Dies ist Teil 1 einer Mini-Serie, die sich mit dem Populismus befasst. Das ist ja eine beliebte abwertende Bezeichnung, die sich für politische Bewegungen eingebürgert hat, mit denen anständige Parteien nicht zusammenarbeiten dürfen. An sich scheint der Vorwurf gerade in einer Demokratie etwas seltsam zu sein, aber – ja: Populismus kann töten, beispielsweise Minderheiten oder künftige Generationen. Mein erstes Posting befasst sich mit dem Original aller modernen Populismen, einer Farmer- und Arbeiterbewegung in den USA, die auf der Linken unzweifelhaft als fortschrittlich qualifiziert würde.
Für die Gegenwart ist Populismus nur akzeptabel, wenn er in Lateinamerika stattfindet und die richtige Minderheit von der richtigen Mehrheit unterdrückt wird.
Die modernen US-amerikanischen Populisten haben seit Ende des 19. Jahrhunderts eine Reihe kurzlebiger Parteien ins Leben gerufen, denen u.a. ein Charakterzug gemeinsam war: Sie bedrohten das eingesessene Zweiparteiensystem, die viele Generationen überdauernde Teilung der politischen Macht zwischen “Demokraten” und “Republikanern”. Das sollte einen ersten Hinweis darauf geben, warum europäische Sozial- und Christdemokraten auf den - von ihnen unabhängigen – Populismus schlecht zu sprechen sind. Sie lehnen ihn natürlich nicht ab, wenn sie ihn selbst praktizieren.
Die originale amerikanische populistische Bewegung setzte sich vor allem aus Farmern und (weißen) Industriearbeitern zusammen, die sich z.B. von wuchernden Kreditgebern/Kapitalisten und monopolistisch agierenden Eisenbahnunternehmern unter Druck gesetzt fühlten (Getreidetransport) – Gruppen, die im heute üblichen Sozio-Speak als “Modernisierungsverlierer”, also Loser diffamiert würden. Sie wollten das, was 2015 Krethi und Plethi wollen – billigen Kredit (der Unterschied ist nur, dass die Zinsen damals wirklich hoch waren und nicht bei vier Prozent o.ä lagen).
Die Populisten verlangten eine Rückkehr zur alten Silberwährung wie es sie von der Unabhängigkeitserklärung bis zum amerikanischen Bürgerkrieg gegeben hatte. Die USA hatten zuvor einen Goldstandard adaptiert, der, wie die Populisten meinten, die Hochfinanz bevorzugte.
Eine der ersten Parteigründungen nannte sich übrigens Volkspartei, den Populisten gelang es aber nie, über eine Existenz als Störelement in einem korrupten Zweiparteiensystem hinauszugelangen. Es ist ihnen nie vergönnt gewesen, ihre angeblich besonders zerstörerische Wirkung in echten Machtpositionen zu entfalten.
Die nächste Teil dieser Mini-Serie widmet sich dem Fall Griechenland, wo der 1974 neu entstandene demokratische Staat über einen Zeitraum von nur drei Jahrzehnten zugrundegerichtet wurde. Die Täter waren aber keine bösen, außenstehenden, sondern gute innenstehende Populisten. Es waren die beiden griechischen Volksparteien PASOK und Nea Demokratia, die Bussi Bussi-FreundInnen unserer SPÖ und ÖVP.
Literaturauswahl:
Charles Postel, The Populist Vision, 2007.
Robert Johnston, The Radical Middle Class. 2003
Worth Robert Miller, A Centennial Historiography of American Populism. 1993
Foto: Geo. H. Van Norman, Springfield, Mass., Wikimedia Commons
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