Ö: Weder Grasser noch Benko sind an e. kriminellen “System” schuld

Wer die Berichterstattung zur aktuellen Signa-Pleite, aber auch zum “Grasser-Prozess” verfolgt, muss – wenn nicht auch anderweitig unterrichtet – über die zugrunde liegenden Causen grotesk fehlinformiert sein. Weiß man nur, was Journaille und interessierte Parteien wissen lassen wollen, könnte man meinen, politisch gut vernetzte Schurken hätten einen Milliardenschaden an der Allgemeinheit verursacht, der zu vermeiden gewesen wäre, wenn besagte “Gauner” nicht zu Gang gewesen wären. Das ist ziemlicher Unsinn.

Signa und Benko haben immerhin noch den Vorteil, tatsächlich einigermaßen aktuell zu sein,

der Grasser-Prozess geht aber auf Vorgänge zurück, die etwa 20 Jahre alt sind bzw. kreist um Personen, die seit 15 Jahren nicht mehr in der Politik sind

und die nach Ansicht dieses Bloggers als Vorteilsnehmer, kriminell oder nicht, gesehen werden können, nicht aber als größere “Volksschädlinge” (um einen belasteten Begriff zu verwenden).

Die sg. Buwog-Affäre, die anlässlich des Grasser-Prozesses jetzt wieder hoch schwappt, drehte sich um den Verkauf der Bundeswohngesellschaft (Buwog) und zweier anderer Wohnungsgesellschaften an ein Konsortium um die Immofinanz, von dem auch damals im Amt befindliche Politiker in sechsstelliger oder gar Millionenhöhe profitiert haben könnten.

- dieser Blogger weiß es nicht und es ist ihm heute auch nicht mehr so wichtig.

Man kann heute nach wie vor drüber diskutieren, wie das siegreiche Bieterkonsortium wissen konnte, dass es sein Angebot letztlich um einen Bagatellbetrag nachbessern musste um den Zuschlag zu erhalten oder warum eine Tochter der Immofinanz Jahre später einen (kleineren) Millionenbetrag an eine Privatperson überwiesen hat, der zum Teil beim damaligen Verkäufer, dem ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser gelandet zu sein scheint.

Ähnlich die auch in dieser Zeit angesiedelte Causa um den Linzer Terminal Tower, wo Büroflächen neu geschaffen wurden, die letztlich vom Bund (bzw. einer vom Bund kontrollierten Gesellschaft bzw. Behörde) angemietet wurden

und auch dieser Vorgang hat einen “haut gôut”.

Nur: die Ämter, die dort einzogen, wollten seit langem ihren Standort wechseln und der Verkauf der Buwog erbrachte in etwa den Marktpreis (stellt man die Übernahme der Buwog-Schulden in Rechnung).

Nun kann man kontrovers diskutieren, ob diese Privatisierung politisch ok war, oder was von der bilanziellen “Verwertung” der Buwog in der Immofinanz-Bilanz zu halten ist.

Aber darum geht/ging der Grasser-Prozess ja gar nicht.

Die Berichterstattung über die bzw. die parteipolitische Beschäftigung mit der Signa-Pleite geht auch nicht per se um diese Insolvenz,

sondern um die Hintergrundmacht des Benko, angebliche, wenigstens illegitime Einflussnahme zur Erlangung von Vorteilen oder die Erschleichung womöglich nicht zustehender “Corona-Hilfen”.

Nie werden in heutigen Berichten und Parlaments-Ausschüssen  die skandalösen Vorgänge in den Jahren der Pseudo-Seuche per se thematisiert,

zu einer Zeit, in der Krethi & Plethi anscheinend geglaubt haben, ohne rechtliches Risiko öffentliche Mitttel abgreifen zu können (auch, aber nicht nur Unternehmer wie Benko).

Diesen Unsinn hat auch nicht René Benko erfunden, sondern

unsere Politiker, “Experten”, Verbandsleute und Journos haben den Unsinn ventiliert, alle an den Rand gedrückt, die dagegen opponiert haben und zumindest versucht, diese Opponenten zu kriminalisieren.

Mutatis mutandis gilt das gleiche für das Finanzsystem, in dem jeder Immo-Developer agiert hat und

bei dem alle mitgemacht haben,

vielleicht mit Ausnahme der krassesten unintended consequences bezüglich soziale Ungleicheit.

Wenn man nicht wüsste, dass diese Mischpoke genau weiß, was Scapegoating ist, könnte man meinen, das Bild vom Sündenbock sei ihr unbekannt.

Unabhängiger Journalist

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