründen haben. Man darf allerdings davon ausgehen, dass man nicht (ganz) still halten hätte können, wennn man Hinweise auf Fotoshopping gehabt hätte, oder wenn die angezeigte (historische) Datenlage dem Ministerium unbekannt gewesen wäre. Keine Antwort ist in diesem Fall auch eine Antwort.

Ich erlaube mir daher, diesen Zwischenstand neben das Endergebnis zu legen und folgendes festzustellen:

  • Zum Zeitpunkt des Screenshots waren 100.130 abgegebene Stimmen noch nicht ausgezählt, die aus zwei von 117 Gebieten stammten.
  • Von den noch nicht ausgezählten abgegebenen Stimmen gingen danach 88.393 an Van der Bellen und 3.325 an Hofer. 8.412 waren ungültig. Rechnet man nur die gültigen Stimmen, weisen in diesem Zeitraum ausgezählten Stimmzettel 96,4 Prozent Van der Bellen und 3,6 Prozent Hofer aus. Bezieht man die ungültigen mit ein, ergibt sich folgende Tortengrafik:

torte_1BEin solches Ergebnis ist m.E. keinesfalls “natürlich” zu erklären.

Was bleibt also “unter dem Strich” übrig?

Drei Dinge:

  • Solange es keine guten Gründe gibt, den Screenshot für manipuliert zu halten bzw. solange die Wahlbehörde die Auszählungsgeschichte der letzten eineinhalb Stunden nicht offenlegt/nachvollziehbar macht, muss man davon ausgehen, dass meine obige Schlussfolgerung korrekt ist.
  • Der Zeitpunkt der Aufnahme bleibt unbekannt, lässt sich m.E. aber gut einkreisen.Offenbar beinhaltet sie bereits das knapp davor “vollendete” Wahlergebnis von (ganz) Wien. Der Screenshot muss knapp vor dem Abklemmen der Journos vom Auszählungs-Link erfolgt sein, um etwa 15.10 Uhr. Siehe dazu Liveticker der Fellner-Postille Österreich (Oe24):

fellner-Screenshot

  • Die entscheidende Frage ist, welche zwei “Gebiete” den “Umschwung” gebracht haben. Wir wissen es nicht, aber sie müssen zusammen mehr als 100.000 Briefwahlstimmen auf sich vereinen. Das ist für eine Briefwahl enorm. Deshalb scheiden kleine “politische” Stimmbezirke wie z.B. Innsbruck oder Alsergrund eher aus. Die Frage ist, ob es sich um territorial/verwaltungsmäßig definierte Einheiten gehandelt hat, oder z.B. um zwei jener vier Stimmbezirke, die nicht so definiert sind und die keine eigene Wahlbehörde haben.

Unabhängiger Journalist

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