behauptet der vor einer Woche zurückgetretene griechische Finanzminister wenigstens. Er hat dem britischen New Statesman ein telefonisches Interview gegeben und die Agenturen (Zeitungen) haben mit untrüglichem Instinkt die uninteressantesten Passagen herausgepickt: den Antagonismus, ja die Feindschaft zum deutschen FM Schäuble. Dabei gäbe es Aussagen, die mehr Aufmerksamkeit verdienen würden, etwa über die Vorgänge nach dem Abdrehen des Geldhahns durch die EZB. Folgende Darstellung ist eine wohl niemals entwirrbare Mischung aus Wahrheit und Lüge (Selbsttäuschung).
Dieses spannende Interview, das erste nach seinem Rücktritt, erschien als Bericht und Transkript, das hier nachzulesen ist. Es wurde vor dem für Athen demütigenden Abschluss der Verhandlungen am Montagmorgen geführt.
Ein zentrales Thema ist – wie könnte es anders sein ? – das Verhältnis zur Eurozone bzw. zur Eurogruppe, den Gläubigern seines Landes.
Varoufakis gibt zu Protokoll, dass er von Beginn weg einen Grexit für möglich gehalten hat und dass in seinem Ministerium vier oder fünf Leute versucht hätten, ein Szenario zu entwerfen. Es sei aber “eine ganz andere Geschichte, Vorbereitungen für ein ganzes Land zu treffen.” Er sei sich nicht sicher gewesen, den Übergang managen zu können, denn “der Zusammenbruch einer Währungsunion erfordert große Expertise, die wir in Griechenland wohl nicht gehabt hätten.”
Bei den Verhandlungen über das neue Paket/Reformprogramm hätten die Institutionen ein Katz- und Mausspiel mit Athen getrieben: “Wir sind in gewisser Hinsicht in eine Falle gelockt worden.”
Es habe aber keine Alternative zu Verhandlungen gegeben, weil die Syriza-Regierung gewählt worden sei um zu verhandeln.
Eine Zusammenarbeit mit Regierungen anderer verschuldeter Euro-Länder habe nicht stattgefunden, weil ein möglicher Erfolg Syrizas bei der Entschuldung “deren größer Albtraum” gewesen sei – schließlich wäre dadurch ihre eigene Unfähigkeit in dieser Sache offenkundig geworden (ich glaube Varoufakis diese Behauptung nicht).
Die Eurogruppe schildert er als eine im Geheimen agierende, extrem mächtige Organisation, die eingestandenermaßen über gar keine Rechtsbasis verfügt. Die Deutschen/Schäuble beherrschten diese Gruppe total. Potenzielle “Dissidenten” wie der französische Finanzminister hätten sich hinter diplomatischen Formulierungen verstecken müssen.
Nach der Abstimmung am 5. Juli, sagt Varoufakis heute, sei er für ein offensives Vorgehen gewesen. Er habe einen Euro-Ausschluss Griechenlands aber nicht auslösen wollen. Sobald die EZB aber den Geldhahn zugedreht und die Banken geschlossen habe, hätte die Regierung “aggressiv antworten sollen ohne einen point of no return zu überschreiten.” Er, Varoufakis, sei mit dieser Ansicht im Kabinett aber in der Minderheit geblieben. Man habe nichts tun wollen, um die EZB/EU zu provozieren.
Die “energische Antwort”, die Varoufakis nach eigener Darstellung wollte, hätte aus drei Komponenten bestanden: Die Ausgabe von Schuldverschreibungen, die die Liquiditätskrise hätte lindern sollen, ein Haircut für die von der EZB gehaltenen griechischen Staatsanleihen (nominal ca. 20 Milliarden, Anm.) und die Übernahme der Kontrolle in der Bank of Greece (das wäre zwar keine sofortige Währungsumstellung, aber ohne Zweifel Vorgänger und Auslöser eines Grexit gewesen, Anm.).
Nur zwei von sechs Personen im inneren Kreis um Tsipras hätten dieses energische Vorgehen unterstützt – und er habe die Anordnung bekommen, die Bankenschließungen konsensual mit der EZB vorzunehmen – was er auch gemacht habe, weil er ein Teamplayer sei und an “kollektive Verantwortung glaube” (haha). Sein Rücktritt sei nur die logische Folge gewesen.
“Ich habe das Kabinett ein Monat lang gewarnt, dass das passieren wird (dass die EZB die Banken schließen wird) um uns zu einer demütigenden Vereinbarung zu zwingen. Als es passierte – und meine Kollegen konnten erst gar nicht glauben, dass es passierte – wurde meine Empfehlung energisch zu reagieren, niedergestimmt.”
Nun, das ist Yanis’ Erzählung von den entscheidenden Stunden am vorvergangenen Wochenende und seine Art zu sagen: “Ich bin an dieser Verhandlungspleite nicht schuld.”
Was davon stimmt, was ausgelassen wurde und was Schutzbehauptungen sind, lässt sich schwer sagen. Take your pick !
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