Scheindebatte um Flüchtlingsarbeit – Ernüchterndes Beispiel Schweden

In der hiesigen Öffentlichkeit wird so getan, als stünde die Integration der Flüchtlinge in die Erwerbstätigkeit vor der Tür – man müsse sich nur darum bemühen, indem man z.B. den Arbeitsmarkt öffnet oder mehr Geld in Schulungen steckt. Das ist ziemlich zweifelhaft. Das Beispiel Schweden zeigt, dass Asylwerber keine Arbeit annehmen können/wollen sowie dass Asylanten selbst nach zwei Jahren Vorbereitungskurs kaum arbeitsmarktfähig sind.

Einige Gruppen versuchen aus ideologischen, propagandistischen oder aus Gründen des eigenen beruflichen Fortkommens die Wahrnehmung dieses Problems zu verhindern. Andere tun das, damit eine jahrzehntelang aufgebaute Weltanschauung nicht ins Wanken gerät.

Zum Thema die Berichte zweier Institutionen, die man schwer als “ausländerfeindlich” bezeichnen kann.

Der erste stammt vom staatlichen schwedischen Fernsehen SVT. Er findet sich online hier. Die englischsprachige Nachrichtenportal thelocal.se bringt hier eine ausführliche Übersetzung davon. Die Aufmacher-Botschaft ist, dass von 163.000 Flüchtlingen, die im vergangenen Jahr um Asyl in Schweden angesucht haben, nur 500 einen Job angenommen haben.

Diese Darstellung ist deswegen nicht fair, weil

  • fast die Hälfte unter 17 waren und daher zum Teil noch gar nicht arbeiten durften und
  • weil nur etwa ein Drittel des Rests eine Erlaubnis dafür hatte. Das kann durch einen sogenannten “‘at-und” geschehen, eine staatliche Verzichtserklärung auf die eigentlich nötige Einholung einer Arbeitserlaubnis. Die anderen zwei Drittel würden diesen waiver zu einem späteren Zeitpunkt bekommen, teilte die schwedische Einwanderungsbehörde Migrationsverket diesem Blog mit.

Insgesamt haben im vergangenen Jahr 24.427 der (neuen) Schutzsuchenden eine solche indirekte Arbeitserlaubnis bekommen und 494 davon haben tatsächlich eine Stelle gefunden, mit der sie sich erhalten können.

Das sind gerade einmal zwei Prozent derjenigen, denen diese Gelegenheit eingeräumt wurde. Nun kann man darüber diskutieren, ob die Flüchtlinge nicht wollten, nicht konnten (Sprache) oder ob es im schwedischen Arbeitsmarkt keine Nachfrage gab – die Tatsache bleibt bestehen: Es gab in diesem Fall kaum Integration von Asylwerbern in den (offiziellen) Arbeitsmarkt des Aufnahmelandes.

***

Der zweite Befund kommt von den Autoren einer OECD-Studie, die eigentlich jede Menge Verständnis für verrückte staatliche Maßnahmen aufbringen und die danach rufen, eben die Anstrengungen zu verdoppeln, wenn etwas nicht funktioniert hat. Im Standard wurde hier darüber geschrieben, in der FAZ da.

Es geht im Kern um den kürzlich vorgestellten Text Skills and Labour Market Integration of Immigrants and their Children in Sweden. Er kann online hier gelesen werden.

Das Papier widmet sich unter anderem den Resultaten eines seit fünf Jahren durchgeführten staatlichen Einführungsprogramms, mit dem anerkannte Asylanten fit für den schwedischen Arbeitsmarkt gemacht werden sollen.

Das Programm dauert zwei Jahre und bedeutet für die Teilnehmer eine 40-Stundenwoche. Dafür bekommen er/sie eine Zuwendung, die in etwa der Höhe unserer (österreichischen) Mindestsicherung entspricht.

Die Analyse widmet sich natürlich nur Fällen vor der aktuellen großen Flüchtlingswelle – für die neuen Asylanten können klarerweise noch keine Ergebnisse vorliegen.

In dieser Studie heißt es auf S. 21 (eigene Übersetzung, Hervorhebungen):

2015 hatten nur elf Prozent jener Männer, die das Einführungsprogramm ein Jahr früher beendet haben, sowie fünf Prozent der Frauen eine reguläre, nicht geförderte Stelle. Für die schlecht Qualifizierten sind die Zahlen sogar noch schlechter. Weitere 25 Prozent der Männer und 10 Prozent der Frauen arbeiteten in einer Form von geförderter Anstelllung (…)

Kommentar wohl überflüssig.

Unabhängiger Journalist

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.