Rohstoffe: Energiewende-Elfenbeintürmlern wird schwindlig

Die Caltech wurde vor zwei Jahren von der Sorge befallen, ob “mangelnde Belieferung mit oder hohe Preise von kritischen Mineralien  den Übergang zu kohlenstoffarmen Technologien verzögern könnten”, critical_minerals_2023_cover_resizedworüber u.a. liebe Freunde aus Europa nach Pasadena geladen wurden.Die Ergebnisse des summer institutes 2021 sind nun quasi in Rekordzeit erschienen. Die “Experten und -innen” gehen mittlerweile davon aus, dass der zusätzliche Materialbedarf  wg. Entkarbonisierung & Digitalisierung eskalieren wrd (wobei sich die Streiterei zwischen USA und China als guter Vorwand entpuppt, die grad zur rechten Zeit kommt). Das Problem reicht freilich weit über die Volksrepublik China sowie Seltene Erden & Co. hinaus.

Die einleitenden Worte schreibt eine Professorin aus Abu Dhabi, die fordert, dass – aus klimapolitischen Erwägungen – die Versicherheitlichung/”Securitization” den Zugang zu für die energy transition notwendigen Mineralien nicht einschränken und dass der Wettbewerb um Ressourçen (“Hyper-Konkurrenz”) eine koordinierte internationale Antwort auf die “Klimakrise” nicht verunmöglichen dürfe.

Auch die Errichtung von

tech and knowledge barriers that produce new exclusions and inequities engendering securitized solutions to global challenges”

müsse verhindert werden.

Darauf beruhigt ihr Kollege, ein in Reno lehrender ethnischer Chinese, dass sich die feindlichen Mächte ohnedies nicht entkoppeln könnten, da das für alle Beteiligten zu teuer käme (ähnlich wurde am Vorabend des 1. Weltkriegs begründet, warum gar kein Krieg geführt werden könne)

Pus Kollegin aus Maine erklärt dazu prinzipientreu & knapp, dass reiche Länder, die das Material für eigene technologische Vorhaben benötigten, gefälligst selbst supply lines aufbauen sollten

(Tech-Fans, Grüne und grüne Tech-Fans können sich über rare earths in China übrigens bei der Klinger im gleichen Band informieren:

The current status quo is characterized by, on one hand, alarmism over dependence on China as well as the social and environmental devastation generated by the world’s reliance on the country for the majority of rare earth processing and, on the other hand, whole or partial inaction to effectively address these challenges, due in significant part to an unexamined belief that the immense costs of proper social and environmental protection will hobble efforts to diversify  rare earth supply chains from the outset.”)

Jedenfalls gehe es nicht an, sagt Vekasi, dass fortgeschrittene Technologien auf Kosten lokaler Bevölkerungen eingeführt würden, die weder protestieren könnten noch über Rechtsmittel verfügten.

Die beiden letzten Stimmen des zweiten Teils scheinen, weil “unternehmensnäher”, den Puls der westlichen Real- und Finanzwirtschaft besser fühlen zu können.

Die erste dieser Stimmen, ein Konsulent aus Washington, fasst die zugrunde liegende komplexe Problemlage in folgendem farbigen Bild zusammen:

This perceived freight train of demand is about to run headlong into several industry-wide challenges including increasing product purity demands, ESG requirements, and aninflationary supply chain rebuild.”

Sollte  die grüne, gewissermaßen deutsche Industrie- (und Gesellschafts-)Politik fortgesetzt werden, würden jedenfalls

  • enorme Mengen zusätzlicher Mineralien und Metalle – oft “stinknormale Industriemetalle  außerhalb Chinas” – erforderlich, Volumina, die wenigstens in den kommenden 10 Jahren nicht mittels neuer Produktionsmethoden, Recycling oder Kreislaufwirtschaft mobilisierbar seien.
  • Das Kapital für die dafür nötigen “extraktiven Vorhaben” werde freilich nur schwer aufzutreiben sein (“challenge”).
  • Sollte der große Sprung vorwärts trotz alledem zustande kommen, müsse eine höhere CO2-Intensität der Zulieferketten etwa für Elektroautos und Windmühlen “vorübergehend” in Kauf genommen werden  (“It must be acknowledged <…>, that initially more, not less, fossil fuel will be required to build a greener economy and associated supply chains.”)
  • Um all dem entgegenzuwirken, müssten die Bemühungen etwa zur Entwicklung neuer Speichertechnologien verdoppelt werden (z.B. über “öffentlich-private Partnerschaften für Forschung und Entwicklung”)

Ähnlich der auf die EU  gemünzte Befund eines aus Deutschland stammenden Trios sg. Experten, die mehrheitlich in der “Privatwirtschaft” arbeiten, z.B. in Unternehmen, die von der  EU (= Kommission) mitfinanziert  (“co-funded”) werden, und/oder direkt oder indirekt Aufträge von dort bekommen.

Diese “Experten” sind zwar Fachleute genug, um ostentativ ehrlich auf den Tisch zu legen, dass die Green-Deal-und Net Zero-Spinnereien von Union und IEA

  • in mehrfacher Hinsicht teurer kommen als bisher offiziell zugegeben,
  • und dass, zweitens, nicht genug Materialien vorhanden sind, um den hochtrabenden PR-Stunts aus Brüssel (ausreichend) Taten folgen zu lassen (von kaum bemäntelten Verbotspolitiken einmal abgesehen – “ban on ICEs”).

Dennoch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass besagte “Beiträger-Experten”

  • in den vergangenen Jahren entweder unter einem Stein geschlafen haben
  • und/oder dass sie bewusst “Rezepte” propagieren, die kaum etwas bewirken (außer vielleicht “further support” durch die öffentliche Hand)

Für diese Leute ist jedenfalls klar, dass es jetzt Sache der Eurokraten sei, jene Industriemetalle und “fortgeschrittenen Materialien” beizuschaffen, die für die Umsetzung der Energiewende als notwendig erachtet werden, zum Beispiel über – Trommelwirbel – PPP.

r Fachleute dieses Schlags scheint es jedenfalls überraschend gekommen zu sein, dass die seit Jahrzehnten bekannt rohstoffarme Union auch aktuell keine Wege aus ihrer Rohstoffabhängigkeit gefunden hat.

Zur Problemlösung werden allen Ernstes Investitionen in erneuerbare Energien und “grünen Wasserstoff”vorgeschlagen

- als ob irgendwo auf der Welt mit Batterie betriebene LkW im Regeleinsatz wären, die Erz von der Grube bis zur Bahn (oder in die Verarbeitungseinrichtungen) bringen (oder mit “grünem Wasserstoff” betriebene Trucks).

Der nächste Heuler ist die Forderung nach der “Beförderung der Kreislaufwirtschaft”, worunter anscheinend auch Exploration & Abbau kritischer Mineralien verstanden wird – “Investitionen in die gesamte Wertschöpfungskette” halt).

Und schließlich hofft man auch in Wahnvorstellungs-Deutschland, über R&D-Public Private Partnerships die Kastanien aus dem Feuer holen zu können.

Though the risks of this unprecedented industrial and infrastructure shift may, at the moment, seem exceptionally high, the EU has already become one of the most active drivers of the circular economy to power the green transition and the hope is, that staying the course will further benefit the economy, create well-paying jobs, and help the EU achieve its goal of a just climate neutrality by 2050.”

Kommentar überflüssig.

Sophia Kalantzakos (Hg.), Critical Minerals, the Climate Crisis and the Tech Imperium (Archimedes, 65, Band 65). 2023

Unabhängiger Journalist

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