Sie haben während der vergangenen 25 Jahre den Ton angegeben, die Babyboomer – Frauen und Männer, die zwischen 1940 und 1964 geboren worden sind. Aus dem von ihnen ersehnten wohl verdienten Ruhestand wird wahrscheinlich nix. Nur wenige Junge gedenken den sogenannten Generationenvertrag einzuhalten und führen dabei ein Argument an, das Beachtung verdient: Boomers seien wie eine Heuschrecken-Plage, bei der den noch ungeborenen Nachfahren die Haare vom Kopf gefressen worden seien.
Vorbemerkung: Folgender (bzw. ein ähnlicher) Text sollte ursprünglich erst nach der Vorstellung des Tögel-Buchs in Wien erscheinen. Er war zuerst als Rezension geplant.
Dieser Blogger hat sich nun im Termin besagter Veranstaltung geirrt, die einen Tag später erfolgt als angenommen.
Weil er sich im Text ungeplant aber auch auf zwei andere, schon länger erschienene Bücher bezieht, sieht dieser Blogger keinen Grund mehr länger zuzuwarten.
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Andreas Tögel zählt mit 60 Jahren zwar nicht zu den Jungen, aber zu den jüngeren Boomern – und er hat soeben ein Buch publiziert, das z.B. hier, bei Frank&Frei bzw. in der Teamstronachakademie erhältlich ist.
In ihm wird erneut erläutert, was in den vergangenen Jahrzehnten “schief gelaufen” ist –
von der Infantilisierung durch den Wohlfahrtsstaat über den Genderismus bis zur Willkommenskultur für sogenannnte Flüchtlinge.
Das zentrale Symptom der “Krankeit des Westens” sind für diesen Autor die Schulden, die seiner eigenen Generation entstammende Sozialisten aller Parteien den Nachfahren auf’s Aug drücken (eigene Hervorhebung):
Der laufende Staatsschuldenexzess läuft auf die unverantwortliche und hochgradig unmoralische Ausplünderung der Jungen und noch Ungeborenen zugunsten der Alten (Babyboomer-Generation) hinaus, die es nicht über sich brachte, ihren Hedonismus zugunsten der Produktion eigenen Nachwuchses, dessen Aufzucht natürlich Pflichten und Verzicht bedeutet, zu zügeln.”
Tögels Gesamtdiagnose hebt – durchaus plausibel – darauf ab, dass speziell in den Staatswesen westlichen Zuschnitts ein System entstanden ist, das Produktivität, Leistung und unternehmerisches Risiko systematisch bestraft;
wogegen Unproduktivität und Trittbrettfahren belohnt werden (u.a. mit der Folge, dass gut ausgebildete, mobile Junge massenhaft auswandern).
Dieser Blogger sieht, wohin das unweigerlich führt – aber er auch, dass das alles noch dauern kann, sowie dass Ayn Rands Schilderung der Flucht ins (originale, nicht-chilenische) Galts Gulch eine Utopie war (“Als Handlungsanweisung für erfolgreiche Absetzbewegungen von Freisinnigen taugt Rands Roman daher wohl nicht.”)
Feinde des Andreas Tögel, die sozialistischen Politicos aller “demokratischen” Parteien, haben das mit dem fehlenden Plan B inzwischen auch mitgekriegt und daraus geschlossen. sie könnten ihr Großes Spiel von der Umverteilung ohne zeitliche und sonstige Schranken fortsetzen – denn schließlich hätten Galt & Co. ja keine Auswanderungs-Alternative.
Das mag zutreffen oder nicht – überlebensfähiger wird das System dadurch mitnichten.
Oder allenfalls dann, wenn unsere Intellektuellen (“korrupte Staatsapologeten”) mit der Utopie recht behielten, wonach Ersparnisse & Defizite irrelevant seien und produktives Kapital sich problemlos durch einen Eintrag in eine Datenbank schaffen ließe.
Southerns Barbaren
Ähnlich wie Tögel sieht die 22-jährige Lauren Southern den Generationen-Sachverhalt.
Southern ist eine ideologisch nicht eingehegte freie Journalistin, weshalb sie von “liberalen Regierungen” gerne mit einem Einreiseverbot belegt wird.
Von ihren weltanschaulichen Gegnern, den etablierten Journos und deren Goderlkratzern, wird sie als rechtsextrem (“far right”) eingestuft – was, wie die Liebe, nichts als ein Wort ist.
Immerhin wird sie als islamophob geführt, was Southern nur insoweit akzeptiert, als sie Ängste vor dem politischen Islam als begründet empfindet (“Anti-Muslim sentiment makes you a Nazi? No, it makes you someone who wants nothing to do with a people who are Nazis in all but name.”)
Davon abgesehen, scheint die Frau sehr wohl einen Hang zur drama queen zu haben – ein Eindruck, der sich quasi automatisch einstellt, sobald nicht eingesperrte, gut frisierte Menschen Anfang 20 erklären, x, y und z hätten ihr Leben ruiniert.
Doch auch denen sollte man zuhören und wenn man das tut und dieses Buch liest, wird klar, dass die Autorin tatsächlich meint, dass nicht nur Moslems und Immigranten, sondern auch Babyboomer ihr Leben zerstört hätten.
Babyboomer, das sind für Lauren der übergeschnappte Englisch-Professor Frank Moran (!), der Examens-Fragen mit selbst verfassten Gedichten in horrender Orthographie versieht (“tenured hippie”);
aber auch Krawatten und Business-Kostüme tragende neocons in rechten Denkfabriken (“think tank fogies”), eine
coalition of spoiled legacy brats trying to be Superman, Christians trying to be Hobbits, and autistic econ majors trying to be John Galt.“
Die linken und rechten Globalisten, meint sie, stützten
ein System, das die um die Jahrtausendwende Geborenen enteignet (ihnen ihr Einkommen wegnimmt) um es den Baby-Boomern zu geben (als Sozialansprüche/entitlements) “
Das alles ist zwar ein bisschen schlampig gedacht, nicht besonders detailliert belegt, aber ziemlich lustig formuliert – ein Pamphlet eben.
Generation der Soziopathen
Enter Bruce C. Gibney.
Der ist 40+ (sein genaues Alter behandelt er vertraulich), Dotcom-Gründer bzw. -Verkäufer seiner Firmenanteile. Multimillionär, Jurist und Finanzinvestor.
Er hat 2017 ein Buch veröffentlicht, das sich wie eine auf jahrelange Ermittlungen gestützte Anklageschrift liest. Es heißt “Eine Generation von Soziopathen. Wie die Baby Boomer Amerika verraten haben.”
Gibney ist interessant, weil sachkundig – sobald er über finanzielle und demographische Statistiken schreibt (weniger, wenn er sich über Klima & Energie verbreitert; da scheint der Autor die politisch bzw. privatlebensweltlich entstandene Meinung zu vertreten, dass aus der Existenz des Klimawandels folgt, dass dieser menschengemacht wäre und dass dieser, zweitens, von den Menschen auch verhindert werden könne – “science”).
Etwas anderes ist es, wenn Gibney über Steuern, Schulden & Defizite, auf “unbestimmte Zeit verschobene Erhaltungsinvestitionen in die Infrastruktur”, “Boomer Finance” oder die “Löhne der Sünde” doziert.
Da ist der Mann sattelfest, obwohl nicht gerade von einem pathologischen Vollständigkeitsbedürfnis besessen (siehe unten).
Die Sorgfalt des Autors gilt übrigens auch dem label Soziopath, für das mit einer schulmedizinisch akzeptierten Definition aufgewartet wird.
Natürlich denkt der Schreiber in diesem Zusammenhang an kein Individuum wie shrinks es tun würden, sondern an ein Kollektiv – und wenn er “soziopathisch” sagt, meint er “krud egoistisch-konsumorientiert” und “extrem anti-sozial”.
Nach Darstellung dieses GenXers kontrollieren US-amerikanische Boomer seit den 1990ern Kongress und Regierung vollständig und haben in diesem Zeitraum alle Hebel genutzt, um auf Kosten der Nachfolgegenerationen selbst gut zu leben bzw.Lasten auf diese zu verschieben.
“Die US-amerikanischen Boomer” hätten über die von ihnen gewählten Politicos und deren auf kurze Frist angelegten Politiken
- das Wirtschaftswachstum verlangsamt (was übrigens zeitgleich auch in Europa geschehen ist).
- Als eine Folge davon seien – trotz Produktivitätsgewinnen – die Familieneinkommen kaum bzw. gar nicht mehr gestiegen.
- Im Vergleich verdienten die heute 25- bis 34-Jährigen um 20 Prozent weniger als (vergleichbare) Boomer und hätten ein um 50 Prozent geringeres (vermarktbares) Vermögen (natürlich inflationsbereinigt).
- Der Grund dafür sei, dass die Babyboomer nach abgeschlossenem eigenem Studium den öffentlichen Universitäten die Finanzierung entzogen hätten (“defunded”), was zu enormen Studiengebühren der privaten Colleges geführt habe.
- Verlottern habe man auch die materielle Infrastruktur lassen (Verkehrswege, etc).
- Die öffentlichen Schulden, eine “Bremse des Wirtschaftswachstums”, hätten sich wegen der “plague of generational locusts” auf 19 Billionen (2015) vervielfacht.
- Die neu aufgenommen bzw. eingesparten öffentlichen Gelder seien dorthin verschoben worden, wo sie der Generation genutzt hätten, Programme, die “nicht nachhaltig” seien.
- Obwohl bekannt sei, dass z.B. das aktuelle Pensionssystem (und Medicare und Medicaid) längerfristig dem Tod geweiht sind, hätten sich die Babyboomer gegen eine Reform gesperrt, auf Kosten der Jungen. Für jeden Dollar, den sie an Sozialbeiträgen eingezahlt hätte, verfüge die Kohorte über “mathematische” Ansprüche von 1,53 Dollar (“total entitlements”). Wie Gibney freilich selbst anmerkt, sind 41,5 Billionen davon als unfunded liabilities einzustufen, auf die keinerlei Rechtsanspruch besteht. Wann die wohl ausgezahlt werden ?
- Eine (Gegen)Reform habe dagegen bei der Deregulierung der Banken stattgefunden, auch und gerade unter der Ägide des “linken” Boomers Bill Clinton.
- Für mehr inter-generationelle Gerechtigkeit sollten Leute wie er selbst stärker besteuert werden (“Spitzensteuersätze waren in den Boomer-Jahren bemerkenswert niedrig”, p. 200 – schon korrekt, wenn man 49 Prozent als niedrig ansieht und sich an den 90 Prozent der Kriegsjahre orientiert).
Kurz: der Mann ist nicht nur kompetent, sondern auch ein Fan von demokratischen talking points (Gefängnissystem) sowie konfiskatorischer Besteuerung.
Gibney ist hier z.B. Andreas Tögel diametral entgegengesetzt – obwohl er sich mit diesem in der Beurteilung der Babyboomer trifft.
Dass die obersten fünf Prozent der US-Einkommensbezieher schon bei den “niedrigen Sätzen vor Trump” 60 Prozent aller (individuellen) Einkommenssteuern geblecht haben – siehe dazu die tax foundation, hier -, lassen Leute wie er (aber auch Normal-Journos) geflissentlich unter den Tisch fallen – das könnte nämlich das Gesamtbild stören.
Immerhin ist die Einkommenssteuer mit 41 Prozent Anteil das bei weitem größte “Finanzierungs-Tortenstück” der USA – siehe OECD revenue statistics.
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