Selten war ein zehn Jahre altes politisches Buch so aktuell wie “The Shadow Party: How George Soros, Hillary Clinton, and Sixties Radicals Seized Control of the Democratic Party”. Dieser brilliant geschriebene und doch nach dem Schweiß unzähliger Arbeitsstunden stinkende Text erschließt sich einem heutigen in Europa lebenden Leser besser als bei seinem Erscheinen (er ist in den hiesigen Gazetten ohnedies ignoriert worden). Kurz gefasst lautet die These der Autoren David Horowitz und Richard Poe: Währungsspekulant George Soros hat die US-Demokraten für den progressiven Flügel des Globalismus eingenommen und die heutige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ist wenig mehr als eine bessere Handlangerin.
Der Titel erschien 2006. Er wurde offensichtlich in der Erwartung einer Kandidatur von Hillary Rodham Clinton für die Wahlen 2008 geschrieben.
Das Buch spielt im aktuellen US-Wahlkampf keine Rolle mehr, nicht weil es z.B. schlecht recherchiert wäre, sondern weil das Gesagte – wie Wirtschaftler es formulieren würden – seit damals eingepreist und von den berufsmäßigen Beobachtern jenseits des großen Teichs diskontiert worden ist.
Das bedeutet: Für die veröffentlichte Meinung sind die Verfasser nutters, politisch Verrückte, deren Vorbringen man ignorieren kann.
Das gilt bis zum heutigen Tag, bis zu dem eine Menge passiert ist, was Horowitz & Poe bestätigt, Soros Leaks inklusive – siehe z.B. hier.
Solch ignorante Haltung ist auch ein prinzipieller Fehler, weil sie ein Königsweg in eine selbst verschuldete Dummheit ist. Menschen tendieren dazu, partiell recht zu haben und Leute, die in der Sache A irren, haben oft die tollsten Einsichten á propos B.
Dies im Hinterkopf, ist es kein Problem sich den Text eines Mannes zu Gemüte zu führen, der George W. Bush mag, den Krieg gegen den Irak sowie den War on Terror unterstützt(e), den amerikanischen Exzeptionalismus und den Staat Israel bedingungslos verteidigt und der postuliert, dass ein Krieg legal sei, sobald er vom US-Kongress gebilligt wurde.
Er tut das alles, obwohl er seinen beiden wichtigsten Bezugsgruppen, dem realen US-Konservativismus und den wirklichen Israelis gewaltig entfremdet ist.
Seine, Horowitzens, tribalistische Loyalität gilt trotzdem dem jüdischen Volk und Leuten wie Soros wirft er vor, dass sie keine solche hätten. Leute dieses Schlags gefährdeten bedenkenlos die Existenz Israels.
Horowitz plädiert für Trump und er nennt alte neokonservative Kameraden, die dazu aufrufen, unter keinen Umständen den Donald zu wählen “abtrünnige Juden”.
Das muss für einen Renegaten selber eine Wohltat gewesen sein.
Denn auch der erste Autor des Buchs ist im Lauf der Jahre durch unterschiedlichste Wässerlein geschwommen – was seiner politischen Urteilskraft wohl kaum abträglich war.
Vor seiner Kehrtwende gehörte Horowitz der neuen Linken an und weiß daher besser als viele andere, wie (“verhinderte”) Revolutionäre ticken und was ihre Machtdispositive sind.
Der Mann kennt Saul Alinskys Regeln für Radikale und weiß, dass diese nicht an ihrer Kleidung oder ihrem Habitus zu erkennen sind, nicht zwangsläufig.
Hedgefondsmanager als Berufsrevolutionär
Ihm ist die Agenda des kulturellen Marxismus im Schlaf geläufig, von der Genderitis bis zur no borders-Ideologie und ihm ist bewusst, dass es sich um ein globalistisches Programm handelt, das die Menschen süchtig nach dem nanny state machen will, ohne dass dieser freilich ethnonationalistisch sein dürfte.
Wenig überraschend vergleicht er den Schöpfer der seit den 1990ern entstandenen Schattenpartei innerhalb der Demokratischen Partei mit dem Führer der russischen Revolution:
The architect and guiding genius of the Shadow Party, its Lenin—if one is careful with the analogy—is billionaire activist George Soros. Like Lenin, Soros excels at waging revolution from “above”—through manipulation of economic and political forces at the highest levels. However, Soros also resembles Lenin in his diligent cultivation of insurgent forces from “below.”
Durch Soros Wirken sei aus einem ursprünglich amerikanischen Partei-Typus eine leninistische Kaderorganisation geworden.
Bei den gekaperten Demokraten träfen sich zwei historische Tendenzen bzw. handelnde Kräfte: die Radikalen der 1968-Bewegung, die zu 08/15-Politikern geworden seien, ganz wie die Clinton oder Obama – die aber die skills von professionellen community organizers hätten und die Taktiken und Strategien aus den K-Gruppen der 1970er verwendeten.
Die zweite Kraft seien die Financiers und zwischen diesen beiden Armen nähmen Alynski & Soros das politische System in die Mangel.
Die einen finanzierten, während die anderen wirkliche oder angebliche Unterprivilegierte mobilisierten, das lange verschollene und plötzlich wieder aufgetauchte revolutionäre Subjekt.
Dass die demokratische Schattenpartei letztlich von den Geldgebern kontrolliert werde, gehe paradoxerweise auf eine Parteifinanzierungsreform (campaign finance reform) vor 15 Jahren zurück, schreiben Horowitz & Poe.
2002 wurden im sogenannten McCain-Feingold-Gesetz strenge Obergrenzen für politische Spenden eingeführt.
Als Folge sollen die Demokraten von philantropischen Geflechten á la Soros abhängig geworden sein.
By pushing McCain-Feingold through Congress, Soros cut off the Democrats’ soft-money supply. By forming the Shadow Party, Soros offered the Democrats an alternate source—one which he personally controlled. As a result, the Democrats are now heavily— perhaps irretrievably—dependent on Soros. It seems reasonable to suppose that from its inception, campaign finance reform was a Soros power play to gain control of the Democratic Party.
Die beiden letzten Kapital des Buchs sind der von Soros propagierten Globalisierung der “Umverteilungsdoktrin” via Währungsfonds sowie den Samtenen Revolutionen von Prag bis Tiflis gewidmet.
Bereits im fünften Kapitel deuten Horowitz & Poe die legalen Plünderungen an, die sich in den 1990ern in der ehemaligen Sowjetunion abgespielt haben und welchen Anteil Soros dran hatte.
Der kooperierte nicht nur eng mit der Außenpolitik Bill Clintons und Al Gores, sondern trat auch als Arbeitgeber von Jeffrey Sachs auf, dem Erfinder einer speziell auf der Linken kritsierten Schockpolitik, eines hier völlig zu Recht kritisierten Kurses.
Mithilfe der Harvard boys setzten russische Akteure unter Boris Jelzin eine Form von Privatisierung durch, über die unermessliche Reichtümer in die Hände von ein paar Russen und Nicht-Russen gelangten.
Es war der Anfang des Oligarchenunwesens und eines ganz speziellen Räuberkapitalismus, dem erst Putin & die Silowiki einen Riegel vorgeschoben haben.
Das, was damals passierte, kostete viele Millionen Russen das Leben.
Es ist wohl der tiefere Grund für einen Teil jener Feindschaft, die den heutigen Kremlherren im Westen entgegenschlägt.
Sowie der Ablehnung, die einer möglichen US-Präsidentin Hillary Clinton in Moskau zuteil wird. Der welthistorische Raubzug in der ehemaligen Sowjetunion fand unter tätiger Mithilfe eines demokratischen US-Präsidenten namens Clinton statt.
Das hat der rechte America Firster Horowitz geschrieben und deswegen wurde er erst vor wenigen Jahren erneut zum Stalinisten erklärt.
Literatur:
David Horowitz, Richard Poe, The Shadow Party. How George Soros, Hillary Clinton and Sixties Radicals seized Control of the Democratic Party, 2006
Richard Poe, How the Rockefellers created Hillary
Steve Sailer, The Rape of Russia Explained by Anne Williamson
Russia’s Road to Corruption (“Cox-Report”)
Bild: Jeff Ooi posted by LensMalaysia.com, Ali Shaker/VOA [Public domain], via Wikimedia Commons
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