Asyl-Keynesianismus ob der Enns

Der Keynesianismus ist Hokuspokus, der nur in Ausnahmefällen “funktioniert” – dort, wo seine Erfolgskriterien entsprechend definiert sind. Champion der Disziplin war bisher die Bauwirtschaft, die den Politicos z.B. einen doppelt so hohen Rückfluss des investierten öffentlichen Gelds vorgaukelteDas war gestern. Heute gibt es den Flüchtlings-Keynesianismus, der nicht einmal mehr den Anspruch erhebt, nennenswertes Wachstum zu erzeugen. Das Szenerio in Oberösterreich.

Es geht um 14.000 Asylwerber, die sich im Land ob der Enns in der sogenannten Grundversorgung befinden und die Folgen, die das für die lokale Wirtschaft hat (die Grundversorgung ist die erste Stufe des Prozesses).

Eine kürzlich vorgestellte Studie untersucht die regionalwirtschaftlichen Effekte der öffentlichen Ausgaben für Asylwerbende in OÖ.  Präsentiert wurde sie in Linz vom grünen Landesrat Rudi Anschober, der folgende unsterblichen Worte für sie fand:

Gelingt es uns jetzt im Zuge der Integration, auch von den mitgebrachten Fähigkeiten und Fertigkeiten zu profitieren und Nachqualifikationen für den Bedarf der Region und der Flüchtlinge zu verwirklichen, dann können wir aus der Fluchtbewegung eine echte Chance machen!“

Hauptziel von Studie und zugehöriger Politico-PK war die Darstellung der gegenwärtigen positiven Effekte, die die Asylanten auf die lokale Wirtschaft haben.

Das ging in die Hose, weil diese so mager ausfallen – selbst unter Hokuspokus-Bedingungen (den Studienautoren sei Dank, dass sie auf eine außertourliche Modellierung ihrer Modellrechnung verzichtet haben).

Das zentrale Ergebnis besagt, dass die in dem Bundesland untergebrachten Asylwerber 2015 und heuer öffentliche Ausgaben von 210 Mio. Euro verursach(t)en, und dass dadurch ein zusätzliches Regionalprodukt von 236 Mio. Euro erzeugt wird.

Die höchsten zusätzlichen Umsätze fallen v.a. in der Vermietung, im Handel und in der Bauwirtschaft an und es ist erstaunlich, wie gering die Belebung der edukativen Asylindustrie ist (Gegenteiliges wurde hier vermutet).

Damit erhöhen die Kosten für die Asylanten das Bruttoregionalprodukt um den ausgegebenen Betrag plus 26  Mio.Euro oder 12,4 Prozent. Technisch ausgedrückt, entspricht das einem Multiplikator von 1,12.

Ein solcher Wert ist selbst für herkömmliche öffentliche Infrastrukturprogramme ungewöhnlich gering.

Was ein Multiplikator ist

Jedenfalls ein zentraler Begriff der angewandten Variante des Keynesianismus.

Es ist ein Faktor, der angibt, in welchem Umfang sich ein ursprünglicher Impuls (aus dem Budget) in der Volkswirtschaft niederschlägt, Definition siehe hier.

Die Nullinie liegt hier eigentlich bei eins. Dieser Wert würde sich z.B. einstellen, wenn der Finanzminister den Landesbewohnern 210 Mio. Euro schenken würde ohne eine Gegenleistung zu verlangen, außer dass das Geld regional ausgegeben werden muss – ohne etwas zu sparen oder im Ausland zu erwerben. Dann würde das Bruttoregionalprodukt um 210 Mio. Euro steigen, per definitionem (und es gäbe eine nette Inflation).

1:1 ist freilich nicht, womit Generationen von Lobbyisten beim Staat vorstellig geworden sind und auch nicht, womit die Politicos ihre Freigiebigkeit mit Steuergeld begründen konnten.

Die über den Multipikatoreffekt erzielte zusätzliche Wertschöpfung liegt meist viel höher – angeblich.

Freunde expansiver Budgetpolitik machen beispielsweise geltend, dass üblicherweise

ein zusätzlicher Euro öffentlicher Investitionen (…) ein Wirtschaftswachstum von 1,30 bis 1,80 Euro (bewirkt).”

So etwas könnte sich z.B. dadurch ergeben, dass ein Teil der Summe in Investitionen geflossen ist, die die Produktivität erhöht haben oder dass Ersparnisse abgehoben (Kredit erzeugt) wurde, die in die regionale Wirtschaft geflossen sind.

Ein erfolgreiches Projekt ist z.B. das österreichische Programm für die thermische Sanierung.

Dort lag der Multiplikator bei 1,5  bis 1,7 was nur deswegen glaubwürdig ist, weil die Förderung zur Voraussetzung hatte, dass ein Mehrfaches an privaten Mitteln mobilisiert werden musste (vier bis acht Mal so viel).

Die Leute nahmen den Sanierungsscheck gern in Anspruch, weil die Investition gut war und sie sich etwas ersparen konnten (Energiekosten). Dieses Programm war (und ist) jedoch klein und für Keynesianische Programme nicht unbedingt typisch.Es ist das seltene Beispiel einer echten win-win-Situation.

Ein zweites Problem an Rechnungen wie in der Arbeit aus Linz ist, dass dabei Äpfel mit Birnen verglichen werden.

Tausche Steuern gegen Umsätze

Die staatliche Ausgabe liegt auf der Ebene des Gewinns (des Finanzministers) bzw. auf jener der Besteuerung von persönlichem Einkommen/Konsum (oder auch von entgangenen Transferleistungen).

Der Vergleichswert ist dagegen einem Umsatz ähnlich. Es geht um zusätzliche Mieteinnahmen oder Verkaufserlöse, von denen die (ersten) Nutznießer (höhere) Steuern zahlen und ihre Aufwände abziehen müssen.

Dazu kommt, dass im vorliegenden Fall nicht einmal eine “interregionale Umverteilung” stattfindet, bei der zum Beispiel anderswo eingehobene Steuern in die Grundversorgung ob der Enns fließen und die dortige Wirtschaft ankurbeln.

Das ist deswegen nicht der Fall, weil die Oberösterreicher überproportional viel in den Steuertopf einzahlen, aus dem die Kosten der Flüchtlingsbetreuung beglichen werden.

Oberösterreich ist innerhalb unseres Staatsverbands Nettozahler. Das Land erhält über den Finanzausgleich lediglich 56 Prozent der Steuern zurück, die oberösterreichische Firmen und Private entrichtet haben. Die Langfassung der “Transferkonto-Studie”, in der sich das findet, kann man hier.downloaden.

Auf unser Beispiel umgelegt heißt das, dass die Oberösterreicher für ihren “Asyl-Keynesianismus” (und mehr) selbst zahlen.

Dieser geht übrigens mit dem Ende der Grundversorgung und der Gewährung des Asylstatus weiter.

Weil ein großer Teil der anerkannten Asylanten von der Mindestsicherung leben (müssen/wollen), findet diese Form von Nachfragebelebungspolitik über den Konsum von Asylanten ihre Fortsetzung – zu Lasten derjenigen, die netto in den Steuertopf einzahlen. A propos sind die Kosten der Mindestsicherung in Oberösterreich in einem Jahr um 23 Prozent gestiegen.

Edit, 18.5.2016, 10.55 Uhr: Ein paar Vertipper ausgebessert und Faktor für die benötigten Privatmittel für die thermische Sanierung erhöht (waren zu gering – danke für’s Aufmerksammachen !)

Unabhängiger Journalist

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