Die Schweizerische Nationalbank wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die Goldinitiative, über die am 30. November abstimmt wird – vorgeblich weil das Metall ihre “Handlungsfreiheit einschränkt”. Die Bindung des Franken an den Euro schränkt diese aber noch viel stärker ein. Die Argumente der SNB sind an den Haaren herbeigezogen. Ein Offener Brief aus aus Wien.
Liebe Nachbarn,
erlaubt mir, meine österreichische Nase in Eure Angelegenheiten zu stecken. Ich tue das deswegen , weil unsere Nationen lange Zeit eine vergleichbare Ausgangslage hatten und teilweise noch haben und weil aus unseren Fehlern der jüngeren Vergangenheit viel zu lernen ist, wie ich glaube. Für Euch und für uns.
Die Österreicher haben vor 20 Jahren einen großen Schnitzer begangen, den Ihr vermeiden konntet: Wir haben für den Beitritt zu einem Wirtschaftsraum gestimmt (ich auch), aber wir haben nicht bekommen, was wir wollten. Wir haben “mehr bekommen”.
Wir haben mit der Abstimmung unserer politischen Klasse eine bedingungslose Carte Blanche gegeben, wie sich herausgestellt hat; eine Vollmacht, die Republik Österreich in einen europäischen Superstaat zu verschleppen. Unsere Politiker haben die angebliche Ermächtigung durch das Volk auch weidlich ausgenutzt ohne nur einmal nachzufragen, ob diesem auch recht ist, was sie europapolitisch tun. Dafür wird diesen Herrschaften bei jeder Wahl eine Teilabrechnung präsentiert (und die Endabrechnung kommt noch – hoffentlich). Aber das ist ein anderes, wenn auch ziemlich nahe liegendes Thema.
Mein heutiges Thema ist Eure Volksinitiative, zu der ich persönlich einen zweiten Anknüpfungspunkt habe – das Metall selbst. Nach meiner persönlichen Überzeugung kann es ohne Gold – weltweit – keinen glaubwürdigen monetären Neuanfang geben. Das heißt aber nicht, dass Gold zwingend die gleiche Rolle spielen muss wie im 19. Jahrhundert. Aber auch um diese Frage geht es derzeit nicht. Am 30. November wird bei Euch ja nicht über die Wiedereinführung eines Goldstandards oder ein neues weltweites Finanzsytem abgestimmt.
Wie ich Euch nicht zu sagen brauche, sind die Ziele der Initiative viel bescheidener. Sie lauten:
- die Reserven müssen im Inland gehalten werden;
- die SNB soll sie nicht verkaufen dürfen und
- Gold soll wenigstens 20 Prozent der SNB-Aktiva ausmachen.
Euer politisches Establishment tritt fast geschlossen dagegen auf und in den vergangenen Wochen hat sich auch die Schweizerische Nationalbank in die Diskussion eingemischt.
Das ist rechtlich gesehen wahrscheinlich grenzwertig, vor allem weil sich die Tour des SNB-Präsidenten zu einer regelrechten Werbekampagne auswächst.
Im Prinzip ist es aber in Ordnung, die SNB zu Wort kommen zu lassen. Schließlich geht es auch um das Geschäft, das sie Tag für Tag machen muss.
Wenn ihre Argumente nur besser wären ! Diese sind nicht nur dünn, sondern konstruiert, geradezu vorgeschoben, wie ich weiter unten klarzumachen hoffe.
Dass sich die SNB derartig ins Zeug schmeißt, sagt mir, dass sie glaubt, dass die Situation kritisch ist. Auch Götter machen sich nicht ohne triftige Gründe die Mühe, auf die Erde hinabzusteigen.
Österreichische Zuständ’
Es wäre an dieser Stelle verlockend, lang und breit zu erzählen, welche seltsame Rolle die Wiener Kollegen der Schweizerischen Nationalbank gespielt haben, um meine Landsleute 1994 zu einem Ja zum EU-Beitritt zu verleiten. Aber das ist eine lange, alte Geschichte, die jetzt nicht so relevant ist und die Ihr hoffentlich demnächst in meinem Blog nachlesen könnt, wenn es Euch interessiert.
Im Wesentlichen hat die OeNB damals abgewiegelt, was das Zeug gehalten hat und ständig so getan, als ob mit dem Beitritt keine Vorentscheidung über die spätere Einführung des Euro gefällt würde und als ob es im Ermessen der Bürger liegen würde, Ja oder Nein zu einer weiteren Integration zu sagen. Das hat unsere damalige Nationalbank-Präsidentin ständig wiederholt und vielleicht hat sie es auch geglaubt. Vielleicht – man kann sie heute nicht mehr dazu fragen.
Unser Kardinalfehler war, dass wir Österreicher es ihr geglaubt haben. Herausgekommen ist bei der Geschichte, dass unser Land durch den Beitritt nicht nur seine politische, sondern auch seine finanzielle Souveränität völlig verloren hat. Das Letztere zeigt sich im Verschwinden unserer Gold- und Devisenreserven.
Zu diesem Thema möchte ich ein Schlaglicht auf unsere heutige Situation werfen: Die 280 Tonnen, über die unsere Nationalbank laut ihrer Bilanz verfügt, befinden sich zu 80 Prozent in London und kein Mensch weiß, welcher Anteil von den 280 Tonnen Barren und welcher Anteil “Goldforderungen” sind. Die österreichischen Zentralbanker fühlen sich nämlich nicht bemüßigt, ihre Forderungen aus Goldgeschäften separat auszuweisen.
Bei Euch In der Schweiz ist es anders. Dort gibt die SNB bekannt, welcher Anteil aus Goldgeschäften kommt, also “Papiergold” ist.
Zumindest war das bis vor kurzem so. 2013 weist sie Gold und Goldforderungen erstmals nicht mehr getrennt voneinander aus und hat sich damit - im schlechten Sinn – “austrifiziert”. Ich würde das als echtes Alarmzeichen betrachten.
Das Perverseste bei uns, in Österreich, ist aber, dass unsere Nationalbank über ihr Währungsmetall gar nicht frei verfügen darf, weil die EZB die Hand drauf hat. Die rechtliche Situation ist ziemlich nebulos. Klar scheint nur eines zu sein: das Gold der österreichischen Staatsbürger ist so oder so weg – wenn man von vielleicht 50 Tonnen absieht, die noch auf österreichischem Territorium lagern sollen. Auch hier weiß man nichts Genaues.
Hier eine Stelle aus einem Geschäftsbericht unserer Nationalbank, wo erläutert wird, dass die Österreicher nichts mehr beim Management ihrer Währungsreserven mirzureden haben.
Noch scheint die Situation in der Schweiz besser zu sein. Gemäß SNB befinden sich ja noch 70 Prozent Eures 1000 Tonnen-Schatzes auf Schweizer Boden.
Ich weiß, dies ist ein nicht erbetener Ratschlag, aber: Wenn Ihr nicht achtgebt, wird sich die Eidgenossenschaft schneller in einer “österreichischen Situation” wiederfinden als Euch lieb sein kann ! In Österreich hat auch niemand aufgepasst – nicht das Parlament, nicht die Regierung und nicht die Medien.
Ahnungslose Schreiberlinge
Ich weiß, dass es nicht ganz fair ist, alle über einen Kamm zu scheren, aber die meisten Medien sind – auf sich allein gestellt – nicht in der Lage, kompliziertere Sachlagen zu durchdringen (natürlich gibt es wie überall auch hier welche, die etwas cleverer sind). Manche wollen auch nicht klüger sein.
Ich habe keinen breiten Überblick über die Veröffentlichungen in Eurem Land, mir fällt zu dem Thema nur ein Artikel in einer gehobenen deutschen Tageszeitung ein, in der die heutige Situation der Schweiz ernsthaft mit der Großbritanniens im Jahr 1992 verglichen wurde, als das Britische Pfund abwerten und aus dem EWS herausgenommen werden musste.
Man könnte viel dazu sagen, wenn es der Mühe wert wäre. Die Feststellung, dass die heutige Situation der Schweiz völlig konträr ist, sollte hier ausreichen. Dem Franken droht keine Abwertung, sondern eine Aufwertung, sollte das Referendum durchgehen. Wenn, dann wetten die Spekulanten darauf, dass die SNB nicht in der Lage sein wird, die selbstgelegte Marke von 1,20 zum Euro zu halten und dass der Franken wertvoller wird.
(Ich persönlich wäre mir bei einer solchen Wette nicht so sicher, weil die SNB praktisch unlimitiert eigenes Geld drucken kann und weil die anderen Zentralbanken der SNB helfen werden, überschüssige Euros in andere Devisen zu verwandeln. Der SNB wurde schon in den vergangenen drei Jahren von außen dabei geholfen, und das wird weiter so sein.)
Ich habe dieses Beispiel des Artikels lediglich gebracht, um zu illustrieren, dass die meisten Medien – wahrscheinlich auch die Schweizerischen – nur wenig Ahnung haben, worüber sie schreiben (wenn man jeden Tag über etwas anderes schreibt, kann es auch nicht anders sein).
Umso wichtiger wäre es, dass sie sachkundigen Leuten eine Tribüne geben, auf der diese ihre Agrumentation entfalten können. Das sollte freilich für beide Seiten der Diskussion gelten.
Die Druck-Orgie
In diesem Sinn lohnt es sich für die Eure Stimmbürger, sich nicht nur auf die Zeitungskommentare zu verlassen, sondern einen Blick auf die Argumente zu werfen, die Eurer Nationalbankchef gegen die Initiative anführt. Zm Beispiel hier.
Im Zentrum der Auslassungen Thomas Jordans steht seine Sorge, dass die Flexibilität der SNB bei ihrer Geldpolitik und bei der Anlage ihrer Reserven beeinträchigt werden könnte. Er fürchtet, dass ein Gesetz nach dem Wunsch der Initiatoren dazu führen könnte, dass “der Goldanteil stetig stiege und die Bilanz irgendwann fast nur noch aus Gold bestünde” und dass die Bilanz dann nicht mehr unter die Grösse, die durch das Gold definiert ist, reduziert werden” könnte. Liquidität könne man dann “nur noch durch die Ausgabe sogenannter SNB-Bills entziehen, auf denen die Nationalbank Zinsen zahlen muss”, meint er.
Um seine Aussagen bewerten zu können, muss man wissen, dass die SNB unter Jordan und seinem Vorgänger ihre Bilanzsumme in drei Jahren fast verdoppelt hat – von 274 auf 490 Mrd. Franken; und dass sie mit all den neuen Devisen in ihrer Bilanz auch ein größeres Risiko eingekauft hat. Das geschah, um den Franken an den Euro zu binden und zu verhindern, dass der SFr stärker als 1,20 wird (und z.B. die Parität mit diesem erreicht).
Die SNB kaufte mit “frischgedruckter” Schweizer Währung große Mengen von Euros an, was zur oben erwähnten Aufblähung der Bilanz führte. Weil sie aber kein Gold zukaufte, hatte das zur Folge, dass dessen Anteil an den Aktiva von 15,8 Prozent (2010) auf 7,2 Prozent (2013) gefallen ist.
Dadurch ist über den Häuptern der Schweizer ein überhängendes monetäres Schneebrett entstanden, das jederzeit abbrechen und zu Tal donnern kann. Die – sofort abrufbare – Notenbankgeldmenge ist im fraglichen Zeitraum von knapp 90 auf 383 Mrd. Franken explodiert. Relativ – in Bezug auf die Größe der Wirtschaft -, ist die Bilanzsumme der SNB dreimal so groß wie die der US-amerikanischen Notenbank. Das ist vermutlich Weltrekord.
Die SNB erwidert auf derlei Einwürfe, dass die Inflation in den vergangenen Jahren nur ein Prozent betragen habe und dass die Teuerung noch nie so niedrig gewesen sei wie zuletzt.
Abgesehen davon, dass die Inflationsrate nicht zuverlässig misst, wie hoch die echte Teuerung für die Bürger ist, ist der Eindruck, dass die Kaufkraft des Franken stabil ist, höchst notwendig.Ohne die rituelle Beschwörung einer stabilen Kaufkraft wäre ein Kurs wie der der SNB nicht möglich.
Verschwände der Eindruck der Geldwertstabilität aus den Köpfen, würde sich das Buchgeld rasch auf die Suche nach Sachwerten machen und das monetäre Schneebrett über Euren Köpfen würde sich lösen.
Das frischgedruckte Geld zeigt sich aber nicht nur im Verbraucherpreisindex des Bundesamts für Statistik, sondern zum Beispiel auch auf Eurem Häusermarkt. Die steigenden Immobilienpreise sind nicht nur eine Folge der vergebenen Kredite, sie zeigen auch die Liquidität, die unverzinst auf der hohen Kante liegt.
Bezeichnenderweise haben sich in den vergangenen drei Jahren gar nicht einmal so sehr die Banknoten vermehrt. Der Banknotenumlauf ist von 51,5 auf 65,8 Milliarden 2013 gestiegen. Das sind 28 Prozent.
Euer Buchgeld ist dagegen explosionsartig in die Höhe gegangen. Bei den Giroeinlagen handelt es sich wie bekannt um eine Schuld der SNB gegenüber den Banken, die bei Bedarf sofort in Papiergeld umgewandelt werden muss.
Sie sind nicht verzinst und das ist sicher sehr angenehm für die SNB. Es ist aber nicht die Norm. Vor drei Jahren hatte die SNB auf ihrer Passivseite noch beträchtliche Schuldverschreibungen – ohne dass sie dadurch in eine “instabile Situation” geraten wäre, wie das Jordan heute befürchtet.
Echter und ein falscher Bremsklotz
Beim Argument, dass ein absolutes Verkaufsverbot für Gold ein Bremsklotz für den Versuch einer “Bilanzverkürzung” sein könnte, hat Euer Zentralbanker prinzipiell recht, aber seine Aussage ist ein rein theoretisches Statement. Notenbanken haben bisher nur in Ausnahmefällen eine solche Bilanzverkürzung vorgenommen und wenn, dann war das nur vorübergehend der Fall. Das Business as usual von Zentralbanken ist durch eine kontinuierliche Ausweitung ihrer Bilanz in kleinen Schritten gekennzeichnet, im Gleichschritt mit der (gewollten) “Inflationierung” der jeweiligen Währung.
Hier ist, was ich als “Business as Usual” bezeichnen würde. Es ist ein Chart mit der Bilanzsumme der EZB von 1999 bis Ende 2013. Er zeigt bis 2008, was ich Normalbetriebsmodus für eine Zentralbank nennen würde. Die Bocksprünge danach sind “Finanzkrise” und “Eurorettung”.
Warum ist Jordans Aussage nun ein “rein theoretisches Statement” ? Weil sich das von ihm angedeutete Problem für die SNB nicht ergeben wird.
Das hat damit zu tun, dass der 20-Prozentanteil Gold ja erst in 5 Jahren erreicht sein muss und dass sich die geschilderten Probleme nur ergeben würden, wenn die SNB zu diesem Zeitpunkt eine Verkürzung ihrer Bilanz versuchen würde.
Wenn es die SNB bis dahin aber nicht geschafft hat, wieder normale Verhältnisse herzustellen und substanziell Euros und Dollars zu verkaufen, wird sowieso nichts mehr draus. Im Geheimen hab ich ja den Verdacht, dass die SNB selbst genau weiß, dass das nicht der Fall sein wird, dass sie derlei aus politischen Gründen aber nicht sagen kann…
Wenn Jordan keine 1.500 Tonnen kaufen möchte wie er das heute tun müsste, bräuchte er die Bilanz nur einer Schlankheitskur unterwerfen. Die verlangten 20 Prozent sind nicht viel mehr als eine Rückkehr zum Status Quo von 2010, dem Jahr bevor man begonnen hat, wie wild neues Geld ins Leben zu rufen.
Die echte Beschränkung der Handlungsfreiheit liegt nicht darin, dass die SNB dadurch gehindert würde, “Papierdevisen” zu verkaufen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Beschränkung besteht darin, dass man nicht mehr so einfach die Geldmenge ausweiten kann wie in den vergangenen Jahren.
Behinderungen würden also nicht bei der Schrumpfung, sondern bei der Expansion der Geldmenge auftreten. Das ist der Sinn hinter der negativ gemeinten Formulierung von den “goldenen Fußfesseln”. Fußfesseln sind es – ja, aber welche für die weitere Schaffung von ungedecktem Papiergeld.
Wenn es der SNB um die “Beschränkung der Handlungsfreiheit” an sich gehen würde, hätte sich die Bank 2011 nicht auf den sogenannten Euro-Peg einlassen dürfen, weil es wohl keine stärkere Beschränkung der Handlungsfreiheit gibt als zwanghaftes Gelddrucken um den Wechselkurs halten zu können.
Auch praktisch gesehen wäre die Vorgabe der Initianten kein Problem für das Management. Das Reservemanagement der Bank ist durchaus fähig – das hat sich in den vergangenen Jahren dadurch gezeigt, dass es den Mix seiner Devisenreserven weitgehend unverändert halten konnte – trotz der “widrigen Umstände”. Da wird die SNB es doch schaffen, ein paar zusätzliche Prozentpünktchen Gold auszubalancieren !
Ist man erst einmal bei den 20 Prozent angekommen, gibt es keinen wirklichen Grund, warum die SNB im Gleichschritt mit der Ausdehnung ihrer Devisenreserven – und Notenbankgeldmenge – nicht kontinuierlich Gold zukaufen sollte. Und wenn es zu einem bestimmten Zeitpunkt einmal 23 oder 24 Prozent sein sollten, ist das auch kein Malheur, weil die SNB nicht gesetzlich gezwungen ist, noch mehr zu kaufen. Man müsste nur ein, zwei Jährchen pausieren.
“Ein guter Marktpreis”
Bemerkenswert ist auch folgende Äußerung Jordans: “Vor zwei Jahren war Gold für 54 000 Franken pro Kilogramm erhältlich, heute liegt der Preis bei 36 000 Franken. Das unterstreicht, wie volatil der Goldpreis ist.”
Das ist eine nur formal richtige Aussage, die daran krankt, dass sie mehr verbirgt als verrät. Es ist zwar richtig, dass der Goldpreis seit 2005 eine regelrechte Berg- und Talfahrt hingelegt hat und dass er in den vergangenen beiden Jahren gefallen ist.
Ich nehme es dem SNB-Obersten aber nicht ab, dass er das guten Glaubens gesagt hat und dass er nicht weiß, woher diese “Volatilität” kommt – nämlich von den handelnden Zentralbanken des US-Dollarsystems. Die haben nicht nur die Preisstürze der vergangenen Jahre, sondern vermutlich auch die (kontinuierlichen) Preisanstiege in den Jahren davor orchestriert.
Dass es organisierte Eingriffe in den Goldpreis gegeben hat/gibt ist eine statistisch belegbare Sache und Dimitri Speck bringt gute Argumente dafür, dass die Verursacher Zentralbanken waren.
Dass der “Einbruch des Goldpreises” im vergangenen Jahr zwangsläufig zu einem Entfall der Dividende für 2013 geführt hat, ist im Übrigen eine oberflächliche Darstellung, auf die man nur antworten kann: “Würde die SNB Gold anders bilanzieren, etwa so wie die EZB, hätte der Goldpreis keine Auswirkung auf den Jahresgewinn und die Ausschüttung.”
Grundsätzlich ist es aber richtig, dass Gold 2013 deutlich gefallen ist – weil die Notenbanken, die diesen Preis lenken, dies so haben wollten. Die SNB ist eine von diesen – und nicht die unwichtigste, weil die Schweiz ein Bankenzentrum und das “Gastgeberland” der BIZ ist.
Schweizer Zentralbanker sitzen traditionell im Board der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) und befinden sind damit ganz oben in der monetären Informationspyramide der Zentralbanken, wo die eigentlichen Kapitäne der Finanzwelt zu finden sind.
Als solche entwerfen die Zentralbanker langfristige Pläne, unter anderem auch zum Goldpreis. Niemand anderer als sie weiß über die wahren Verhältnisse am physischen Goldmarkt Bescheid oder z.B. wann und wie stark wichtige Zentralbanken ihre Reserven neu valuieren – wie z.B. die EZB zum Euro-”Systemstart” 1999.
Wenn die SNB aber über den langfristigen “Fahrplan” für den Goldpreis Bescheid gewusst hat/weiß, wiegt der historische Schlag ins Wasser, den sie sich beim Verkauf ihrer 1.550 Tonnen Gold geleistet hat, umso schwerer.
1.300 Tonnen hat die SNB von 2000 bis 2005 verschleudert, als die sogenannte Goldhausse noch gar nicht in die Gänge gekommen war - zu einem Durchschnittspreis von 15.600 Franken pro Kilo.
Ein paar Jahre später hätte gut das Dreifache davon erzielt werden können – nämlich mehr als 50.000 SFr. Deswegen ist den Schweizern ein Gewinn von mehr als 45 Milliarden Franken entgangen. Das ist keine Erfindung von Blocher oder sonstwem, das ist so. Um das festzustellen, braucht man nur die Goldpreise der vergangenen 15 Jahre und einen Taschenrechner.
Ich will dieses Thema hier nur streifen, weil es anderswo sicher bereits zur Genüge abgehandelt worden ist. Mich ärgert nur die Aussage Jordans: “Das Gold wurde damals nicht verschleudert, sondern zu einem guten Marktpreis verkauft.” Das ist blanker Hohn gegenüber Leuten, denen man glaubt alles erzählen zu können. Weder kann von einem echten Marktpreis noch von “gut” die Rede sein.
Conclusio
Das, was die Gold-Initianten verlangen, stellt kein ernsthaftes Problem für die Geschäftstätigkeit Eurer Notenbank dar. Vielleicht für andere Akteure, aber nicht für die SNB.
Das wirft die Frage auf, warum sich Jordan & Co. mit Händen und Füßen dagegen wehren und dazu würde mir eine Menge von Motiven einfallen. Ich kann viele von diesen Vermutungen aber nicht mit Fakten untermauern und das würde mir den Vorwurf eintragen, ich sei ein Verschwörungstheoretiker, der sich in haltlosen Anschuldigungen ergeht. Das will ich nicht.
Sagen wir einmal so: Interessengruppen in der Finanzwelt wollen nicht, dass die Schweizerische Nationalbank Gold zukauft und wer sich das Herumgetue um die Rückführung von 300 Tonnen Buba-Gold aus New York ansieht, ahnt auch warum: größere Mengen von dem Metall sind schlicht und einfach nicht aufzutreiben.
Für den Transfer nach Frankfurt werden angeblich sieben Jahre benötigt – eine Behauptung, die lächerlich ist.
(Viel Glück übrigens beim Versuch, Eure restlichen 300 Tonnen in zwei Jahren aus England und Kanada zurückzuholen !)
Nun glaube ich nicht, dass Euer Nationalbankpräsident von den genannten Interessengruppen bezahlt wird, aber das besagt nichts. Es reicht schon, wenn Jordan weiß, dass Schweizer Belangen bei Bedarf großer Schaden zugefügt werden kann. Dass das möglich ist, habt ihr in den vergangenen Jahren ja immer wieder erfahren dürfen.
Ist ein gewisser (Glaubwürdigkeits-)Punkt überschritten, hat noch jede Drohung den gewünschten Gedanken ausgelöst: die Frage, ob “es dafür steht”, also die Mühe und Gefahr wert ist.
Die Antworten, die die “monetären Behörden” beim Gold auf diese Frage geben, unterscheiden sich stark voneinander – je nachdem, ob das Metall für einen Rohstoff, oder als Basis für ein neues Finanzsystem angesehen wird. Es gibt gute Argumente dafür, dass es gerade für (kleine) Staaten der Mühe wert ist, weil in den nächsten Jahren eine weltweite Neuregelung der monetären Dinge ansteht.
Fast wichtiger als neues Gold zu kaufen, ist wohl, auf das Metall aufzupassen, das Euch noch verblieben ist. Dabei würde ich, wäre ich an Eurer Stelle, niemandem voll trauen. NIEMANDEM – nicht Eurem Parlament und nicht der SNB. Als gebranntes Kind würde ich z.B. den oben beschriebenen Verzicht, die Schweizer Goldforderungen separat auszuweisen, als Gefahrenzeichen werten.
Servus.
“Offenlegung”: Der Autor dieses Eintrags ist ein österreichischer Staatsbürger ohne jede öffentliche Funktion. Er hält Gold in Höhe eines fünfstelligen Betrags und einen vierstelligen Barbetrag in Schweizer Franken. Sein Nutzen aus einem Ja am 30. November würde sich in engen Grenzen halten.
Foto: Classical Numismatic Group, Inc., WikimedIa Commons
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