Der ungarische Premier Victor Orbán, Gottseibeiuns aller Glühenden Europäer (und ihrer ständigen Begleiter im abhängigen Journalismus) glaubt nicht, dass sich die EU bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise auf Ankara verlassen sollte. Wie bekannt, wollen die Braunen Nasen am 7. März mit den Türken gipfeln, um sich weitere Migranten vom Leib zu halten. Für Ankara ist der Preis heiß: Neben drei Milliarden Euro winkt die schrittweise Visafreiheit für 80 Millionen Türken sowie die diplomatische EU-Unterstützung für eine Flugverbots-/Schutzzone in Nordsyrien. NB zu Entscheidungen über die Köpfe des Volks hinweg.
Letzteres ist ein sehnlicher Wunsch des türkischen Präsidenten Erdogan, der bedrängte Verbündete zu versorgen hat.
Es ist etwas, das sich 2011 in Libyen famos bewährt hat. Damals beschloss der Westen eine Flugverbotszone um libysche Zivilisten zu schützen. Das war das Todesurteil für Diktator Gaddafi.
Blöderweise aber war es das auch für Hunderttausende Libyer. Die Lebensverhältnisse in dem einst (relativ) wohlhabenden Land sind heute eine einzige Katatsrophe. Libyen ist nun definitiv ein failed state. Von dieser Medizin ist auch für die Syrer noch ein wenig da.
Im Interview mit der Bild sagt Orbán (siehe hier und hier)
Wir betteln bei Herrn Erdogan (…) demütig um Sicherheit für unsere Grenzen, weil wir uns nicht schützen können.”
Kein EU-Land könne der Türkei die Aufnahme von weiteren Flüchtlingen ernsthaft zusagen. Die EU mache sich mit derlei Deals nur von den Türken abhängig (er selbst wird in Ungarn über die von der EU beschlossenen Quoten zur Verteilung von 160.000 Flüchtlingen abstimmen zu lassen).
Auch Orbán, dem aufgrund seines Zaunbaus uneuropäisches Verhalten vorgeworfen worden war, hat erkannt, dass sich die Union inzwischen zu einer Rechtsbeugungsgemeinschaft entwickelt hat. Sie habe eine Kultur des Vertragsbruchs entwickelt:
Die Maastricht-Kriterien, Schengen, Dublin – nichts gilt mehr.”
NB, 26.2.10016, 09 Uhr: Unabhängig davon, ob Orbán bei sich daheim wirklich eine so tolle demokratische Führungsfigur ist – folgender Satz aus dem Interview muss doch noch erwähnt werden: “Wir können nicht über die Köpfe der Menschen hinweg Entscheidungen treffen, die ihr Leben und das künftiger Generationen schwerwiegend ändern.”
Man frage sich, ob unsere heimischen Politicos einen solchen Satz sagen könnten – und wenn nicht, warum nicht. Hinweis: Weil sie das Über-die Köpfe der Menschen-hinweg-ändern selbst ständig tun – und sogar noch mächtig stolz darauf sind. Sind halt keine Populisten.
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