Ein Kognitionspsychologe kritisiert die systematische Angstmache als eine zentrale Herrschaftstechnik des “Kapitalismus”, nimmt das eng verwandte Verhalten medial gehypter Klima-Teenies aber kritiklos zur Kenntnis. Der Prof., der sich ansonsten gern über “Worthülsen” und “Diskursvermüllung” alteriert und eine “argumentationsbasierte Kommunikation” einfordert, heißt gleichzeitig emotionelle, hoch selektive und aus dem Zusammenhang gerissene Panik-Narrative von Greta Thunberg & Co. gut.
Die jüngste selbstständige Publikation Rainer Mausfelds nennt sich “Angst und Macht”.
In ihr widmet sich der Autor Gegenwarts-Techniken der Produktion von Angst, zu denen der Aufbau von Feindbildern gehört, der Russen beispielsweise oder der Deutschen in den Vereinigten Staaten des Ersten Weltkriegs
- “Angsterzeugung durch die propagandistische Erzeugung einer vorgeblichen Bedrohung” eben (evolutionsgeschichtlich ist Angst gut begründbar und sinnvoll).
Derlei Panikmache gehöre zum “Handwerkszeug der Macht”. Üblicherweise werde “eine große Gefahr X deklariert, der die Bevölkerung durch einen Kampf gegen xx entschlossen entgegentreten müsse”. (39)
Kurz: Mausi kritisiert – begründet und nachvollziehbar – perfide Mechanismen eines politisch-medialen Systems, das in seiner Jugend “bürgerliche Öffentlichkeit” genannt wurde
und weist u.a. darauf hin, dass Politicos & Journos (speziell) demokratisch-kapitalistischer Staaten Furcht schürten um Zustimmung (“consent”) oder wenigstens eine Art Duldungsstarre zu erzeugen.
Der Autor hat diese These ausgiebig auch in seinem vor zwei Jahren erschienenen Buch Warum schweigen die Lämmer analysiert.
Sozialrevolutionäre Liebedienerei
Nun wäre es verfehlt, die Kritik des Kieler Professors an den Irrationalitäten des Mainstream-Diskurses und der Panikmache zur Systemstabilisierung als prinzipielle Haltung anzusehen.
Das zeigt sich u.a. in dem vor ein paar Wochen erschienenen Buch “Die Öko-Katastrophe. Den Planeten zu retten, heißt die herrschenden Eliten zu stürzen”.
Der Sammelband wurde von einem kleinen “linken” Verlag herausgebracht und enthält ca. 30 Beiträge, einen davon von Mausfeld (“technisch” handelt es sich um ein Interview).
Schwerpunkt und Stoßrichtung sind unzweideutig im Untertitel des Buchs zusammengefasst.
Im Gespräch, das Mausfeld mit dem Buch-Herausgeber führt – “Die Neue Arche” – lobt er ohne erkennbare Einschränkung die schwedische Göre und “verteidigt diese gegen linke Kritik”, die seiner Meinung nach als Ablenkung von politischer Veränderungsenergie dient
(was angesichts anderer Positionen Mausfelds bemerkenswert, jedenfalls aber unerwartet ist; übrigens kann der Beitrag in leicht gekürzter Fassung hier, im Blog von Norbert Häring nachgelesen werden).
In diesem Gespräch macht Mausfeld sich das Klima-Katastrophen-Konzept der Fridays for Future-Bewegung zueigen und erklärt, dass sich diese vor falschen (systemkonformen) Bundesgenossen hüten müsse sowie dass die
Politik ihre Versprechen grundlegender Änderungen allein schon deswegen gar nicht einlösen kann, weil die erforderlichen Änderungen Eigentumsverhältnisse berühren, die mittlerweile durch nationales und internationales Recht nahezu unantastbar sind.”
Wie zuvor “potenziell falschen Verbündeten” von FFF unterstellt, scheint es Rainer Mausfeld hier nicht um “das Klima selbst” zu gehen;
sondern um die politische Verwertung einer medial ausgerufenen Krise, egal welche Kosten und Schäden diese angebliche Kalamität unter hiesigen “Lohnabhängigen” verursacht.
Für seinen übergeordneten Revolutions-Zweck ist der Mann auch bereit, den Mantel des Schweigens über die Angstmache (“I want you to panic”) und die Irrationalitäten der jugendbewegten Klima-Alarmisten zu breiten, zum Beispiel
- die ausdrückliche oder implizite Behauptung, dass bestimmte “im Norden” verbreitete Lebenspraktiken – Autofahren, Flugreisen – am bevorstehenden Klima-Verhängnis schuld seien, obwohl das mit den jährlich veröffentlichten Emissions-Daten nicht ernsthaft begründbar ist.
- Kein Wort ist dem linken Kritiker nun die Rolle der Massenmedien in der Fabrikation der Klimakrise wert, denen im Lämmer-Buch noch “systematische Angsterzeugung” attestiert wurde, sowie dass Letztere “ein wesentliches Element der affektiven Steuerung der Bevölkerung durch die jeweils herrschenden Eliten” sei.
- Die Klimakrise, interpretiert Mausfeld, führe zu einem “Abbau von demokratischer Substanz” und “autoritären Entwicklungen” – wobei er das ausschließlich mit “neoliberalen Spätformen des Kapitalismus” in Zusammenhang bringt. Progressive Rufe nach dem Mundtotmachen sogenannter Klimaleugner, deren Ausblendung aus der klasssischen Berichterstattung sowie deren Deplatforming und tendenzielle Kriminalisierung werden schlicht ignoriert bzw. nicht als Vorstufen autoritärer Verhältnisse wahrgenommen.
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