Während ein rechtsextremer französischer Essayist einen letzten Salutschuss zum seiner Meinung nach bevorstehenden Rassenkrieg in Europa feuert, stellt ein – auch schon toter – deutscher Professor das analytische Sezierbesteck für das Ende der Fossil-Ära ebendort bereit. Er will aber nicht Klartext reden. Was G. Faye im Überfluss hat, fehlt R. P. Sieferle – unbekümmerte Prognosefreudigkeit. NB zu Faye.
Guilaume Faye ist vergangenen März an Krebs gestorben und seine posthum erschienene “Ethnische Apokalypse”, die im französischen Originaltext “Rassen-Bürgerkrieg” heißt,
ist das Buch eines zur Polemik neigenden Autors, der gewissermaßen “immer schon so gedacht”, bis dahin aber stets ein Quäntchen Rücksicht genommen hat
- pragmatisch und lebensklug, weil er vorher noch mit ein paar Jährchen “Restlaufzeit” rechnen musste.
Das fällt in diesem seinem letzten Buch weg, weswegen dieses sein “dunkelstes” und “ehrlichstes” sei, wie ein “Kamerad” schreibt.
Faye rechnet mit einer baldigen rassischen – manchmal ethnisch genannten – guerre civile auf europäischem Boden, wobei sich der Kampf radikal von den “relativ klar konturierten” historischen Bürgerkriegen, staatlichen und zwischenstaatlichen, unterscheiden werde.
Brutal wie nie zuvor werde es jedenfalls zugehen.
Der Autor sieht gegenwärtig eine neue Form von Landnahme am Werk, die völlig anders ist als die Eroberung Spaniens im frühen Mittelalter oder die osmanische Expansion in Südosteuropa in der Neuzeit.
Es gehe aktuell um eine religlös verbrämte Invasion Frankreichs bzw. ganz Europas, verbunden mit dem ethnozidalen Projekt der Auslöschung der hiesigen “indigenen Völker”.
An diesem Völkermord nähmen – außer salafistischem Klerus – die herrschende Klasse Europas Teil – meist (aber nicht nur) linke Politiker in den Hauptstädten und Brüssel -, dortige Beamte, Intellektuelle und Medienleute, aber auch US-Eliten, die europäische Konkurrenten loshaben wollten.
Justiz und Teile der Polizei seien in eine Art umgekehrtem Rassismus (eigene Worte) involviert, der “autochthone Europäer” strukturell diskriminiere und die oft nur als kriminell erscheinende arabische bzw. sonstwie tribalistische Landnahme dulde oder gar begünstige.
Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die hiesigen Indianer (eigene Worte) zurückschlagen würden und das wäre dann der Startschuss für den rassischen Bürgerkrieg in Europa, meint Faye.
Der könne von den Weißen zwar verloren werden, ein solcher Ausgang wäre aber noch immer besser als eine kampflose Unterwerfung.
Werde die guerre civile dagegen “von den Indigenen” gewonnen, müssten die fremden Invasoren, die nicht zu Europa gehörten, gehen – freiwillig oder erzwungen (“de-migration”)
Energiehistoriker Sieferle
Der gleichaltrige Rolf Peter Sieferle war, soweit diesem Blogger bekannt, nie Rassi(ali)st, weder nach eigenem Dafürhalten noch finden sich in seinen Schriften “belastbare Hinweise” drauf (er wurde freilich manchmal als solcher bezeichnet).
Anders als Faye kam S. eigentlich aus der Linken und im Unterschied zum oben besprochenen Franzosen war der Deutsche ein Berufsleben lang Lehrender an einer Uni – zwar marginalisiert, formal aber “in Amt und Würden”.
Irgendwann entdeckte ihn die intellektuelle Rechte Germanias für sich und es ist eine interessante akademische Frage, wie viel und ggf. was der Prof selbst dazu beigetragen hat – eine Frage, die hier nicht diskutiert werden soll.
Richtig ist, dass Sieferle weltanschaulich und bei aktuellen Themen immer wieder für die “rechte Seite” argumentiert hat, zuletzt in Sachen “Flüchtlingskrise”/Massenimmigration.
Seine luzide Analyse zum Migrationsproblem beendete er knapp vor seinem Selbstmord im September 2016.
Dort macht er auf überzeugende Weise geltend, dass sich Sozialstaat und offene Grenzen sowie Rechtsstaat und Masseneinwanderung aus tribalen Gesellschaften nicht vertragen.
Sieferle prognostizierte zwar keinen Bürgerkrieg – vielleicht weil er Voraussagen ablehnte -, er kam aber in die Nähe davon. Die nur 130 Seiten lange Schrift ist jedenfalls ein beeindruckendes Zeugnis tiefer Sachkenntnis und effizienten Schreibstils.
Sieferle hatte aber viel mehr zu bieten als diesen letzten Text.
Seit seinem “Unterirdischen Wald” von 1982 hat er sich über 30 Jahre wissenschaftlich mit dem Verhältnis von Mensch und Natur bzw. Ressourcen auseinandergesetzt, speziell mit der Energieaneignung von Akteuren historischer Gesellschaftsformationen.
Was dabei herauskam, hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Marxschen Basis-Überbau-Modell sowie mit den Lehren der Umweltbewegung – ohne allerdings polit-aktivistisch verwertbare Folgerungen zu ermöglichen.
Grob gesprochen existieren in Sieferles Weltgeschichte drei unterschiedliche “sozialmetabolische Epochen”:
- Hunderttausend Jahre Jäger und Sammler, in denen einige wenige Menschen überleben konnten, ohne dass sie die “natürlichen Konverter von Sonnenenergie” manipulieren mussten (mit dem Fleisch/Fett erlegter Tiere und gesammelter pflanzlicher Nahrung)
- Zehntausend Jahre Agrargesellschaften samt dazugehörigen Zivilisationen, in denen in den Energie- bzw. Materialfluss eingegriffen wurde, von Ackerbau über Tierzucht bis hin zu Wasser- und Windmühlen. Diese Gesellschaften kannten Verbesserungen, wenn auch nur in einem gewissen Rahmen.
- Und 200 Jahre industrielle Revolution bzw. Fossilzeitalter, als die Energieausbeute nicht mehr von der Menge des kontrollierten Landes (und der kontrollierten Produzenten) abhängig war. Hier schien nur der Himmel die Grenze. Diese Form der Energieaneignung war und ist bis heute “nicht nachhaltig” (und fällt – zumindest zu 50% – zeitlich mit der politischen Übermacht Europas zusammen).
Wer es ein bisschen genauer möchte, liest sich dazu die 30 Seiten der Expertise “Lehren aus der Vergangenheit” durch, die Rolf am Ende seiner akademischen Laufbahn verfasst hat.
Mit dem Modell haben Sieferle & Co. ein Instrumentarium von enormer Erklärungskraft entwickelt (Foragers, Farmers and Fossil Fuels von Ian Morris ist – unabhängig von S. – ganz ähnlich).
Es ist nicht klar bzw. nur aus Andeutungen zu erraten, zu welchen Folgerungen der Mann für die Gegenwart gekommen ist.
An einer Stelle im “Migrationsproblem”, heißt es, dass die fossilen Treibsttoffe den Energiebedarf der menschlichen Gesellschaften nicht dauerhaft decken könnten, gleich danach aber tröstend, es gebe keinen prinzipiellen Grund, warum ein Industriesystem kein natürliches Gleichgewicht entwickeln könne.
Dann “bricht der Funkverkehr ab”, weil Sieferle in den Tod gegangen ist.
Vielleicht wegen persönlicher oder privater Umstände – vielleicht aber auch, weil der Mann sich endlich eingestanden hat, was das langsame, aber absehbare Auslaufen fossiler Energieträger für einen Planeten mit 8 Milliarden Bewohnern wohl zu bedeuten hat.
Die kleine Welt akademischer Reputierlichkeit ist vor dem Hintergrund solcher Fragen völlig unerheblich.
Aber vielleicht hat es symbolpolitisch ja was zu bedeuten, dass Sieferle mit oben verlinkter Expertise “Materialien” an eine Kommission liefert, die unter dem Vorsitz eines langjährigen wissenschaftlichen Beraters der deutschen Bundeskanzlerin steht.
Die zwei Unbekannten
Falls es an dieser Stelle noch jemanden interessieren sollte:
- Die eine gesuchte Variable ist, wie lange und zu welchen Bedingungen noch fossile Nettoenergie zur Verfügung steht und zweitens,
- ob bzw. wann eine neue Großtechnologie, die den Menschen adäquate Energie-Mengen verheißt, praktisch zur Verfügung steht.
Dies könnte auch für den prophezeiten Rassenkrieg des Guillaume Faye von Bedeutung sein.
Nachbemerkung, 9.12.2019, 11.45 Uhr: Dieser Blogger ist mit einigen Punkten der Darstellung Fayes nicht einverstanden, glaubt aber, dass die von diesem gezeichnete Perspektive nicht unrealistisch ist. In keinem Fall befürwortet er illegale und/oder verwerfliche Handlungen
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