Während die EU in den nächsten 15 Jahren alles tun wird um “bei sich daheim” den Ölkonsum zu unterbinden, dürften die eingesparten Mengen den Weg in die Volksrepublik und andere asiatische Wachstumsökonomien finden. Marktfaktoren müssen dabei keine Rolle spielen. Hiesige Politicos glauben, mit Lenkungsmaßnahmen die “freiwillige” Umstellung auf eine energiearme Gesellschaft durchsetzen zu können. NB zu Fossil-Pyromanen und Energiesklaven.
Vorbemerkung: Dieser Blogger geht davon aus, dass der Abschied von fossilen Brennstoffen, speziell vom Erdöl, in den nächsten Jahrzehnten ansteht, dass das infolge der Ressourcenerschöpfung passieren muss sowie dass es dabei keinen annähernd gleichwertigen Ersatz geben wird. Insofern besteht auf längere Sicht tatsächlich keine Alternative zu “alternativen Energiequellen”.
Diese erzwungene, echte Energiewende kann jedoch auf unterschiedliche Art erfolgen: beispielsweise über ein lang sich hinziehendes, symmetrisches phasing out, in dem genuine Commodity-Märkte und reale Ölpreise eine zentrale Rolle spielen; oder über ein globales Faustrechts-Szenario, in dem jeder Importeur nimmt, was er sich mit Gewalt verschaffen und wo jeder Exporteur nur behält, was er verteidigen kann;
oder eben über einen lang vorher vereinbarten, planwirtschaftlichen Ausstieg aus dem Ölzeitalter, bei dem eine Seite Vorleistungen erbringt, die die Lebensführung wenigstens einer Generation stärker beeinträchtigt als dies sein müsste.
Wie es aussieht, ist genau das das Basisszenario und als Vorleistungserbringer scheinen europäische Staaten auserkoren, wo drei Faktoren zusammenfließen:
- eine geringe eigene Produktion/Selbstversorgung bei Erdöl (letztere nimmt in der EU rasch ab; sie nähert sich – inklusive Norwegen – derzeit 25 Prozent an. Die der USA liegt bei deutlich über 50 Prozent ohne dass dabei in Rechnung gestellt würde, dass Kanada und Mexiko die größten Importquellen sind);
- die absolute Dominanz gewisser Ideologien, mit denen suggeriert wird, dass eine echte Energiewende ohne besondere soziale Kosten/Härten bewerkstelligt werden kann;
- sowie das Vorhandensein politischer Führer, die bereit sind, das Wohlergehen der eigenen Klientel für das (vermeintliche) Wohl des Großen und Ganzen, “der Menschheit” zu opfern.
Die drei Faktoren zeigen sich heute u.a. im sogenannten Klimaabkommen von Paris, in dem die höchsten Zusagen von Parteien kamen, die (auf organische Weise) die geringsten Beiträge für die Reduktion von Emissionen bzw. des Energieeinsatzes machen können – siehe u.a. hier.
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Das folgende Szenario beruht auf zwei Artikeln des in Australien lebenden Erdölanalytikers Matt Mushalik. Sie erschienen kürzlich auf Matts Internetseite crudeoilpeak.info und heißen Peak Oil in Asia (part 1) sowie Peak Oil in Asia and oil import trends (part 2). Speziell die abschließende Tabelle des zweiten Teils soll hier thematisiert werden.
Eine Ausschilderung dieses vereinfachten Modells mit peak oil weist insofern in die falsche Richtung, als kein klassisches PO-Szenario eines spitzen Fördergipfels, gefolgt von einem raschen Produktionsrückgang angenommen wird. Die Mushalik-Rechnung basiert auch nicht auf einer “außertourlichen” Beschleunigung des so genannten Export Land-Modells (ELM) Jeffrey Browns.
Die diesbezüglichen Entwicklungen der vergangenen Jahre werden einfach fortgeschrieben und das gilt für Mushaliks gesamtes Trendszenario bis 2031.
Mushalik führt lineare Projektionen auf Basis der Entwicklungen der vergangenen Jahre durch, ohne z.B. weiter nach Preis, Wirtschaftswachstum, Reserven/Ressourcen oder Öltypus (“gravity”) zu differenzieren. Das mag ein Problem sein – ist mit dem heutigen Stand der Analysetechnik/Computingpower aber nicht besser zu machen.
Die zentralen Erkenntnisse der Mushalik-Analyse sind:
- Asien wird bis in 15 Jahren um 11 Millionen Barrel pro Tag höhere Importe benötigen.
- Diese zusätzliche Nachfrage wird zum kleineren Teil durch eine Produktionssteigerung bei den Exporteuren aufgebracht (2,6 Mio. bp/d = +24 Prozent). Zu mehr als drei Viertel stammt das zusätzliche Angebot aber von Exporten, die bisher in andere Märkte geflossen sind (8,4 Mio. bp/d).
- Etwa 70 Prozent der solchermaßen “umgeleiteten” Ressourcen werden aus einer einzigen Weltregion – Europa kommen.
Der letzte Punkt lässt sich nicht genau beziffern, weil zwei (bisherige) Abnahmemärkte gleichberechtigt als “US, Europe” bezeichnet werden. Bemerkenswert ist immerhin, dass in diesem Modell 3,7 Mio. b/pd ausschließlich aus Europa abfließen (Exporte aus der früheren Sowjetunion und Westafrika).
Hier ein vereinfachter Nachbau von Mushaliks zusammenfassender Tabelle:
δ Bedarf | δ Prod. | Von anderen Importeuren | Herkunftsmärkte | |
Mittlerer Osten | + 4,4 | + 1,1 | 3,3 | USA, Europe |
Westafrika | + 1,2 | - | 1,2 | Europe |
Ex-UdSSR | + 2,5 | - | 2,5 | Europe |
(…) | ||||
Summe | + 11,0 | + 2,6 | 8,4 |
D’accord, das ist eine Extrapolation ohne weitere Annahmen über die Entwicklung von “Marktfaktoren” wie z.B. den Preis.
Doch die Geschehnisse in der wirklichen Welt legen nahe, dass politische Faktoren eine wenigstens ebenso starke Wirkung auf den Fluss der Ressourcen haben – zum Beispiel beim offenkundigen Versuch, die EU von der Erdölversorgung durch die Russische Föderation abzuschneiden; oder im Bestreben der Union, die Nachfrage in ihren Mitgliedsländern bestmöglich zu dämpfen.
Die von Mushalik vorgenommene Projektion könnte ziemlich einfach relativiert werden – indem man z.B. nachweist, dass Marktfaktoren wie der Ölpreis die aufgezeigten langfristigen Dynamiken substanziell geändert haben.
Dazu müsste der Preisrückgang der vergangenen beiden Jahre eigentlich Anschauungsmaterial genug bieten.
Nachbemerkung, 13.7., 17.00 Uhr: Fossil-Pyromane ist eine tolle Schmähung, muss ich zugeben. Sie ändert nur nichts an der Tatsache,
- dass die heutigen “Westlern” zur Verfügung stehende Energie via Maschinen/maschineller Infrastruktur einen lifestyle ermöglicht, der frühere Könige vor Neid erblassen lassen würde und dass
- die klassischen fossilen Treibstoffe dabei ein herausragend gutes Kosten-Nutzen(Aufwand-Ertrags)Verhältnis haben.
Die in einem Liter Benzin steckende Arbeit ist so groß, dass der Treibstoff selbst dann noch billig wäre, wenn er das Dreifache kosten würde.
Und der Aufwand, der getrieben werden muss, um diese Arbeit nutzbar zu machen ist um ein Vielfaches geringer als z.B. bei der Produktion einer vergleichbaren Menge von biofuel (siehe EROEI). Wenn man ein Pyromane sein muss um diese Wahrheit auszusprechen, bin ich eben einer .
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