Gebrauchtwagenhändler haben mittlerweile ein besseres Image als “professionelle Journos” und das kürzlich erschienene Buch eines Medienmanns aus den USA führt das auf Voreingenommenheit, Inkompetenz, Faulheit und Korruptheit zurück – was man als ausreichend akzeptieren könnte, gäbe es am europäischen Festland nicht ein ähnliches Phänomen – ganz ohne Trump & “Acela-Medien”. Aber auch der schon etwas ältere Ansatz von Martin Gurri ist nicht ganz befriedigend.
Das neue Buch Krakauers (mit “k”) ist wahrlich nicht jenes eines Trump-Freundes
- nur dass der Autor die MSM für noch größere Deppen hält als den Protagonisten des “Apprentice”;
Trottel, die hart dran arbeiten, den ungeliebten Donald 2024 ein zweites Mal ins Amt zu holen.
Auch die progressive Justiz (in Form von DAs) hilft fleißig mit und man fragt sich, was eigentlich aus dem Polizeifoto von T. geworden ist, auf das einem sogar in europäischen Medien so viel Gusto gemacht worden ist.
An “you are fired” Trump selbst wird’s kaum gelegen sein.
Dem hätte die Chose wohl Spaß gemacht
und auch in der Wolle gefärbte US-Liberale hätten gern den “mugshot” eines erkennungsdienstlich behandelten Ex-Präsidenten durch die Weltpresse geistern gesehen.
Aber wahrscheinlich gibt es noch immer ein paar zurechnungsfähige Demokraten, die nicht riskieren wollten, dass sich das US-Elektorat noch nach eineinhalb Jahren an besagtes Bild vom März 2023 erinnert, zu allem sonstigen Überdruss (für die Anti-Trumpisten).
Aktuell produziert Steve Krakauer alle paar Wochen einen Podcast, in dem er die sg. Vierte Gewalt beobachtet (beobachten lässt), etwas, das der noch nicht einmal 40-Jährige auch in “Uncovered” leistet.
Genau genommen beginnt dieses Buch schon bei den MSM in den Obama-Jahren, also prä Donald Trump,
aber praktisch konzentriert sich der Text auf die vergangenen sieben Jahre mit DJT, die Vorwahlen ab 2015 und Biden-Aministration ab 2021 inklusive.
Wer die Vorgänge jenseits des Großen Teichs seit 2017 wenigstens aus den Augenwinkeln verfolgt hat, trfftt in “Uncovered” alte Bekannte wieder,
etwa den bekannten “provokanten” Covington-Boy und dessen Indianerhäuptlings-Funktionär - siehe hier und hier – oder einen schwulen Schwarzen, der, wie die MSM anfangs berichteten, von rechtsextremen Weißen mit trumpistischen MAGA-Kappen aus Hass zusammengeschlagen worden sei
- immer auf’s Neue unterhaltsam.
“Krak”, von 2010 – 2013 Producer bei CNN, war in jüngeren Jahren einmal selbst Angehöriger der Acela-Medien (die nach einer Schnellzugsverbindung von (u.a.) NYC nach Washington DC benamst sind).
Für K. sind die (Ex-)Kollegen weder generell schlechte Menschen noch Verschwörer, aber mitunter denkfaul & bequem – und nur vereinzelt bösartig, etwa, wenn eine (in)direkte Aufforderung ergeht, Werbeanzeigen zu “canceln” (“anti free speech”).
Krakauer, der für sein Buch Dutzende Interviews geführt hat, kennt Milieu und Strukturen des “Ostküsten-Journalismus” wie seine Westentasche
- und es gibt wenig Grund, an der Integrität seiner Darstellung zu zweifeln
(ebensowenig wie sich zu fragen, ob K. auch mit den “berufsständischen” Verhältnissen im deutschen Sprachraum vertraut ist.)
Warum dann trifft Krakauers Analyse auch auf die traditionellen Medien im deutschsprachigen Raum zu (bloß “mutatis mutandis” – denn es gibt hier keinen Trump und keine “autochthone und wenigstens ein paar Jahrhunderte zurück reichende Multiethnizität” wie in den USA)?
Und vor allem: Warum hat ein- und dieselbe Kaste, die jahrelang vor jeder wirklichen oder vermeintlich antidemokratischen Anwandlung Trumps oder der deutschen AFD gewarnt hat, geschwiegen, als
- Regierungen im Namen einer Pseudo-Seuche fundamentale Bürgerrechte faktisch außer Kraft setzten?
- “Experten” ihre angebliche Sachkenntnis verwendeten um wirkungslose bis schädliche “Maßnahmen” zu begründen?
- Bürger millionenfach gezwungen wurden, sich zweifelhaften “Impfungen” zu unterziehen?
Der in der Academia nach wie vor verzapften normativen Rechtertigungstheorie zufolge müsste die sg. Vierte Gewalt solch multiples Regierungsversagen wenigstens “problematisieren” (wenn schon nicht in der Luft zerreißen).
Zerrüttete Klassische Medien
Wer sich mit dem aktuellen Kreuz der technologisch heillos durcheinander gewirbelten Mainstream-Zeitungen vertraut machen will, liest bespielsweise das dritte Kapitel der vor eineinhalb Jahren erschienenen Media Disrupted.
Hier analysiert die eigentlich auf AV spezialisierte Kommunikationswissenschaftlerin Amanda Lotz das Print-Business
und auf welche Weise dieses durch Digitalisierung und Social Media in Mitleidenschaft gezogen wurde.
In mehreren Schritten habe die Digitalisierung dem altehrwürdigen tagesaktuellen Zeitungsgeschäft, einem Konglomerat aus Information, Spekulation, News und Journalismus die Existenzgrundlage entzogen,
indem sie zunächst eines von zwei wirtschaftlichen Standbeinen der Branche “weggesprengt” habe – nämlich das Anzeigengeschäft, das einen in die Tiefe gehenden Journalismus finanziell erst möglich gemacht habe.
In traditionellen Zeitungen habe es schon immer ignorierte, sozusagen strukturelle “Brandbeschleuniger” gegeben, beispielsweise die unpassende Bündelung eigentlich disparater Elemente in einem Produkt, dem aus mehreren sg. Büchern bestehenden “Diarium”.
Just as dry regions exist at the mercy of lightning strikes, for over a century newspapers could do little but wait and watch as technologies that allowed the more immediate relay of news and information eroded their business.”
Als zuerst die Digitalisierung und danach die Social Media die Bühne betraten, war das traditionelle Geschäftsmodell der Zeitungen passé.
Die bisherigen Anzeigenkunden verstanden schnell, dass die Streuverluste ihrer Reklame enorm gewesen waren
und dass sie pro futuro über Google und Facebook viel zielgenauer werben konnten
- mit der Folge auch der “Entbündelung” der Öffentlichkeit (wie dieser Blogger meint).
Während sich die Social Media gegenüber den teuren Apparaten, die Nachrichten und “Hintergrund” bzw. Ideologie produziert hatten, wie Parasiten verhielten,
seien in den Weiten des Internets Plätze entstanden, die spezialisierte Information besser (schneller, kompetenter etc.) abhandeln konnten.Die Arten, wie die Digitalisierung die vier in ihrem Buch analysierten traditionellen Medienindustrien zerrüttet habe (“disruption”; thematisiert werden in Lotzens Buch die Musikbranche, Fernsehen, Film und eben Print)
seien unterschiedlich – es gebe aber auch Gemeinsames – beispielsweise das für Print speziell verhängnisvolle “Unbundling”.
Die Antiquiertheit von Habermas & Co.
Zu allem Überfluss lässt sich zu den Themen klassische Medien und der von diesen produzierten “demokratischen Öffentlichkeit” auch noch Jürgen Habermas vernehmen, der dazu vor 60 Jahren das bis heute als maßgeblich betrachtete Standardwerk verfasst hat (eine bloße “Vorarbeit” nach Meinung des Greises).
Habermas hat zu den Effekten der Digitalisierung bzw. der neu entstandenen Plattformen nicht viel Neues bzw. neu Systematisierendes beizutragen,
man muss ihm aber anrechnen, dass sein Wiederauftauchen in einem sozialwissenschaftlichen Magazin nur bedingt freiwillig
und eher darauf zurückzuführen ist, dass er auf die Bühne gezerrt wurde und er seinen Beitrag verfasst hat, um wer weiß wem einen Gefallen zu tun.
Habermas Skizze zeugt jedenfalls von wenig “Problembewusstsein”, wendet er doch das von ihm mit entwickelte, “historisch wissenschaftliche” begriffliche Instrumentarium
auf eine gänzlich veränderte Situation an, in der auch die Öffentlichkeit sowie die gesamte deliberative Demokratie “disrupted” worden sind.
Dabei mag H. wie das sprichwörtliche blinde Huhn auch das eine oder andere Korn finden,
im Ganzen ähneln seine Einlassungen aber eher dem “US-demokratischen” Zerrbild ener neuen, nicht mehr steuerbaren. “irrational-amoralischen Öffentlichkeit”,
wonach die digitalen Plattformen zu Echokammern von Dunkelmännern und primitiven, ressentimentgeladenen “Rechten” mutiert sein sollen,
während die Lichtgestalten der Expertenschaft, die Wahrer “vernünftiger”, zwischen den Interessensgruppen verhandelter Regierungsprozesse Journos aus den verbliebenen MSM und mit diesen kooperierende Politicos seien – (ideal)typischerweise (Sozial)Demokraten.
Gurri
Als abschließende Pointe dieses Eintrags und weil’s so gut passt, sei hier an einen 2014 erstmals erschienenen und 2018 neu aufgelegten Text erinnert, The Revolt of the Public von Martin Gurri.
Vor neun Jahren war Gurris Buch durch Digitalisierung und Smartphone-Revolution einerseits und andererseits durch den Arabischen Frühling und dessen angebliche, hypermoderne Mobilisierungsformen geprägt.
Gurri sagt in seinem Text von 2014 voraus, dass der – letztlich im Sand verlaufende - Aufstand in Arabien auch den westlichen Regierungen ins Haus stehe und dass der Grund dafür das “Empowerment” (wie man heute formulieren würde) der Laien-Öffentlichkeit durch die Digitalisierung sei;
ein Empowerment gegen die eigenen Funktionseliten und deren Handlanger, zum Beispiel unterschiedlichste “Experten”, Journos oder staatlich finanzierte Wissenschaftler und Künstler.
Die zweite Auflage erschien zwei Jahre nachdem Donald Trump ins Weiße Haus eingezogen war und eineinhalb Jahre nachdem das britische Elektorat erklärt hatte, dass es der EU endgültig überdrüssig sei
- und wurde stante pede als hellsichtig gefeiert.
Das stimmt bis zu einem gewissen Punkt auch – die von Gurri beschriebene Digitalisierung disrumpierte nicht nur, aber speziell die “Öffentlichkeiten”.
die Revolten der Öffentlichkeit dies- und jenseits des Großen Teichs waren aber
- keine, wie viele “gauchistische Experten” sie erträumt hatten
- und sie waren – wie dieser Blogger behauptet – zum guten Teil vom Ancien Régime selbst angefacht (u. a. weil dessen Öffentlichkeit über Jahrzehnte selbst auf jede Menge fake news gesetzt hatte) .
Wenn, dann war es eine Revolte gegen den “Tiefen Staat”, der in den USA alles dran setzte, einen ungeliebten Präsidenten schnellstmöglich wieder loszuwerden und im UK eine Revolte gegen einen Gutteil der Politicos sowie gegen die City of London, die gern in der EU geblieben wären.
Wie u.a. das Coronnavirus-Verhalten von D.Trump und B. Johnson zeigte, waren die Revolten den angeblich von diesen profitierenden regierenden Rechts-Popos ganz und gar nicht geheuer.
Zwar mochten sie die Attacke auf den linksliberalen “politischen Konsensus”, waren aber weit davon entfernt, einer weiteren Zerfaserung der “public sphere” Vorschub zu leisten.
***
Lotz und Gurri haben also durchaus Ähnlichkeiten – wobei G. der stärker visionäre, “von weniger Sachkenntnis belastete” Autor ist.
Beide haben freilich keinerlei Zweifel daran, dass Digitalisierung, Smartphone & Internet sowie deren Folgen hierher gekommen sind um zu bleiben – im Guten wie im Schlechten.
Es ist dies eine Perspektive, die zwar weit verbreitet ist, die deswegen aber nicht zwingend realitätstüchtiger wird.
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