Wien: Was uns das angebliche Bellen-Protokoll sagen kann

Erstens die Wahrheit, dass unser künftiger Bundesknazler ein “flexibler” (irritierender, bescheidener) Mann ist. Zweitens darf man davon ausgehen, dass die Aussagen authentisch - schlimmstenfalls ein wenig ungenau, dass sie aber abgestimmt sind, zwischen dem Präsidenten mit der Aversion gegen die österreichische Bundeshymne und dem Bundeskanzler in spe. So etwas liegt in der Natur von Limited Hangouts. NB zu – wieder einmal – Desinformation mit Wahrheit.

Das Gute an den Limited Hangouts ist, dass sich oft ganz, ganz viele Wahrheiten in ihnen verstecken (man muss sie “nur” als solche identifizieren)

Diese Wahrheiten – und das ist wieder schlecht – werden jedoch verwendet, um von einer im Hintergrund befindlichen anderen Wahrheit abzulenken.

Zum Beispiel, dass Knazler und Präsident für die Öffentlichkeit Ping-Pong spielen um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.

Wenn dem so wäre, würde ich als künftiger Regierungschef auch geich “Schwamm drüber” sagen, wenn mich der Präsident als irritierend bezeichnet hätte.

Aber irrritierend ist ja eh nicht schlimm.Welcher junge Mensch will nicht irritieren?

Wahrscheinlich tät’ ich mich sogar ärgern, dass der Nicht-Singer aus der Hofburg nicht noch deutlicher geworden ist.

Schließlich will ich ja, dass für die Menschen da draußen so klar wie möglich wird, dass wir nicht miteinander können – mein Sportsfreund und Präsident und ich.

Dass er die Menschen da draußen erinnert, dass ich opportunistisch bin, macht dagegen nix. Das wissen die Menschen insgeheim ohnedies und es schadet nicht, dass sie dran erinnert werden.

Kann eine Vorbereitung auf das sein, was sie zu gegebener Zeit eh mitkriegen werden.

Aber momentan ist’s schon gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß’.

Nicht einmal meine Freunde wissen meinen Namen.

Drum sind sie auch der Meinung, dass im Bellen-Protokoll “fast jeder einzelne Satz ein Rücktrittsgrund” für meinen Sportsfreund wäre.

Nachbemerkung, 26. 11. 2017: Es haben sich Kenner gemeldet, die besser informiert sind bei limited hangouts. Die Taxonomie muss mittlerweile gewaltig sein.

Ist mir aber, ehrlich gesagt, völlig egal ob das auch noch modifiziert, unecht, near oder sonstwas war.

Der Mechanismus, der oben beschrieben wird, ist der nämliche: Der Präsident spricht über den künftigen Regierungschef, aber er darf das nicht auf eine Art tun, wie einer auf der Gassen ausgeschrien werden tät’.

Weil die Diplomaten, die ihm gegenübersitzen, wissen schon wie er’s meint: Der grüne Präsi hat alle möglichen Vorbehalte gegen den türkisen Knazler, aber er kann ihn schlecht Arschloch schimpfen, wie er das vielleicht gerne tun würde.

Das gleiche findet – etwas komplizierter gestrickt – für die Öffentlichkeit statt, mit demselben Kommunikationsziel. Die Leute sollen wissen, dass der Sprecher den Angesprochenen nicht mag, dass er aber, weil Amtsperson, nicht so richtig über ihn herziehen durfte.

Das alles dürfte sogar der wirklichen Stimmungslage von Präsident Sascha entsprechen.

Hindert aber absolut niemanden daran zu kooperieren. Man nennt so ein Verhalten “professionell”.

Unabhängiger Journalist

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