Die CO2-Mär in Daten und Fakten

Politicos, Lobbyisten und Medien versuchen den Europäern einzureden, sie dürften zwecks Rettung der Welt nicht mehr so viel Kohlendioxid freisetzen – eine These, die durch einen schnellen Blick auf die Fakten ad absurdum geführt wird. Bei der Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls mochte ein solcher Gedanke noch einen Anflug von Plausibilität gehabt haben, denn damals stießen die Industrienationen zusammen noch 60 Prozent des Kohlendioxids aus. Heute hat sich das halbiert.

Wäre unseren Medien noch ein wenig intellektuelle Ehrlichkeit verblieben,würde sie über den Post-Kyoto-Prozess etwa auf folgender Basis berichten:

Wir glauben der Mehrheit der Klimawissenschafter, dass ein paar Zehntel Promille CO2 mehr in der Atmosphäre schlimme Folgen für das Weltklima haben wird. Wir lassen aber auch das Wissen einfließen, dass es heute nicht mehr im Ermessen der alten Industrieländer liegt, die weltweiten Emissionen (die CO2-Konzentration in der Atmosphäre) zu senken und helfen daher nicht mehr mit, amtierende Politiker mit zweckfreien Lobbyistenforderungen zu erpressen.

Eine solche Grundhaltung mögen frühere Medienleute noch gehabt haben – das ist bei einer bestimmten Sorte von engagierten Journalisten aber nicht mehr der Fall. Bei diesen handelt es sich nämlich um Campaigner im medialen Schafspelz (wobei üblicherweise der Informationsstand selbst der einfach gestrickten Campaigner nicht vorhanden ist).

Diese Journos glauben zu wissen, was die gute/richtige und was die schlechte/falsche Sache ist und auf dieser Basis berichten sie. In so wohliger Selbstgewissheit brauchen sie sich nicht mehr die Mühe geben, selbst zu verstehen oder darzustellen, was Sache ist.

Und doch ist genau das die Arbeit, für die sie bezahlt werden – und der Grund, warum ihrem Berufsstand alle möglichen hehren Funktionen für die Demokratie angedichtet werden.

Die Journos der genannten Sorte erfüllen diese Aufgabe aber nicht. Sie fühlen sich darüber erhaben. Deshalb müssen Kritiker stets bei Adam und Eva beginnen und banale Dinge thematisieren, die längst jedem Interessierten geläufig sein sollten. Beispielsweise, wo heute welche Emissionen entstehen.

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Hier ist eine selbst gemachte Tortengrafik, in welchen Weltgegenden 1990, im Basisjahr des Kyoto-Protokolls, die Emissionen entstanden. Die Zahlen dafür finden sich hier.

grafik_1990_3Hier ist etwas Vergleichbares für 2013 (ich habe diese Grafik bereits einmal hier verwendet).Anteil_Emissionen_5Zählt man jeweils Japan, Australien und Kanada dazu, kommt man für die alten Industrieländer auf etwa 60 Prozent damals und 30 Prozent heute.  Genau diese Länder – und nur diese – sind es aber, die in (bis) Paris konkrete Reduzierungszusagen gegeben haben – so, als käme es darauf noch an.

Die anderen – China an der Spitze – haben das in ihren INDCs nicht getan. Sie haben alle möglichen Verrenkungen gemacht und Wortgeklingel produziert, aber keine Reduzierungszusagen abgegeben.

Damit ist – unter gänzlich anderen Rahmenbedingungen – dasselbe Bild entstanden wie damals beim Kyoto-Protokoll. Dieser Vertrag wurde 1997 unterzeichnet und trat 2005 in Kraft. Die Welt des Kyoto-Protokolls sieht folgendermaßaen aus:

kyoto_map
Quelle: Wikimedia Commons

Die Länder, die für Paris wieder konkrete Kürzungszusagen gemacht haben, sind die früheren Annex 1-Länder (grün) plus die USA und Kanada (man kann ggf. auch die violetten Länder dazuzählen).

A propos: Die US-Regierung hat das Protokoll zwar unterzeichnet – dieses ist dort jedoch nie in Kraft getreten. Der Senat hat es nicht ratifiziert und gemäß einer von den US-Demokraten in Umlauf gesetzten Legende (die hierzulande nachgeplappert wird) waren daran einzig Bush und die Republikaner schuld. Die Zurückweisung der Abmachung durch ein per Verfassung dafür autorisiertes Gremium könnte sich beim Pariser Abkommen wiederholen.

Die amerikanische Ratifizierungsverweigerung

Der damalige Präsident Bill Clinton unterzeichnete Kyoto 1998 und das hat seinen Vizepräsidenten Al “Eine unbequeme Wahrheit” Gore sicherlich gefreut.

Zum Zeitpunkt der Unterschrift war freilich ziemlich klar, dass die USA dem Vertrag nie beitreten würden, denn

  • im Sommer 1997 hatte der Senat mit 95:0 Stimmen – also auch allen demokratischen – die sogenannte Byrd-Hagel-Resolution angenommen, in der verlangt wurde, dass auch die Entwicklungsländer – von denen sich schon damals etliche rasch industrialisierten -, einen Beitrag in Form bindender Ziele leisten müssten. Derlei fand nicht statt – 1997 nicht und auch nicht in den folgenden Verhandlungsrunden. Übrigens: Einer der Senatoren, die damals für Byrd-Hagel stimmten, hieß John F. Kerry. Der Mann ist heute Außenminister und naturgemäß ein Verteidiger des INDC der Obama-Administration (26 – 28 Prozent weniger Emissionen gegenüber dem Basisjahr 2005). Die Demokraten brachten den Vertrag damals im Oberhaus erst gar nicht zur Abstimmung – wie Barack Obama auch heute wenig Lust verspürt, im Senat über die Pariser Vereinbarung votieren zu lassen.

Kurz: Eurokraten und Europathen könnten auch diesmal wieder als einzige Seite übrig bleiben, die sich aufgerufen fühlt, den Vorgaben des INDC nachzukommen (die EU verspricht minus 40 Prozent gegenüber 1990) – obwohl das bereits der zweite Schritt wäre, der den Volkswirtschaften der Union ungleich schwerer fällt als vergleichbaren alten Industrieländern, siehe hier (vielleicht mit Ausnahme Japans).

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Womit ich die im Titel angekündigten Daten & Fakten hinter mir lasse und zum abschließenden Kapitel Bewertung & Beschimpfung übergehe:

Es gibt kein nachvollziehbares Argument, warum die europäischen Länder auf Basis der CO2-Story erneut die Musterknaben spielen sollten – denn der alte Kontinent spielt in Sachen Emissionen nur mehr eine marginale Rolle. Die Europäer könnten in Sachen CO2 auch dann kaum mehr etwas bewirken, wenn sie kollektiv zu atmen aufhören würden.   :-P

Wenn die europäischen Führer derlei trotzdem durchboxen wollen, verfolgen sie entweder eine versteckte Agenda oder man bedroht und zwingt sie dazu. Das schreit in beiden Fällen danach, das Gesocks zuerst aus seinen Ämtern zu werfen und dann vor ein ordentliches Gericht zu stellen.

Bild: Canuckguy, Danlaycock, Wikimedia Commons (Public Domain)

Unabhängiger Journalist

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