Der vor 50 Jahren weltberühmte deutsche Dramatiker Rolf Hochhuth hat ein Buch publiziert, in dem er Deutschland zum Ausstieg aus der NATO auffordert widrigenfalls dessen Ende in einem auf Ostmitteleuropa konzentrierten Atomkrieg drohe. Die deutschen Schoßhündchen, auch die Edelmöpse unter ihnen, haben den Band ignoriert, weil sie der Meinung sind, dass der heute Hochbetagte nicht mehr wichtig und sie selbst, wie früher, die gatekeeper des relevanten Zeitgeschehens seien. Werch ein Illtum.
Mit ihrer ersten Annahme könnten die Medien eventuell recht haben und das Indiz dafür ist die Nachfrage einer jungen Buchhändlerin bei meiner Bestellung von Ausstieg aus der NATO – oder Finis Germaniae. “Wie war der Name des Autors noch gleich? Hofbauer?”
Dieser wird die Tage, die ihm verbleiben, damit leben müssen. Hochhuth macht eine Erfahrung, die er leicht schon als 30-Jähriger hätte machen können, als “Sigbert Mohn” die Publikation seines Erstlings Stellvertreter ablehnte (“Wollen sie uns ruinieren?”).
Nun, Bertelsmann hat sich damals getäuscht und die Hündchen dieser Familie täuschen sich heute womöglich wieder.
Mohn hat das damals nicht geschadet. Das heißt für heute aber nichts. Es ist kein Persilschein. Ignoranz endet öfter als man denkt tödlich.
Dabei geht es nicht um Nebensächlichkeiten wie um die Frage, wer wann auf eine Rezension vergessen hat.
Es geht um viel Grundsätzlicheres.
Der CSUler Peter Gauweiler schildert in einem in dem Buch abdruckten Brief, worum es eigentlich geht.
Es ist die Erwähnung einer seltsamen, ja unmöglichen Pressekonferenz, die von den deutschen Medien boykottiert wurde, einem gemeinsamen Auftritt von Egon Bahr, Wilfried Scharnagel, einem Wegbereiter des Franz Josef Strauss sowie von Michail Gorbatschow, die alle vor der Entfremdung zwischen Deutschland und Russland warnten:
Nahezu alle Vertreter der deutschen Pressehäuser waren bei diesem Termin in Moskau anwesend bzw. wussten davon: FAZ, SZ, Springer, die Öffentlich-Rechtlichen. Kein einziger Pressevertreter dieser Häuser konnte/durfte in Deutschland darüber etwas veröffentlichen. Es passe nicht zum weltweit angesagten Putin-Bashing (…) Sie haben in ihren Redaktionsklausuren abgewogen, wie eingebildete Verfassungsrichter ein Urteil gefällt, und dann den Daumen gesenkt!”
Nun, was soll man zu all dem sagen: der heimatlose Linke Hochhuth und der Straussianer Gauweiler, beide einst eingeschworene Feinde des realen Sozialismus, stimmen überein, dass ein Keil zwischen Deutschland und Russland getrieben wird und dass die deutsche Presse bei diesem Tun mithilft während sie so tut, als würde es das gar nicht geben.
Furchtbare Journalisten eben.
Rolf Hochhuth, Ausstieg aus der NATO – oder Finis Germaniae. Katastrophen und Oasen. Essays, Briefe, Gedichte, 2016
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