Staat verdient Milliarden an Schulden, Sparer bezahlen es

Der deutsche Staat hat wegen der sinkenden Zinsen Milliarden verdient bzw. sich erspart, wird triumphierend vermeldet. Die Kehrseite der Medaille lassen unsere Medien lieber unter den Tisch fallen: Die Rechnung müssen Sparer, Versicherungsnehmer und Mieter zahlen. Was Staaten und Banken auf der einen Seite nutzt, bedeutet auf der anderen die Enteignung der kleinen Leute. Nur Anleihen-, Aktien- und Immobesitzer dürfen sich freuen.

Hier ist die Bild-Geschichte, laut der das deutsche Staatssäckel in der ersten Jahreshälfte 2016 1,5 Milliarden an den Negativzinsen verdient bzw. die Zinszahlungen um 27,3 Prozent oder 2,7 Mrd. Euro gedrückt hat.

Tolles Geschäft, nicht wahr !?

Das Geschäft wäre noch toller, wenn die Sparer nicht die Rechnung zahlen müssten.

Wie das Ganze vor sich geht, ist eine ziemlich komplizierte Geschichte, die alles mit dem Agieren der formell von unseren Politicos unabhängigen Notenbankern zu tun hat (die üblicherweise dieselben Leute in anderen Lebensphasen sind – siehe OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny).

Man nennt das Vorgehen der Zentralbanken Finanzielle Repression und diese trifft unterschiedliche Schichten unterschiedlich hart.

Die Politicos nehmen die von ihr bewirkte Enteignung nicht nur billigend in Kauf, sie fördern sie auch nach Kräften. Sie ist ein Unterfall dessen, was gemeinhin Umverteilung genannt wird, aber eine, der nicht nach außen zur Schau getragen wird.

Es ist nämlich eine Art Umverteilung von unten nach oben, oder präziser ausgedrückt: eine Umverteilung von Sparern/Überschussproduzenten zu Kreditnehmern.

Das ist zwar nicht das Gleiche, denn auch viele wohlhabendere Leute sind Sparer/Überschussproduzenten.

Diese halten ihr Vermögen jedoch zu einem großen Teil in Anlagen, die von der Zins- und Geldpolitik der Zentralbanken profitieren – zumindest war das bisher so.

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Es gibt mehrere Gründe, warum praktisch alle unsere Politicos die finanzielle Repression befürworten  und mit flankierenden Maßnahmen für sie tätig werden (z.B. Anlagevorschriften, “Bargeldverbot”, etc.) – auch jene, die sich ansonsten als Beschützer des kleinen Mannes aufspielen.

Sie hätten halt nur gerne eine etwas andere Form, eine mit einer höheren Inflation. Das würde die Illusion steigender Einkommen ermöglichen.

Ein zentraler Grund der Finanz-Repression ist die erleichterte Staatsfinanzierung, die sie ermöglicht.

Damit macht sie das Berufsleben der Politicos deutlich einfacher (diese betrachten die Nullzinsen nur als Kompensation dafür, dass sie formell keine Budgetdefizite mehr machen dürfen).

Die Finanzielle Repression ist ungleich bequemer als Steuern zu erhöhen oder Ausgaben zu senken ( = Interessensgruppen staatliche Gelder wegzunehmen).

Die ständig sinkenden Zinsen für Staatsanleihen werden über Bondkäufe der Zentralbank bewerkstelligt (= “Geld drucken”). Das macht in der Eurozone derzeit 80 Milliarden pro Monat aus.

Durch diese Käufe sinken die Zinsen (Renditen) der Anleihen. Die niedrigeren Zinsen machen den meisten “Playern im Finanzsektor” (= Banken) wenig aus, weil auch ihre alten, besser verzinsten Anleihen laufend wertvoller werden.

Die können sie z.B. am Markt bzw. der Zentralbank verkaufen. Oder sie können sie als Sicherheit einreichen und sich dafür “Geld” geben lassen.

Für Kreditinstitute ist besonders praktisch, dass sie diese Bonds nicht mit Eigenkapital “unterlegen” müssen.

Versicherungen profitieren manchmal auch – aber nur sofern sie ihre “alten” Anleihen zu besseren Kursen verkaufen dürfen (ohne nachkaufen zu müssen) – was eher selten der Fall ist.

Üblicherweise leiden die Versicherungen an der gesetzlichen Vorgabe, hohe Staatsanleihenbestände halten zu müssen. Vorgeblich passiert das aus Sicherheitsgründen   :-P .

Den Assekuranzen bleibt nichts anderes übrig als die sinkenden Zinsen zähneknirschend, aber schweigend hinzunehmen.

Ihr Zusammenbruch (= das Bekanntwerden des Betrugs an den Eigentümern von lang laufenden Lebensversicherungs-Polizzen) ist daher nur eine Frage der Zeit. Sie sind ein eingeplanter Kollateralschaden des Finanzsystems.

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Damit sind wir auch schon bei der ersten  Kategorie von Profiteuren des gegenwärtigen Modells der ständig sinkenden Zinsen.

Es sind die Halter von Staatsanleihen, die diese auch verkaufen – wenigstens aber verbuchen dürfen,  also Banken und Fonds/Kapitalgesellschaften, die sich an der von den Zentralbanken veranstalteten risikolosen Bondspekulation beteiligen können/dürfen.

Nur zum Beispiel sind die Bund-Futures in den vergangenen drei Jahren um satte 16,5 Prozent gestiegen (die Treasuries vermutlich noch viel stärker) – nicht schlecht für ein “risikoloses Investment”.

Das ist eine klare Folge der von den Zentralbanken veranstalteten Flutung mit Basisgeld – eine, die nicht einmal geleugnet werden kann.

Eine weitere Konsequenz sind die aufgeblähten Aktienkurse/Indices, die über eine Reihe von Markteingriffen, meist wohl über als Proxys agierende Spezialbanken und diverse plunge protection teams gepusht bzw. oben gehalten werden (freilich besteht hier immer akute Crashgefahr!).

Die dritte Folge der lockeren Geldpolitik sind die Immobilienblasen, die sich mittlerweile fast überall in Europa entwickelt haben und die den Eigentümern der Realitäten nutzen und den Mietern schaden.

All das wissen die helleren Köpfe unter unseren Politicos – und nehmen es in Kauf, weil sie glauben, dass es sowieso nicht verstanden wird. Wenigstens politisch können sie davon profitieren (“netto”).

Das ist auch ein Hauptgrund, warum den besagten Leuten der Prozess gemacht werden sollte.

Unabhängiger Journalist

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