Südtirol: Quod licet Iovi?

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Wiens Außenministerin, angeblich FPÖ

Österreichische Medien beginnen manchmal, sozusagen präventiv, zu kläffen, wenn ihnen ein Thema, das sie nicht durchschauen, suspekt erscheint – wonach sie verwirrt innehalten, wenn sie merken, dass sie die einzigen sind, die Laut gegeben haben. Wie bei der doppelten Staatsbürgerschaft für Südtiroler, einem Vorhaben von Kurz/Strache. Der Grund für Roms Schweigen ist wohl, dass es selbst vorgeäfft hat, was Wien jetzt nachäffen will..

Vorgemacht hat es auch der Orbán, der bei den ethnischen Ungarn in der Ukraine und in der Vojvodina – also außerhalb der  EU – besonderen Erfolg gehabt hat (die Freizügigkeit für Arbeitnehmer in der EU ist schon was)

Aber der Orbán ist bekanntlich ja pfui und zählt nicht.

Zu den Voräffern gehören freilich auch die Italiener selbst, die – wie sich die Bilder doch gleichen – seit dem Ende des 1. Weltkriegs Minderheiten im heutigen Slowenien und Kroatien haben und die diesen in zwei Schritten den Erwerb der italienischen Staatsbürgerschaft ermöglicht haben.

Zuerst, ab 1991, durften alle Staatsbürger werden, die durch die Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg die italienische Staatsbürgerschaft verloren haben (bzw. nicht erlangen konnten?).

Das waren schon damals nur mehr ein paar wenige, ziemlich alte Hansln. 2006 schließlich dehnte Rom das Angebot auch auf deren Nachkommen aus, was sich prinzpiell nicht von dem Angebot unterscheidet, das Wien den Nachfahren der St.Germain-Italiener unterbreiten will.

Wer sich näher darüber informieren will, soll sich den Tagungsband einer 2015 in Bozen abgehaltenen Enquete zum Thema anschauen – Danke, Südtiroler Freiheit !

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Der größte Unterschied zwischen den beiden Fällen ist wohl, dass die italienischen Volksgruppen in Slowenien und Kroatien auch heute nur ein paar Tausend Personen zählen, während es potenziell Hunderttausende Südtiroler gibt, die quasi über Nacht Staatsbürger der Republik Österreich werden könnten.

Das behagt (nicht nur) Rom ganz und gar nicht.

Im Gegensatz zu unseren Medien ist dem italienischen Staat aber sehr wohl bekannt, wie er selbst in einem Parallelfall agiert hat. Darum hielt man in Rom beim aktuellen Besuch der neuen österreichischen Außenministerin die Klappe und ermunterte lieber ein paar ignorante Journos und Politicos sich zu blamieren.

Womit wir, zum Schluss, bei der Frage nach dem cui bono angekommen wären.

Der Schreiber dieser Zeilen, ein Ostösterreicher ohne besondere Tirolität, ist hier etwas ratlos. Beim Zugang der Südtiroler zu Arbeitsmarkt und Institutionen Österreichs gibt es nämlich schon jetzt kaum Diskriminierung, dank Gleichstellungsgesetz 1979 und EU.

Aber wenn es dem Kampf um die Erhaltung der eigenen ethnisch-kulturellen Identität dient, soll es mir recht sein. Um die eigene Identität zu kämpfen ist nicht nur in “Altösterreichisch-Südtirol” legitim.

Was Kurz/Strache konkret wollen, ist für diesen Blogger klarer erkennbar.

Die wollen einmal eine symbolpolitische Duftmarke setzen, die – für sich allein genommen – freilich wenig besagt. So wie die Trumpsche Mauer an der Grenze zu Mexiko für sich allein genommen wenig besagt.

Vor allem aber sind es Zehn-, wenn nicht Hunderttausende neue, potenzielle Schwarz- oder Blau-Wähler, die locken. 

Jede(r) kann schon in Nordtirol sehen, dass die Roten dort keinen politischen Fuß auf den Boden bekommen und die Grünen auch nur in größeren Städten. Der Rest ist bürgerlich, gegebenenfalls als bürgerliche Wählerliste.

Das gilt auch für die deutsche/ladinische Sprachgruppe im “Alto Adige”.

Sind Südtiroler in Österreich einmal wahlberechtigt, stellen sie einen Wähler-Jackpot dar, den es zu knacken gilt.

Einen Jackpot, der wesentlich wahrscheinlicher von der Rechten nutzbar gemacht werden kann als von der Linken.

Die Frage ist nur, wie viele von den 74 Prozent deutschsprachigen/ladinischen Südtirolern die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen würden.

Hier kann man sich nämlich sauber blamieren, vor allem wenn es nicht um die Frage “EU-Zugehörigkeit  oder nicht” geht. Oder wenn die Filiale vor Ort nicht mitspielt.

Bild: (Österreichisches) Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres via Wikimedia Commons

Unabhängiger Journalist

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