Je suis Charlie, Dieudo et Robert

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Manuel “Charlie” Valls: Auftrittsverbot für antisemitischen Komiker

Ja, auch ich bin ein Charlie, aber – wie ich hoffe – eine andere Sorte als jene, die sich heute in Paris auf die Brust trommeln und in die Welt schreien, sie träten für die freie Rede ein. Diese Leute sind in meinen Augen Pseudo-Charlies, die für die Redefreiheit der einen, aber gegen die der anderen sind.

Charlies wie wir wissen, dass auch die beste Medaille eine nicht so tolle Kehrseite hat. Sie sind der Ansicht, dass in unseren (vorgeblich) freien Ländern Ansichten auch maßlos sein, provozieren und religiöse und politische Gefühle verletzen dürfen und sie wissen, dass das ein zweischneidiges Schwert ist. Im Namen der Freiheit verteidigen sie auch Äußerungen (Äußerungsmöglichkeiten), die für sich genommen witzlos sind, weil es dem Urheber offenkundig nur um die Provokation geht.

Diese unsere Haltung gilt für alle Meinungen und Religionen sowie deren Kritiker/Feinde gleichermaßen und sie bedeutet auch nicht, dass wir glauben, dass die freie Meinungsäußerung überhaupt keine Schranke haben sollte. Wer zu einem Mord aufruft, übt kein Bürgerrecht aus.

Und ja, menschliche Gefühle sind für uns auch ein Rechtsgut, aber leider – oder Gottseidank – eines, von dem sich objektiv nur schwer sagen lässt, ob es tatsächlich verletzt wurde oder ob dies aus anderen Gründen vorgeschoben wird.

Politisches und religiöses Empfinden kann von sich nur schwer behaupten, von rationalen Argumenten beleidigt worden zu sein und daraus den Anspruch ableiten, gegen Kritik/Widerrede geschützt zu werden.

Wenn in ihren Gefühlen Gekränkte glaubwürdig bleiben wollen, müssen sie darauf verweisen, dass sie von ungerechten, vielleicht von Beleidigungsabsicht getragenen und möglicherweise „extremen“ Ansichten anderer verletzt worden sind.

Das kann auch durchaus stimmen, begründet aber noch lange kein Anrecht auf staatlichen Schutz. Denn mein Recht nicht gekränkt zu werden konfligiert mit dem Recht der anderen, sich frei ausdrücken zu dürfen.

“In meinem politischen Buch“ besteht kein Zweifel daran, welches dieser beiden Rechtsgüter wichtiger ist. In einer freien politischen Gemeinschaft muss im Zweifel – also immer – die Redefreiheit klaren Vorrang haben. Das ist unabhängig davon, ob es sich im konkreten Fall um die Meinung einer Mehrheit oder einer Minderheit handelt (das ist sowieso im Fluss).

Das ist das Hauptmotiv, warum ich ein Charlie bin – aus prinzipiellen Erwägungen. (Aus praktischen Gründen halte ich das Verhalten bzw. die blauäugige Sorglosigkeit von Charlie Hebdo für ziemlich dumm und nachgerade eines Darwin-Awards für würdig).

Wenn extreme, polarisierende und verletzende Aussagen nicht staatlich geschützt sind, ist das gesamte Grundrechts-Klimbim des Westens keinen Pfifferling wert. Oma Müller und ihr Kaffeehauskränzchen erregen sowieso keinen Anstoß und brauchen daher auch kein Erstes Amendment.

Ist das oben Geschilderte nun auch die Meinung jener Heuchelbrüder- und –schwestern, die sich heute in Paris zum politisch korrekten Gedenken versammeln und die seit Tagen in ihren TV-Sendungen behaupten: „Ich bin Charlie“ ?

Sind diese Leute wirklich und wahrhaftig der Ansicht, dass die freie Rede heilig ist und ein „sakrosanktes“ Bürgerrecht darstellt, ja darstellen muss?

Das ist mehr als zweifelhaft. Das tägliche Agieren der versammelten Politiker und Medienleute straft eine solche Ansicht Lügen.

Das gilt für die Champagner- und Kaviarlinke und die von ihnen mobilisierten Jubelperser.

Es gilt aber auch für die rechten Merkozys , die mehr als alle anderen dazu beigetragen haben, den heutigen Vor-Bürgerkrieg ins Leben zu rufen. Durch die verfehlte Immigrations- und Integrationspolitik beispielsweise, die sie und ihre politischen Eltern über Jahrzehnte hinweg propagiert haben.

Wo waren und sind all diese wackeren Verfechter der Meinungsfreiheit, wenn es darum geht, Alain Soral in Schutz zu nehmen, sein Recht auf Redefreiheit und darauf, keiner willkürlichen Rechtsverfolgung ausgesetzt zu sein ?

Wo sind diese Leute, wenn sie sich gegen die Auftrittsverbote für den angeblich antisiemitischen Dieudonné M’bala M’bala stemmen müssten ?

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Dieudonné

Der Mann ist ein bretonisch-kamerunischer Aktivist und Satiriker, der nach seinem eigenen Verständnis Antizionist ist und der sich in seinen Programmen regelmäßig über „die Shoah“ lustig macht. Wegen “judenfeindlicher” Aussagen und „weil er die öffentliche Ordnung gefährdet“, wurden und werden seine Auftritte untersagt – auf „Anregung“ des damaligen Innenministers und heutigen französischen Minisierpräsidenten Manuel Valls, der selbstverständlich am heutigen Schweigemarsch für die Redefreiheit teilnimmt.

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Quelle Wikipedia

Wer bitteschön hat protestiert, als dem Holocaustleugner Robert Faurisson von bis heute unbekannten Tätern der Kiefer gebrochen wurde ?

Faurisson ist im übrigen kein Rechter und schon gar nein Rechtsradikaler. Er ist irgendwie „apolitisch“. Er tritt definitiv gegen ein autoritäres Gesellschaftsmodell ein – er bestreitet „nur“, dass die Nazis eine systematische Judenvernichtung mithilfe von Gaskammern betrieben hätten (und versucht es auch zu begründen)  – was  ihm ein ziemlich schweres Leben beschert hat.

Warum, ihr großmächtigen Verteidiger der Redefreiheit, beschäftigt(e) dieser Robert Faurisson politisch agierende Richter und anonyme Schläger, nicht aber jene, deren verdammte Pflicht und Schuldigkeit es wäre, sich mit seinen Ansichten auseinanderzusetzen, die Historiker? Und wenn Faurisson irrt – was er zweifellos tut – warum darf er das nicht ? Wieso gelten im angeblich freien Europa 70 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus Gesetze gegen historische Irrtümer ?

Wo sind wir hier eigentlich und wer ist dafür verantwortlich, Herr Valls und Frau Merkel ?

Warum muss ein „Linksradikaler“ wie Noam Chomsky Faurisson in Schutz nehmen und laut sagen, was Euch Pack nicht über die Lippen komman mag ? Könnte es sein, dass für Euch die eine Redefreiheit gleicher ist als die andere?

Ich hätte da übrigens noch ein paar Dutzend Anwärter auf die Charlie-Rolle, unter anderem Edward Snowden, den zu beherbergen den europäischen Regierungen der Mumm fehlt, oder Dutzende Journalisten, die ihren Job verloren haben, weil sie die offizielle 9/11-Geschichte nicht mehr glauben konnten und kein Hehl daraus gemacht haben.

Und, ja natürlich, auch die russische Journalistin Anna Politkowskaja befindet sich darunter. Das war eine Frau, die 2006 ihren persönlichen Mut mit dem Leben bezahlt hat. Und auch jene russischen Journalisten, die vergangenes Jahr bei ihrer Berichterstattung in der Ostukraine getötet wurden.

Ich beende das jetzt aber bevor es langweilig wird. Die Fälle sind jeweils leicht anders gelagert und gehören auch nicht unmittelbar zum Thema.

Der ideelle Kern dieses Postings sollte so oder so klar geworden sein: Der Komplex Meinungs-, Medien- und Religionsfreiheit ist unteilbar. Wenn es erlaubt oder sogar erwünscht ist, antiislamische Stereotypen zu zeichen, gibt es auch keine legitime Handhabe gegen antisemitische Stereotypen (auch wenn es eine legale geben mag).

In einem demokratischen Rechtsstaat ist keine Einstellung, keine Meinung und keine Konfession im Vorhinein gleicher oder weniger gleich als die andere. Ob richtig oder falsch, gut oder böse – es muss erlaubt sein, sie auszudrücken. Wer das Recht verteidigt, Mohammed-Karikaturen zu zeichnen, aber zu Auftrittsverboten für Kabarettisten schweigt oder sie sogar initiiert, ist extrem unglaubwürdig. Punkt.

Foto: Briand, Wikimedia Commons, Résault Voltaire, Wikimedia Commons, Wikipedia

Unabhängiger Journalist

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