Hätte es noch eines Beweises bedurft, machen die von Trump vorgelegte Steuerreform, sein Budget und deren mediale Abhandlung klar: Die Medien sind weder willens noch imstande, ein wenigstens grob ausgewogenes und vollständiges Bild komplexer Sachverhalte zu zeichnen. Dafür glauben sie zu wissen, wer gut und böse ist und welche “Experten” – oft voreingenommene Interessensvertreter – sie zu hören haben.
Vorbemerkung: Viel gäbe es zu den beiden Themenblöcken zu sagen und das Bild, das dabei entstehen würde, wäre ein differnziertes. Auf Basis der vorgelegten Zahlen ist jedenfalls unzweifelhaft, dass
- der neue US-Präsident Pentagon und militärisch industriellem Komplex im nächsten Jahr eine zehnprozentige Budgeterhöhung spendieren will, sowie dass
- er bundesstaatliche Mittel/Steuergeld für Sozial- und Gesundheitsausgaben kürzen möchte (wenngleich bei weitem nicht so drastisch wie die Medien suggerieren) und dass
- “seine” Steuersenkungen auch den einkommensstärksten Amerikanern zugute kommen. Überproportional viel, wenn man will – man müsste der Fairness halber nur dazu sagen, dass diese bereits heute überproportional viel Steuer zahlen.
***
Die markanteste Änderung in den neuen Steuertarifen betrifft wahrscheinlich die Unternehmensgewinne, deren Spitzensatz auf 15 Prozent mehr als halbiert werden soll. Dieser sagt aber
- nicht viel aus und betrifft
- einen im großen Bild nicht allzu bemerkenswerten Teil der Steuereinkünfte, siehe z.B. hier.
Es handelt sich um eine Art Nachziehbewegung gegenüber anderen Weltgegenden und ist im großen und ganzen ein Maketingschmäh. Nur in einem sehr eingeschränktem Sinn könnte man sagen, dass die geplante Mehr-als-Halbierung der Körperschaftssteuer “den Reichen zugute kommt”.
Etwas anders liegt der Fall z.B. bei der Senkung des Spitzensteuersatzes für individuelles Einkommen, bzw. der Abschaffung der Alternativen Mindeststeuer (AMT). Das sind Maßnahmen, die wirklich den größten Einkommensbeziehern zugute kommen.
Die Frage ist hier aber: Ist diese Steuersenkung sachlich angemessen bzw. fügt sie sich sozusagen harmonisch in ein Gesamtbild ein?
Sozial nicht harmonisch waren möglicherweise die Reaganschen Steuersenkungen in den 1980er-Jahren (hab sie mir nicht genauer angesehen).
Dieses Urteil lässt sich auf die jüngsten Steuervorschläge des Trump-Teams nicht ausdehnen. Nach diesen Vorschlägen zahlen sowohl die Einkommensstärksten als auch die Einkommensschwächsten weniger Einkommenssteuer.
Das sieht auf Basis der IRS-Zahlen von 2014 ungefähr so aus (jüngere sind keine vorhanden).:
In diesem Jahr haben knapp eine Million Großverdiener 704 Milliarden Dollar steuerpflichtiges Einkommen gemeldet, das mit 39,6 Prozent versteuert wurde; es entstanden daraus Einnahmen von 279 Mrd. Dollar.
2014 haben (statistisch) aber auch 111,4 Millionen US-Steuererklärer Einkommen(santeile) in Höhe von 1.296 Mrd. Dollar gemeldet, die mit 10 Prozent, also 129,6 Mrd. Dollar einkommensbesteuert wurden.
Um die Größenordnungen zu verdeutlichen hier eine kleine, selbst erzeugte Tortengrafik. Der volle Kreis repräsentiert die 1.402 Mrd. Dollar, die “der Bund” 2014 an Einkommenssteuern eingehoben hat.
Das heißt also, dass eine Million Einkommenssteuerzahler über einen Satz von knapp 40 Prozent doppelt so viel Steuer gezahlt hat als 111 Millionen Amerikaner, indem sie 10 Prozent ESt. abgeführt haben.
Man nennt das steuerliche Progression.
Sie ist der Grund, dass eine Steuerentlastung in Höhe von fünf Prozentpunkten am oberen Ende der Einkommensskala den “Reichen” so viel mehr Steuerersparnis brngt als eine ähnlich große am unteren Ende (im konkreten Fall würde die Senkung des Spitzensteuersatzes von 40 auf 35 Prozent den Einkommenstarken etwa 35 Mrd. Steuern ersparen – errechnet).
Nun bringt die von Finanzminister Steven Mnuchin geplante Vereinfachung des Steuersystems der unteren Hälfte der amerikanischen Steuerzahler ebenfalls substanzielle Ersparnisse, denn
Durch die Reform des Tarifs werden beträchtliche Teile der Einkommen von Geringverdienern nur mehr mit zehn statt mit 15 Prozent besteuert.
Profitieure sind hier Angehörige der verdienenden Untermittelschicht bis zu einem Jahreseinkommen von etwa 40.000 Euro (Alleinverdiener).Für Verheiratete kommt dazu noch ein erhöhter Absetzbetrag, der dazu führen soll, dass für die ersten 24.000 Dollar Jahreseinkommenn überhaupt keine ESt. gezahlt werden muss.
Wie stark die vorgeschlagenen Veränderungen dem darüber liegenden “Einkommenssteuerbauch” ( = der Mittelschicht) Ersparnisse bringen, kann hier ebensowenig beurteilt werden wie die Frage, ob sich auch der unterste Rand der Einkommensbezieher, die gar keine ESt. bezahlen, verändern wird.
Dieser Blogger weiß das nicht.
Er weiß nur, dass die Charakterisierung des Trump-Vorschlags als sozial einseitig unzutreffend und der Vergleich mit Reagan rabulistisch ist.
Was das Budget betrifft, so ist die Aussage plausibel. dass die Steuersenkungen zu einem vergrößerten Budgetdefizit führen werden.
Zwar ist Trumps Steuerreform theoretisch aufkommensneutral, ob man den Steuerzahlern in den Einzelstaaten allerdings die Möglichkeit nehmen wird, dort bereits geleistete Steuern geltend zu machen, darf bezweifelt weren.
Darüber hinaus wird mit unrealistisch hohem Wirtschaftswachstum gerechnet.
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.