Das gleiche Panikorchester, das die Wahlbürger bereits einmal hinter’s Licht geführt hat - vor 22 Jahren -, gibt jetzt vor, dass ein österreichischer Austritt aus der Union das Ende der wirtschaftlichen Welt wie wir sie kennen bedeuten würde. Das wäre aber höchstens dann der Fall, wenn die Alpenrepublik den heutigen Stand des Freihandels mit seinen Nachbarn, speziell Deutschland, rückgängig machte. Das ist aber extrem unwahrscheinlich. Der eigentliche Punkt ist: Das Kartell will keinen Präsidenten, den es nicht kontrollieren kann und übt sich deshalb in Gräuelpropaganda. NB zur Volksabstimmung ’94 und zur Sonderrolle Deuschlands.
Die Republik Österreich pflegt seit 1973 den Freihandel mit der damaligen EWG und seit 1.1. 1994 war/ist sie Mitglied im Europäischen Währungsraum (EWR).
Im theoretischen Fall, dass sich die Österreicher in einem Referendum für einen Austritt aus der Union entscheiden würden, würden die nach Artikel 50 von Lissabon zu führenden Verhandlungen an jenem Punkt ansetzen, an dem das Land Vollmitglied geworden ist.
Also beim EWR.
Was den Zugang zu den essentiellen Auslandsmärkten betrifft, gibt es im EWR aber kaum keinen Unterschied zum Status quo von heute.
Damit wäre ein Öxit-Österreich – rein rechtlich gesehen – in einer besseren Verhandlungsposition als Großbritannien, das vor seinem Beitritt 1973 natürlich nicht dem EWR angehört hat.
Theoretisch könnte die für Wien verhandelnde Regierung drauf bestehen, ganz aus dem Binnenmarkt auszusteigen, aber dann wäre sie ein Fall für das Irrenhaus.
Selbst die FPÖ, die ja angeblich drauf brennt aus der EU auszutreten, ist nicht so blöd. Die Freiheitlichen sind zwar pöhse, aber nicht selbstschädlich-dumm - oder glaubt jemand, dass die Blauen die ökonomische Integration mit dem Nachbarstaat im Norden torpedieren würden, einfach so?
Im Gegenteil: Vielleicht kommt in nicht allzu ferner Zukunft der Zeitpunkt, zu dem die Alpenrepublik mit einem souverän gewordenen Deutschland verhandeln muss, um den seit der Assoziierung 1973 gewohnten Stand der Arbeitsteilung erhalten zu können!?
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Nun könnte man sagen: Was würde sich groß ändern, wenn Österreich austreten, aber im EWR verbleiben würde – und diese Überlegung ist nicht ganz falsch.
Es gäbe sehr wohl ein paar leichte Nachteile, aber auch ein paar Vorteile. Am Nachvollzug großer Teile der EU-Gesetzgebung würde jedenfalls kein Weg vorbei führen.
Österreich hätte als einfaches EWR-Mitglied keine Stimme im EU-Ministerrat mehr und das wäre in der Tat ein großer Prestige-Verlust für unsere Politicos.
Sie würden in ihrer eigenen Selbstachtung sicher sinken, wenn sie künftig nicht mehr mit schwarzen Limousinen am Hintereingang des Lipsius-Gebäudes vorfahren können (zum Trost sei ihnen gesagt: interessiert schon heute kein Schwein).
Die reale Bedeutung, die die österreichischen Minister im Rat haben, ist nach der Einführung der Doppelten Mehrheit und der weitgehenden Abschaffung von Einstimmigkeits-Quoren sowieso massiv geschrumpft - siehe dazu z.B. den mit qualifizierter Mehrheit im Herbst 2015 gefassten Ministerratsbeschluss zur Aufteilung von nach Griechenland und Italien geströmten “Flüchtlingen”.
Damals fuhren die EU-Länder – Wien inklusive – einfach über die Višegrad-Staaten drüber und nicht einmal das Schwergewicht Polen konnte sie davor retten überstimmt zu werden.
Da kann man sich einmal ausmalen, was einer von 28 Staten, einer mit einer Bevölkerung von 8 Millionen im Ministerrat so ausrichten kann…
Auf der Habenseite stünde beispielsweise, dass Wien z.B. seine Außen-, aber auch seine Asylpolitik um einiges freier gestalten könnte als heute. Aber wollen wir das eigentlich?
Nachbemerkung, 2.12.2012, 10.00 Uhr: Wie die Österreicher vor der Abstimmung 1994 hinter’s Licht geführt wurden? Indem “im Wahlkampf” so getan wurde, als wären der Euro und die nachhher folgenden “zentralisierenden” Verträge von Amsterdam bis Lissabon ein ganz anderes Paar Schuhe. Die Volksabstimmer bestellten einen Binnenmarkt und bekamen einen EU-Staat, ohne dass sie noch einmal gefragt worden wären. Die besondere Rolle Deutschlands erwächst zunächst aus dessen besonderer Rolle als Außenhandelspartner, aber auch aus kulturellen/sprachlichen Gemeinsamkeiten.
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