Amerikanische Milliardärs-Prepper aus der Sicht eines Digital-Gurus

Douglas Rushkoff, ein als Redner gefragter Modeautor, wurde vor etlichen Jahren von Stino-Milliardären (“low level billionairs”) über seine Einschätzung künftiger Technologie-Entwicklungen befragt, was in ihm eine Retraumatisierung cover_survival_riches_resizedvon in jungen Jahren erlebten Kränkungen ausgelöst haben könnte. Unser alternativ als Marxist oder Humanist posierender pundit malt in einem neu erschienenen Buch das Phänomen von sich auf einen gesellschaftlichen Kollaps vorbereitenden Tech-Milliardären, die den Feindbildern von Rushkoffs peer groupempathielosen Libertären und konservativen Trump-Fans – zum Verwechseln ähnlich sehen.

Das Treffen mit den fünf preppenden, ansonsten aber stinknormalen Hedge-Funds-Typen fand in einem Luxus-Retreat anscheinend in der Wüste von New Mexico statt, wohin Rushkoff mit viel Geld und halbseidenen Vorwänden (“Rede halten”) gelockt worden war.

Das publikationsauslösende Ereignis scheint freilich schon ein paar Jährchen zurück zu liegen, weil sich ein Poster namens NikoB daran erinnern will,

dass der Vorgang in einem “Podcast vor wenigstens acht Jahren” schon einmal thematisiert worden ist.

Aber egal – Rushkoffs Analyse hängt natürlich nicht vom genauen Zeitpunkt des heutigen “Buch-Aufhängers” ab.

Im Wesentlichen, behauptet der gute Mann, wollten sich die Luxus-Prepper jenem Zusammenbruch entziehen, den sie mit ihrem sonstigen CO2-trächtigen Agieren herbei führten,

und zwar nicht einmal unbewusst und ungewollt, sondern in vollem Bewusstsein und aktiv, weil das gewissermaßen zu Business-Plan & soziopathischem “Mindset” gehört:

Instead of just lording over us forever, however, the billionaires at the top of these virtual pyramids actively seek the endgame. In fact, like the plot of a Marvel blockbuster, the very structure of The Mindset requires an endgame.”

Um Rushkoffs Perspektive einzuordnen, ist es nützlich, sich an Geschehnisse von vor ein paar Jahrzehnten zu erinnern,

speziell an die Kindheit des Internetzes in den 1980ern und 1990ern, als der – eigentlich dem Militär entspringende – Cyberspace

eine noch irgendwie nicht-kommerzielle und herschaftsfreie Zone war (bzw. so empfunden wurde)

und große Hoffnungen auf ein ultimativ demokratisches Zeitalter weckte.

In dieser Ursuppe schwamm der junge Douglas, der sich in den Folgejahren anscheinend nicht an der “Kolonisierung” des Cyberspace durch Konzerninteressen beteiligte.

In derselben Brühe bewegten sich aber auch andere damals junge Digital-Nerds, die in den Folgejahren

den heute oft kritiklos angehimmelten Gründerfiguren des beginnenden Internetz-Zeitalters dienstbar wurden. Rushkoff widmet dieser Ära übrigens sein zweites Kapitel (“Mergers & Acquisitions”),

Soweit diese Erzählung korrekt ist, gereicht sie R. zur Ehre – und vielleicht hat ihn die Usurpation bzw. Urbarmachung des neu entstandenen digitalen Weiten Landes durch  corporations ja tatsächlich traumatisiert.

***

Leider vergisst R. in seinem Buch, auf ein paar rezentere unbequeme Wahrheiten einzugehen, beispielsweise, dass

  • die Internet-Konzerne es gewagt haben, sich auf verschiedene Arten in die US-Präsidentschaftswahlen 2020 einzumischen, durch die Bank zu Lasten eines Politikers, den (auch) R. verabscheut. Der offenkundige diesbezügliche Machtmissbrauch von Facebook, Twitter & Co. scheint dem soeben noch so engagierten Big Tech-Kritiker plötzlich völlig egal zu sein.
  • Rushkoff agiert auch sonst als verlässlicher Propagadist der (US-)demokratischen  Sicht der Dinge – ob es sich nun um die “Insurrektion” einer mit FBI-Lockvögeln durchsetzten Trumpisten-Menge im Jänner 2021 handelt, damit begründete Polit-Shows in Parlamentsausschüssen oder um die (implizite) Darstellung. dass der “Sieg”  Bidens  am 3. November 2020 supersauber war und ganz ohne verdächtige Begleitumstände zustande gekommen ist;
  • Weiter geht’s mit dem Treiben des “demokratischen” Trump-Nachfolgers, dem zwar die Wahl militaristischer Berater angekreidet, bei dem aber angelegentlich “vergessen” wird, dass dieser versucht hat, Einzelpersonen und Firmen über sg. mandates zu nötigen, (sich) einen nicht erprobten Impfstoff (ver)spritzen zu lassen; unser zum Viridioten mutierter Cyberpunk scheint keinerlei ideologische Probleme mit (quasi)staatlich erzwungenen Massen”impfungen” zu haben. Ihn stört höchstens, wenn das hierzulande verabreichte Zeug für Länder der sg. 3. Welt zu teuer ist (endlich mal ein wirklicher Vorteil!).

The result was, that the wealthiest countries got vaccinated, while the poorest ones were denied patent waivers to legally produce vaccine for themselves.”

  • Voll auf heutiger (nicht nur US-)Regierungslinie liegt R. auch in Sachen CO2-Warmismus und Klimakatastrophe – so sehr, dass er sich gar keinen anderen Prepping-Grund ernsthaft vorstellen kann. Dass er mit Klima-Wachelei und Viridiotismus gut mit dem sonst ständig kritisierten Schwabenklaus (© Jim Kunstler) zusammen passt, scheint den früheren Cyberspace-Guerillero nicht zu stören.
  • Wie kommt’s, dass unser die “Corona-Maßnahmen” befürwortender Theoretiker zwar die auf Kursgewinnen basierenden, “coronabedingten”  Vermögenszuwächse von Tech-Firmen und -Milliardären kritisiert, dabei aber mit keinem Wort die Federal Reserve erwähnt?
  • Rushkopp weist in Sachen “erneuerbare Energien ” durchaus kritische Ansätze auf – vornehmlich, weil er Windmühlen, Solarpaneele, Elektroautos etc. als  “techno-solutionistische” und “-utopistische” Pseudo-Lösungen ansieht, die vom “Mindset” aus reinen Profitmotiven gepuscht werden. Was passiert, wenn die dabei verheißenen Lösungen zur Aufrechterhatlung einer kontinuierlichen Elektrizitätsversorgung nicht funktionieren? Daran scheint unser Döskopp keine Sekunde lang gedacht zu haben (Hinweis:kein Cyberspace mehr).

Letzteres wäre für einschlägige Experten wie R. auf die Dauer natürlich ruinös.

Andererseits ist es nicht so selbstverständlich, dass R. das zeitnah tatsächlich mitkriegen würde.

Der Mann würde wahrscheinlich nicht einmal Verdacht schöpfen, wenn sich Kamala Harris ein Hitler-Bärtchen stehen ließe.

Douglas Rushkoff, Survival of the Richest: Escape Fantasies of the Tech Billionaires. 2022

Unabhängiger Journalist

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